Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

W

Alle lexikalischen Einträge zu diesem Buchstaben

Waal

Bewässerungskanal oder -graben, mit dem Wasser, meist aus einem Bach, selten aus einem See, zu oft weit entfernt gelegenen landwirtschaftlichen Kulturen geleitet wird. Die Bezeichnung ist vornehmlich in Südtirol und Tirol in Gebrauch. Besonders im Südtiroler Vinschgau sind die Niederschlagsmengen wegen der geographischen Lage so gering, dass die Landwirtschaft vor allem am Sonnenberg auf künstliche Bewässerung angewiesen ist. Aus diesem Grund entstand dort eines der ausgedehntesten Bewässerungssysteme in den Alpen, sein Hauptwaalnetz war früher fast 600 km lang.

Die Anlage von Bewässerungskanälen dieser Form ist weltweit und seit dem Beginn der Landwirtschaft verbreitet und findet sich in diesem Sinne für funktional ähnliche Anlagen in lokaler Ausprägung, etwa als Suone, Bissen oder Fuhren im Schweizer Kanton Wallis, Fluder im Österreichischen, Wuhr im Südschwarzwald, Fléizen in den luxemburgischen Ardennen, Levada auf Madeira oder Faladsch in Oman.

Hauptfunktion der Waale ist die Bewässerung. Der Waal 'trägt' das Wasser in die zu bewässernden Wiesen und Felder, daher der manchmal verwendete Name Tragwaal. Waale wurden auch zum Betreiben von Mühlen und Sägen verwendet, da sich steilere Geländeführungen für solche Zwecke geradezu anboten. Sie liefern das Wasser für die Tränken der Tiere und in früheren Zeiten sogar das Trink- und häusliche Gebrauchswasser für ganze Ortschaften.

Die einfachste Form eine Waalkonstruktion ist ein in das Gelände gegrabener Kanal. In steileren Hanglagen oder in erosionsgefährdetem Gelände werden der Boden und die Wände des Waales durch Verbauungen befestigt. Im felsigen Gelände können das in den Fels gehauene Kanäle oder Tunnels sein. Kürzere felsige Hindernisse und quer verlaufende kleine Gräben werden meist mit Hilfe von Holzrinnen überwunden. Auf steinschlag-, muren- oder lawinengefährdeten Strecken werden die Waale in unterirdischen Abschnitten geführt, die mit Steinplatten und Erdreich abgedeckt sind.

Das Wasser wird beim Wassern mit Hilfe von Schwellbrettern aus dem Tragwaal teils in kleinere Nebenkanäle umgeleitet, die ihrerseits schmale Wiesenkanäle (Ilzen) speisen. Die Bewässerung leicht abschüssiger Wiesen und Felder erfolgt in einer Art Rieselverfahren. Der jahrhundertelang mitgeführte Schwemmsand lagert sich neben den Ilzen ab und bildet in den Wiesen häufig niedere, lang gezogene Geländerücken.

Die Ursprünge dieser Bewässerungstechnik liegen mit Sicherheit sehr weit zurück. Die ältesten Dokumente stammen aus dem 12. Jahrhundert und bestätigen zum Teil nur ältere Rechte. Die Anlagen entstanden als Gemeinschaftswerk und hatten als Rechtsgrundlage meist sehr komplizierte und ausgeklügelte Vertragswerke.

Die Bewirtschaftung und Wartung der Waale ist sehr arbeitsintensiv. Das Gleiche gilt für die traditionelle Art der Bewässerung. Die Waale sind sehr störungsanfällig, können bei Gewittern überlaufen und Erosionen im Gelände verursachen. Mit Beginn in der Zwischenkriegszeit und nach dem Zweiten Weltkrieg wurde massiv in moderne Bewässerungsmethoden investiert. Viele Waale wurden aufgelassen und durch Rohrsysteme ersetzt. Die Betten mancher Waale dienen heute nur noch als Unterlage für Rohrleitungen. Trotzdem gibt es noch Waale, die in Betrieb sind und instand gehalten werden.

