Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

J

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Jagd

Jagd ist das Aufspüren, Verfolgen, Fangen oder Erlegen von Wild durch Jäger. In der deutschen Jägersprache traditionell auch Weidwerk oder seltener Waidwerk genannt, ist die Jagd das Handwerk des Jägers. Unerlaubte Jagd bezeichnet man als Wilderei. Die Jagd zählt, zusammen mit der ebenfalls auf Gewinnung von Naturprodukten gerichteten Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei, zur Urproduktion.

Moderne Vorschriften unterscheiden die legale Jagd von der illegalen Wilderei, bei der es sich um das unerlaubte und unregulierte Töten, Fallenstellen oder Fangen von Tieren handelt.

Das Wild ist ein wesentlicher Faktor bei der Landbewirtschaftung. Durch überhöhte Schalenwildbestände können land- und forstwirtschaftlich relevante Schäden entstehen. Die Jagd muss mit den Erfordernissen der Landnutzer in Einklang stehen.

Dies erfordert vor allem eine enge Zusammenarbeit der Landbewirtschafter und Jäger mit dem Ziel, die Jagd so zu regeln, dass bei gesunden Wildbeständen die berechtigten Ansprüche der Land- und Forstwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben. Das ist auch so im Bundesjagdgesetz geregelt.

Ziele und Motive

Die Jagd wurde historisch und wird gegenwärtig aus verschiedenen und jeweils unterschiedlich gewichteten Gründen betrieben:

Geschichte

Die Jagd gehört zu den ursprünglichsten Tätigkeiten in der Menschheitsgeschichte und ist älter als der anatomisch moderne Mensch (Homo sapiens) selbst.

Die ältesten unumstrittenen archäologischen Belege für Jagd stammen aus dem Altpleistozän und fallen zeitlich mit der Entstehung und Ausbreitung des Homo erectus vor rund 1,7 Millionen Jahren zusammen. Von da an bis in die Zeit um 10.000 v. Chr. – und in Teilen darüber hinaus – lebte nahezu die gesamte Menschheit als Jäger und Sammler.

Die Jagd ermöglichte durch die mit ihr verbundene Notwendigkeit zur Spezialisierung, Arbeitsteilung und Vorausplanung der Jäger, etwa bei der Produktion von Werkzeugen und Jagdwaffen, bedeutende Schritte in der Evolution des Menschen. Die gemeinsam durchgeführte Jagd förderte die sozialen und kommunikativen Fähigkeiten und bildete eine der Grundlagen der menschlichen Kultur.

Die Jagd diente zur Nahrungsversorgung und lieferte neben Fleisch tierische Nebenprodukte wie Knochen für Werkzeuge oder auch für Flöten und Kunstwerke, Felle als Bekleidung, für Schuhe, für Decken, für Behausungen (Zelte) und Tragetaschen sowie Sehnen zum Nähen und für Bögen. Im Jungpaläolithikum und Magdalenien finden sich erste Höhlenmalereien und figürliche Kunstwerke der eiszeitlichen Jäger. Ursprünglich wurden die Jagdtiere zum Beispiel in eine Enge getrieben. Die ältesten Jagdformen sind die Hetz- bzw. Ausdauerjagd, die Lauer- und die Fallenjagd.

Mit der sich im Zuge der neolithischen Revolution verbreitenden Sesshaftwerdung des Menschen und dem Beginn von Ackerbau und Viehzucht bekam die Jagd als Ernährungsquelle in weiten Teilen der Bevölkerung nachrangige Bedeutung. Zugleich ergaben sich durch die veränderten Lebensumstände im Schutz des kultivierten Landes vor Wildschäden und der Bekämpfung von Raubtieren zum Schutz von Nutzvieh auch neue Verwendungszwecke für die Jagd.

Jäger und Sammler

Siehe Wildbeuter

Jauche

Mit Jauche bezeichnet man das Zersetzungsprodukt des tierischen Harns und der Stallmist-Sickerbrühe (somit eine kotarme Gülle) nach dem Gärungsprozess in der Jauche-Grube. Jauche wird wie Gülle und Stallmist als Wirtschaftsdünger zur Düngung im landwirtschaftlichen Betrieb eingesetzt. Auch wird Jauche zur Herstellung von Biogas verwendet.

Jauche enthält ca. 0,4 % Stickstoff, 0,8 % Kalium, 0,01 % Phosphorsäure. Die organischen Stickstoffverbindungen, vor allem der Harnstoff, werden durch Mikroorganismen rasch in Ammoniumcarbonat und leicht flüchtiges Ammoniak umgewandelt.

Im deutschen Sprachraum gibt es unterschiedliche Synonyme, so Odl/Odel (bairisch, österreichisch), Sudel (südmeißnisch), Puddel (südwestdeutsch), Gülle (alemannisch), Bschütti (berndeutsch). Auch gibt es in der deutschen Sprache landschaftliche Unterschiede für den Gebrauch des Wortes Jauche. Vor allem die Abgrenzung zur Gülle ist im Norden deutlicher als im Süden.

