Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Transformationsprozess

Prozess der ordnungspolitischen Neugestaltung einer Volkswirtschaft, z.B. beim Übergang von Planwirtschaft zu Marktwirtschaft in der GUS oder den neuen Bundesländern. Die Teilbereiche dieser aktuellen Umstrukturierung lassen sich mit folgenden Gruppierungen ausdrücken:

Einen aktuellen Stand der Umstrukturierung in diesen Teilbereichen bieten Frohberg/Glauch (1998). Begleiterscheinungen des Transformationsprozesses sind in unterschiedlichem Ausmaß:

Eingebunden in die allgemeine Transformation ist auch ein tiefgreifender Wandel der Agrarstruktur und des Verarbeitungssektors. In Deutschland standen sich zu Beginn dieses Wandels zwei konträre Strukturen gegenüber:

Gegenüberstellung der Agrarstrukturen der DDR und der BRD 1988
Gegenüberstellung der Agrarstrukturen der DDR und der BRD 1988

Quelle: Schulenburg 1994

Swain unterscheidet für die ehemaligen europäischen sozialistischen Länder (ohne UdSSR) vier verschiedene Muster der Kollektivierung:

Die beschriebenen Muster der Kollektivierung, Verschiedenheiten von Kulturen und historischen Erfahrungen und somit unterschiedliche Ausgangsbedingungen für die Transformation besitzen einen Einfluß auf die Privatisierung und Umstrukturierung sowie die sich in diesem Zusammenhang ergebenden Unternehmens- und Betriebsstrukturen in den einzelnen MOEL.
Die Auflösung der Großbetriebe fand vor allem in den Ländern statt, wo

Eine Umwandlung in marktwirtschaftlich orientierte Großbetriebe erfolgte vor allem dort, wo

Die Bewirtschaftung der landwirtschaftlich genutzten Fläche von Transformationsländern nach der Rechtsform der Betriebe
Die Bewirtschaftung der landwirtschaftlich genutzten Fläche von Transformationsländern nach der Rechtsform der Betriebe

1 Die Abgrenzung zu den Nebenwirtschaften wird in den Ländern unterschiedlich gehandhabt. In den aus der UdSSR hervorgegangenen Ländern handelt es sich bei den Nebenwirtschaften um die ehemaligen Hauswirtschaften,
2 Landwirtschaftliche Partnerschaften und Gärtnerische Assoziationen
3 Einschließlich Aktiengesellschaften mit staatlichem Kapital
4
Freiwillige Familienvereinigungen und einfache Familienvereine
5 Juristische Personen
6 Differenz zu 100 nicht ausgewiesen

Quelle: Tillack u. Schulze 1998

Der Zusammenbruch des alten Systems führte in den einzelnen Ländern zu einem Streit zwischen den unterschiedlichen politischen und wirtschaftlichen Strömungen. Diese reichten von einer angestrebten Erneuerung des bisherigen Gesellschaftsmodells über die Einführung einer sozialistischen Marktwirtschaft bis hin zur Übernahme des westlichen marktwirtschaftlichen Systems. Der bisherige Verlauf der Umstrukturierung verdeutlicht einen hohen Grad der Akzeptanz des westlichen Systems der Wirtschaftsordnung.

Nach der ersten Phase einer rasanten wirtschaftlichen Talfahrt befinden sich alle aus der Planwirtschaft entlassenen Transformationsländer in einer Konsolidierungsphase, die durch Stabilität, in einigen Ländern bereits durch Aufschwung, allerdings noch auf niedrigem Niveau, gekennzeichnet ist. Die Revitalisierung der Landwirtschaft bleibt aber hinter der gesamtwirtschaftlichen Stabilisierung zurück.

Die Bedeutung des Agrarsektors für das Wirtschaftsgeschehen liegt in den Transformationsländern im Vergleich zu den meisten westlichen Ländern noch sehr hoch. Das ist sowohl an dem Anteil, den er zusammen mit Forstwirtschaft und Fischerei am BIP als auch an der Beschäftigung aufweist, ersichtlich.

Anteil der in der Landwirtschaft Beschäftigten1 an den Erwerbstätigen insgesamt in Transformationsländern
Anteil der in der Landwirtschaft Beschäftigten an den Erwerbstätigen insgesamt in Transformationsländern

1 Die Daten sind nicht immer voll kompatibel, da teilweise auch Beschäftigte in der Jagd-, Forst- und/oder Fischwirtschaft enthalten sind; zeitlich beziehen sich einige Werte auf Jahresdurchschnitte, andere auf Jahresenddaten
2 Vorläufig

Quelle: Frohberg u. Glauch 1998

In den Transformationsländern Mittel- und Osteuropas läuft der Prozeß der Umstrukturierung i.a. ähnlich wie in den neuen Bundesländern ab (Strukturwandel in der deutschen Landwirtschaft), allerdings über einen mehr als doppelt so langen Zeitraum. Während die Rezessionsphase in den nBl nach etwa drei Jahren abgeschlossen war, dauerte sie in den mitteleuropäischen Ländern vier bis fünf und in der GUS sogar acht und mehr Jahre. Strukturdaten belegen die noch bestehen Produktivitätsunterschiede der Transformationsländer zur Europäischen Union. Die EU erzeugt auf knapp 140 Mio. ha LF Nahrungsmittel für ca. 370 Mio. Menschen mit deutlich höherem Pro-Kopf-Verbrauch und beträchtlichen Überschüssen bei einigen Produkten. Die zehn mit der EU assoziierten MEL produzieren auf rund 60 Mio. ha LF Nahrungsmittel für gut 100 Mio. Menschen, und die Russische Föderation erzeugt auf etwa 210 Mio ha LF Nahrungsmittel für eine Bevölkerung von rd. 150 Mio., wobei die Inlandsnachfrage bei niedrigerem Pro-Kopf-Verbrauch im Durchschnitt nur zu weniger als 80 % gedeckt werden kann.

Die unterschiedlichen Fortschritte im Transformationsprozess erklären sich nicht zuletzt daraus, daß die MOEL nur einen Bruchteil der Agrarfördermittel erhalten haben, die seit der Wende bis 1997 in die NB flossen (ca. 30 Mrd. DM) und häufig unter dramatischem Kapitalmangel leiden.

Daneben sind beispielsweise für die russische Landwirtschaft als weitere Gründe für die Schwierigkeiten beim Transformationsprozeß zu nennen:

Die Handelsbilanz von Agrarprodukten ist sowohl bei unverarbeiteten Produkten wie auch bei Produkten mit niedriger Verarbeitungstiefe in den meisten Transformationsländern stark negativ, mit z.T. sich verschlechternder Tendenz.

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