Auf dem Kamm des talwärts gerichteten Waaldammes wurde in der Regel ein Waalsteig angelegt, der früher nur für das Wartungspersonal gedacht war. Mit zunehmendem Tourismus gehören inzwischen viele dieser restaurierten und sorgfältig mit Geländern versehenen Waalwege zur touristisch propagierten und angepriesenen Südtiroler bzw. Vinschger Kulturlandschaft.

Weitere Informationen:

Wachholderheide

Heidegesellschaft mit inselartigen Wacholderpflanzen. Wacholder ist ein typisches Gehölz auf extensiv genutzten Schaf- oder Ziegenweiden und kommt deshalb in unterschiedlichsten Gebieten vor (Sand- und Bergheiden, Trocken- und Halbtrockenrasen).

Wachsen oder Weichen

Populäre Formulierung für den ökonomischen Zwang auf die einzelnen landwirtschaftlichen Betriebe, sich der Produktivitätsentwicklung im Agrarsektor anzupassen oder aus der Produktion auszuscheiden. Als Folgen des Prinzips 'Wachsen oder Weichen' sind ein drastischer Verlust von Arbeitsplätzen sowie eine hohe Überproduktion zu sehen, oft verbunden mit erheblichen negativen Umweltwirkungen.

Der Zwang zum Größenwachstum der Betriebe ergibt sich vor allem aus der Verschlechterung der Relation von Kosten und Erlösen.

Die EU-Statistik teilt die Agrarbetriebe in Größenkategorien (Eurostat) ein, die sich nach Flächen bzw. nach dem Standardoutput richten.

Flächenbezogene Klassen:

Standardoutput-bezogene Klassen:

Die Durchschnittsgröße landwirtschaftlicher Betriebe in der EU-28 nahm von 14,4  Hektar pro Betrieb im Jahr 2010 auf 16,1 Hektar 2013 zu, als Folge eines Rückgangs der Zahl der Betriebe um 11,5  % und eines Rückgangs von 0,7  % der landwirtschaftlich genutzten Fläche.

Noch sind sehr kleine und kleine Familienbetriebe nach Anzahl der Höfe und Arbeitskräfte in der Mehrheit. Aber ihre Zahl ist stark rückläufig. Große sowie sehr große Betriebe gewinnen an wirtschaftlicher Bedeutung. Unternehmen mit über 100 ha Fläche machen nur drei Prozent aller EU-Agrarbetriebe aus. Ihre Zahl aber ist in zehn Jahren um 16 Prozent gestiegen, und sie nutzen nun 52 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche. Wo sich Großbetriebe ausbreiten, geht dies Hand in Hand mit dem Verlust von Arbeitsplätzen, mit weniger vielfältigen Anbausystemen und -produkten, mit intensiver Landwirtschaft und entsprechender Belastung der Umwelt.

Auf der anderen Seite machen kleine Höfe mit weniger als zehn Hektar und einer zumeist vielfältigen Produktion rund 80 Prozent aller Agrarbetriebe in der EU aus. Doch sie nehmen nur zehn Prozent des verfügbaren Landes in Anspruch.

Ihre Zahl sinkt rasant: 96 Prozent der Betriebe, die zwischen 2003 und 2013 verschwunden sind, verfügten über weniger als zehn Hektar. Die Kleinbetriebe leiden meist an denselben Problemen: Die niedrigen Lebensmittelpreise decken kaum die Produktionskosten. Die Gewinne machen nicht die Produzentinnen und Produzenten, sondern vor allem die Verarbeitungs- und Handelsunternehmen.