Im Gegensatz zur Jauche bezeichnet die Gülle ein Gemisch tierischer Exkremente (Kot und Harn) sowie Wasser und mitunter auch Einstreu wie Stroh.

Gülle und Jauche unterscheiden sich deutlich in ihrem Nährstoffgehalt. Die Jauche ist wesentlich reicher an Kalium und Stickstoff, welcher schneller für Pflanzen verfügbar ist. Gülle hat einen höheren Trockensubstanzanteil, da auch Kot enthalten ist und oft auch Stroh oder ähnliche Materialien beigefügt sind. Der Stickstoff ist hier organisch gebunden und steht den Pflanzen damit nicht unmittelbar zur Verfügung.

In der heutigen Landwirtschaft überwiegt die Gülle als wirtschaftseigener Dünger, da bei ihr die Nährstoffe durch Gärprozesse zum Teil mineralisiert werden, das heißt, sie sind in anorganische Formen überführt (Ammonium, Nitrat, Phosphat) und sind damit sofort für die Pflanzen verfügbar. Zudem ist ihre technische Handhabung einfacher.

Jauche darf nicht - auch nicht indirekt - über Kanalisationen und Kläranlagen in Gewässer eingeleitet werden. Die Ausbringung von Jauche auf landwirtschaftlich genutzte Flächen ist durch Rechtsverordnungen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes geregelt.

Pflanzenjauche

Ebenfalls als Jauche bezeichnet wird eine Bereitung aus Wasser und Pflanzenteilen, die zu unterschiedlichen Zwecken im Gartenbau und der Landwirtschaft verwendet wird. Sie wird wie ein Kaltwasserauszug mit kaltem Wasser angesetzt, wird aber bis zu 14 Tagen vergoren, um einen möglichst großen Teil der in der verwendeten Pflanze enthaltenen Nähr- und Wirkstoffe zu extrahieren.

Häufig in Jauchen verwendete Pflanzen sind Brennnesseln (vor allem düngend durch hohen Gehalt an Stickstoff) oder Acker-Schachtelhalm (durch Kieselsäure pflanzenstärkend). Brennnesseljauche wird auch als natürliches Spritzmittel gegen Pflanzenparasiten verwendet.

Weitere Informationen:

Jausenstation

Begriff aus dem österreichisch-südtiroler Alpenraum für eine einfache Einkehrmöglichkeit auf Bergbauernhöfen oder Almen. In Österreich bietet sie eine bedeutende Möglichkeit zur Direktvermarktung hofeigener Erzeugnisse.

Jo-Ri-System

Schachbrettartige Flurform, die im Zuge einer Bodenreform zur gleichmäßigen Verteilung des Reislandes unter den Bauern vom japanischen Kaiser im 7. Jh. eingeführt wurde. Auch in der Dorfgestaltung hat sich eine Regelmäßigkeit z.T. bis heute erhalten. Ein quadratisches Ri hat 36 cho, vergleichbar der amerikanischen Township.

Jungsiedelraum

Als Jungsiedelräume bezeichnet man Gebiete in Mitteleuropa, die nach 1.000 n. Chr. erschlossen wurden. Dazu gehören Mittelgebirgsräume mit Kleindörfern, Weilern und Einzelhöfen, umgeben von unregelmäßigen Kleinblockfluren. Zu den planmäßigen Ansiedlungen gehören Waldhufensiedlungen in den Mittelgebirgen und auch Anger-, Straßendörfer und Rundlinge in Ostdeutschland im Gefolge der hochmittelalterlichen Ostkolonisation. Die in Mitteleuropa üblichen Haus- und Hofformen (Nieder-, Oberdeutsches Einhaus, Mitteldeutsches Gehöft) wurden von den Altsiedelräumen in die Jungsiedelräume übertragen.

Jute

Jute, auch Kalkuttahanf genannt, ist eine einjährige Pflanze (Kraut, Strauch). Sie gehört zur Gattung Corchorus, von der vor allem die zwei Arten Corchorus capsularis und Corchorus olitorius zur Fasergewinnung genutzt werden. Ursprünglich stammt die Jute aus den Ländern des Mittelmeerraumes und kam von dort nach Asien und wird heute besonders in Indien und Bangladesch angebaut.

Merkmale

Die Stängellänge der Jutepflanze – und damit die Faserlänge – liegt bei 1,50 bis über 3 m. Die Pflanzen tragen wechselständig lanzettliche kurzgestielte Blätter, deren unterste Zähne lang ausgezogen sind. An den Knoten der Stengel treten einzeln oder paarweise unscheinbare gelblich-weiße Blüten auf, die zu rundlichen oder länglichen Kapseln heranwachsen. Die Früchte sind giftig.

Vor den Leitbündeln finden sich die Faserzellen von nur 2 mm Länge, die jedoch im Verband spinnbare Faserbündel von 1-3 m Länge bilden.

Als Naturfasern sind Jutefasern vollständig biologisch abbaubar. Die Jutefaser besitzt einen goldenen und seidigen Glanz, daher wird sie auch „die goldene Faser“ genannt. Sie ist durch ein hohes Wasseraufnahmevermögen, eine geringe Reißfestigkeit und eine gute Verrottbarkeit gekennzeichnet. Jutefasern haben eine hohe Dehnfestigkeit bei niedriger Dehnbarkeit, was die Qualität als industrielles Garn und Gewebe bedingt. Sie lassen sich gut färben, sind jedoch sehr fäulnisanfällig und riechen streng.