Diese Trends gehen auch auf die Liberalisierung der Agrarmärkte und die EU-Agrarpolitik mit ihren Subventionen und Marktregeln zurück. Produkt- und branchenspezifische Zahlungen haben in der Vergangenheit die Spezialisierung der Betriebe gefördert. Seit 2003 erhalten sie von der EU Direktzahlungen pro Hektar, das heißt, Landwirtinnen und Landwirte bekommen umso mehr Geld, desto mehr Land sie besitzen. Wenn diese Beihilfen einen wesentlichen Teil des Einkommens ausmachen, schafft dies einen Anreiz, mehr Land zu erwerben. Etablierte Großbetriebe, die bereits viel Land bewirtschaften, verfügen entsprechend über mehr Kapital und haben damit die Möglichkeit, Kredite aufzunehmen und weiter Land hinzuzukaufen. Neueinsteiger und Neueinsteigerinnen, die erst noch auf der Suche danach sind, haben solche Vorteile nicht.

So hat sich das Gesicht der EU-Landwirtschaft und der ländlichen Räume seit dem Beginn der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) stark verändert, veranschaulicht in der folgenden Grafik. Heute ernähren weniger und größere Betriebe die Menschen in der EU. Von 2003 bis 2013 ging ein Viertel aller landwirtschaftlichen Betriebe in der Union ein. Diese Entwicklung betraf alle EU-Länder. Die Agrarpolitik unterstützt die Kleinbetriebe zu wenig gegenüber den Großen. Zugleich ist die Hofnachfolge oft schwierig zu sichern.

Anteile der wichtigsten Agrarexporteure am Weltagrarhandel 2018
Zunahme von Großbetrieben in der EU

Quelle: Agraratlas 2019, CC BY 4.0

(s. a. Agrarstruktur, Strukturwandel)

Wachstumsfaktoren

Faktoren biologischer, chemischer und physikalischer Natur, die das pflanzliche Wachstum beeinflussen. Dazu zählen Licht, Temperatur, Wasser, Nährstoffe und die für die Atmung und Assimilation notwendigen Gase Sauerstoff und Kohlendioxid.

Wachstumsregler

Auch Wachstumsregulatoren; Stoffe, die Lebensvorgänge bzw. die Morphologie von Pflanzen beeinflussen, ohne ihrer Ernährung zu dienen. Sie tragen z.B. zur Standfestigkeit der Getreidehalme bei und verhüten damit das "Lagern" (Umkippen) der Getreidehalme, das häufig kurz vor der Ernte bei schweren Ähren und zusätzlicher Belastung durch Nässe und Wind stattfindet. Andere Wachstumsregler können den Zeitpunkt der Fruchtablösung von der Pflanze synchronisieren, ein z.B. bei der Olivenernte wichtiger Gesichtspunkt. Die Baumwollernte wird erleichtert, wenn das Absterben der Blätter gleichzeitig erfolgt, so daß die Erntemaschinen nur noch die reifen Kapseln zu pflücken brauchen.

(s. a. Pflanzenschutzmittel)

Wachstumsschwelle

Bezeichnung für die durchschnittliche Flächenausstattung der Agrarbetriebe eines Staates, unterhalb derer die Zahl der Betriebe ab- und oberhalb derer die Zahl der Betriebe zunimmt. Im Gebiet der früheren Bundesrepublik hat sich die Wachstumsschwelle in der Vergangenheit generell nach oben verschoben. Sie betrug 1970 20 ha LF und 1996 50 ha LF.

2019 lag die Wachstumsschwelle in Gesamtdeutschland bei 100 ha. 2019 verfügten 38.100  Betriebe über mehr als 100 ha; eine Zunahme seit 2007 um 6.300 Betriebe. Diese Betriebe bewirtschaften gut 61 Prozent der LF in Deutschland.

Im Niveau der Wachstumsschwelle gibt es allerdings regional große Unterschiede.

Wald

Definitionen des Begriffes 'Wald' sind notwendigerweise vage und sind abhängig vom Bedeutungszusammenhang (alltagssprachlich, geographisch, biologisch, juristisch, ökonomisch, kulturell usw.). Präzise Definitionen decken jeweils nur einen Teil des Bedeutungszusammenhangs ab.

1. Aus biologischer Sicht ist 'Wald' jede Pflanzengesellschaft, in der "Bäume", d.h. Pflanzen mit verholzendem Stamm, vorherrschend sind, die eine Endgröße von mindestens 5 m erreichen können, sofern diese Bäume im Reifezustand Bestände bilden, deren Schlussgrad bewirkt, dass ein Baum den Nachbarbaum im Luft- und Bodenraum noch eindeutig ökologisch beeinflusst. Der angelegte Baumhöhenwert kann im polaren und oberen Waldgrenzbereich unterschritten werden. Botanisch betrachtet ist Wald eine von Bäumen geprägte Vegetation, deren Fläche so groß ist, dass sich ein Waldklima entwickeln kann. Das unterscheidet den Wald zum Beispiel von Baumalleen, Parkanlagen oder Baumschulen.

Der Wald ist ein reich gegliedertes Ökosystem, das sich in übereinanderliegenden Schichten (Stockwerken) aufbaut:
Bodenschicht oder Moosschicht – Krautschicht – Strauchschicht – Baumschicht.

Unter dem Kronendach, das einige zehn Meter über dem Boden liegen kann, bildet sich ein spezifisches Waldinnenklima, das sich im Vergleich zum Freilandklima durch gleichmäßigere Temperaturen (vor allem im Tagesgang), höhere relative Luftfeuchtigkeit, geringere Lichtintensität, veränderte spektrale Zusammensetzung des Lichts (höherer Grünanteil), geringere Windgeschwindigkeiten und geringere Niederschläge am Boden (Interzeption im Kronenraum) auszeichnet.

Weltweit treten Wälder als Waldgesellschaften in Gebieten mit einer (je nach Temperatur) bestimmten minimalen Niederschlagsmenge auf. Fällt weniger Niederschlag, geht der Wald in eine Trocken-Savanne oder Steppe über. Für Hochlagen und kalte Klimate ist die Dauer der Vegetationsperiode für den Erfolg der Vegetation entscheidend. Ab einer bestimmten Höhe bzw. geographischen Breite gibt es eine Waldgrenze, jenseits derer kein Wald mehr wachsen kann und nur vereinzelt (verkrüppelte) Bäume vorkommen. Ihr folgt die Baumgrenze.

Die intakten Waldlandschaften innerhalb der waldbedeckten Gebiete der Erde
Die intakten Waldlandschaften innerhalb der waldbedeckten Gebiete der Erde

Die intakten Waldlandschaften innerhalb der waldbedeckten Gebiete der Erde (Intact Forest Landscapes, IFL) sind vollkommen unzerschnittene, weitgehend unbewohnte, ökologisch intakte, naturgewachsene Waldlandschaften mit einer Mindestgröße von 50.000 ha und einer Mindestbreite von 10 km, die nicht forstwirtschaftlich genutzt werden und in den letzten 30–70 Jahren auch nicht anderweitig industriell genutzt wurden. Das IFL-Konzept wurde entwickelt vom World Resources Institute und weitergeführt u. a. von Global Forest Watch und Greenpeace. Es basiert vor allem auf der Auswertung von Satellitenbildern

Quelle: Peter Potapov

2. Definition der FAO: Wald umfasst natürliche und angepflanzte Wälder (plantations). Der Begriff wird verwendet für Landflächen mit einem Mindestanteil der Kronenfläche der Bäume von 10 %, auf einer Fläche von mindestens 0,5 ha. Wälder werden sowohl durch das Vorkommen von Bäumen wie durch das Fehlen anderer vorherrschender Landnutzungsformen definiert. Die Bäume müssen eine Mindesthöhe von 5 m erreichen können. Jungbestände, deren Bäume die notwendige Kronenfläche und Höhe bisher nicht erreicht haben, bei denen dies aber später zu erwarten ist, und nur vorübergehend unbestockte Flächen werden zum Wald gerechnet. Der Ausdruck umfasst Wälder, die für Produktion, Schutz, Naturschutz oder mehrere dieser Zwecke genutzt werden (zum Beispiel Nationalparks, Naturschutzgebiete und andere Schutzgebiete), und auch Waldbestände der Agrarlandschaften wie zum Beispiel Windschutzpflanzungen, mit einer Mindestbreite von 20 Metern, Kautschuk- und Korkeichen-Plantagen. Ausdrücklich landwirtschaftlichen Zwecken dienende Baumbestände, wie zum Beispiel Obstbaumpflanzungen, und Agrarforstsysteme sind ausgeschlossen.