Ansprüche

Jute benötigt ein immerfeuchtes, tropisches Klima (optimale Temperatur 27 bis 31 °C, Niederschlag > 1.500 mm/Jahr). Sie verlangt einen tiefgründigen Boden.

Anbau

Jute wird insbesondere in den Schwemmlandböden des Gangesdeltas in den wechselfeuchten Tropen angebaut. Nach der Aussaat in die vorbereiteten Böden werden die Pflanzen bei einer Größe von 15 bis 20 cm verzogen und nach etwa vier Monaten geerntet. Jute wird, wo es jährliche Überschwemmungen gibt, ohne Dünger und Pflanzenschutzmittel angebaut. Der Pilz Macrophomina phaseolina ist jedoch für moderne Monokulturen ein Schädling, der ca. 30 % der Ernte vernichten kann.

Wirtschaftliche Bedeutung

Die Weltproduktion von Jutefasern lag im Jahr 2007/08 bei etwa 2,7 Mio. t. Größter Produzent war Indien (etwa 1,6 Mio. t), gefolgt von Bangladesch (0,9 Mio. t) und anderen südasiatischen Ländern (Myanmar mit etwa 0,04 Mio. t und Nepal mit etwa 0,02 Mio. t). Die Weltproduktion schwankt etwa zwischen 2,3 und 2,8 Mio. t auf einer Anbaufläche von über 1,3 Mio. ha. Jute ist mengenmäßig nach der Baumwolle die wichtigste Naturfaser. Weltweit leben 10 bis 12 Mio. Kleinbauern und viele 100.000 Menschen von ihrer Weiterverarbeitung. Durch die Zunahme der Schüttgüter und die Verdrängung mit synthetischen Fasern seit den 1970er-Jahren brachen der internationale Handel sowie die realen Preise stark ein. Nur noch ein Drittel der Fasern gehen in den Export. Der Rest wird in den Hauptanbauländern Indien und Bangladesch verbraucht. Hauptimportland ist inzwischen Pakistan. Die Verwendung von Jute als Verpackungsmaterial für den Großhandel ist in Indien gesetzlich vorgeschrieben. Da die Jute mengenmäßig alle technisch genutzten Naturfasern dominiert, beeinflusst sie maßgeblich die Preise der anderen Naturfasern.

C. olitorius wird im Handel und der Industrie auch als Tossa Jute, C. capsularis als Weiße Jute bezeichnet. Eine Reihe von Pflanzen, die nicht zur gleichen Gattung gehören, liefern Fasern, die denen der Jute sehr ähnlich sind, z. B. Kenaf und Roselle. Da die Fasern im Handel letztlich kaum noch zu unterscheiden sind, werden sie oft zu der Kategorie „Jute und ähnliche Fasern“ zusammengefasst.

Verwendung

In den letzten Jahren wurde eine Fülle neuer Produkte mit hoher Wertschöpfung für Jutefasern entwickelt: Heimtextilien, Verbundwerkstoffe, Geotextilien, Papier, Technische Textilien, Dämmstoffe, Chemieprodukte und Modeartikel. Jutefasern werden unter anderem für Verpackungsmaterialien (beispielsweise Säcke), Spezialpapiere, grobe Garne und Teppiche verwendet.

Jute gehört zu den nachwachsenden Rohstoffen und ist ein wichtiger Konkurrent zu den heimischen Naturfasern Flachs und Hanf beispielsweise in Faserverbundwerkstoffen. Als Hochleistungsdämmstoff ist Jute seit jüngerer Zeit ebenfalls in Verwendung. Jute-Blätter (Corchorus olitorius) werden auch als Gemüse gegessen (arabisch: Malachija oder Nalta). Teilweise werden sie auch getrocknet und zu einer Suppe verarbeitet. Die getrockneten Blätter der Jutepflanze können überbrüht und als Jute-Tee getrunken werden. In Indien wird Corchorus olitorius auch als Faserpflanze angebaut, die Qualität steht der von Corchorus capsularis aber deutlich nach. Als Koppelprodukt von Jute fällt bei der Gewinnung der Faser aus dem Stroh der hölzerne Kern in Form kleiner Bruchstücke (Schäben) an. Hochwertige Anwendungen existieren dafür jedoch nicht. Die Jutetasche wurde 1978 von GEPA eingeführt und mehr als 5 Millionen Mal verkauft. Sie wird inzwischen durch Baumwolltaschen, die teilweise aus ökologischem Anbau und fairem Handel stammen, ersetzt. Eine konventionelle Baumwolltasche muss jedoch auf Grund der Umweltbelastung bei der Herstellung nach Beurteilung des Naturschutzbund Deutschland (Nabu) mindestens 100-mal so oft wie eine erdölbasierte Kunststofftüte genutzt werden, um in der Klimabilanz mit der Kunststofftüte gleichzuziehen.

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