3. Definition der UNESCO: Geschlossener Wald (engl. forest) umfasst Bestände von Bäumen mit einer Wuchshöhe größer 5 m (in subpolaren Gebieten: 3 m, in den Tropen: 8–10 m), deren Kronendach geschlossen ist. Bestände mit Wuchshöhe größer 5 m mit offenem Kronendach werden als Offenwald (engl. woodland) definiert, sofern ihre Deckung 40 % überschreitet (d. h., der Abstand zwischen zwei Baumkronen höchstens dem Durchmesser der Krone entspricht).

4. Definition der UNFCCC: Wald ist eine mit Bäumen bestandene Landfläche von mindestens 0,05–1 ha Fläche mit einem Deckungsgrad der Baumkronen (oder entsprechendem Bestockungsmaß) von mehr als 10–30 %, mit Bäumen, die eine minimale Wuchshöhe von 2–5 m in situ erreichen können. Ein Wald kann entweder geschlossen sein, wenn Bäume der verschiedenen Stockwerke und der Unterwuchs einen hohen Prozentsatz des Bodens überdecken, oder auch offen. Natürliche Jungbestände und alle Pflanzungen (engl. plantations), welche eine Kronendeckung von 10–30 % oder Höhe von 2–5 m erst später erreichen können, werden unter Wald gerechnet, wie auch dazugehörige Flächen, welche temporär durch menschliche Einflüsse wie Kahlschlag oder aus natürlichen Gründen unbestockt sind, wenn ihre Rückentwicklung zum Wald zu erwarten ist.

5. Definition nach dem deutschen Bundeswaldgesetz (BWaldG § 2): Wald ist jede mit Forstpflanzen bestockte Grundfläche. Förster bezeichnen diese Fläche traditionell als "Holzboden". Als Wald gelten hier auch kahlgeschlagene oder verlichtete Grundflächen, Waldwege, Waldeinteilungs- und Sicherungsstreifen, Waldblößen und Lichtungen, Waldwiesen, Wildäsungsplätze, Holzlagerplätze sowie weitere mit dem Wald verbundene und ihm dienende Flächen. Diese Flächen werden als „Nichtholzboden“ bezeichnet. Im Sinne einer klaren und einheitlichen Abgrenzung gilt ergänzend, dass eine Fläche erst als Wald erfasst wird, wenn sie mindestens 0,1 Hektar groß und 10 m breit ist.

Die Waldverteilung in Deutschland
Die Waldverteilung in Deutschland

Deutschland: 35.720.780 Landesfläche, davon 11.419.124 Waldfläche = 32 %
Alle Flächenangaben in Hektar

Quelle: BMEL

Im Zusammenhang mit der Konversion von Regenwaldflächen und ihrer Quantifizierung weist Faust (2017) auf die nach wie vor bestehende Schwierigkeit bei der Walddefinition in den betroffenen Räumen hin. Die Frage, ob Agroforstsysteme, Kautschuk- und Ölpalmplantagen als Wald kategorisiert werden können, ist nicht trivial und politisch umstritten. Zudem ist es methodentechnisch schwierig, Monokulturen mit Ölpalmen, Kautschuk- und Eucalyptusbäumen fernerkundlich von Wald zu unterscheiden.

Waldfunktionen in Mitteleuropa

Der Wald spielte für die Menschen schon immer eine wichtige Rolle. Er ist tief in unserem Kulturraum verwurzelt. Die Worte Baum und Wald sind in vielen Redensarten, Sprichwörtern, Orts- und Familiennamen enthalten. In Dichtung, Märchen, Literatur und Malerei sind die Bäume und Wälder nicht wegzudenken. Neben der seit Jahrhunderten erfolgten Nutzung des Waldes stellen der Wald und die Forstbetriebe der Gesellschaft eine Reihe weiterer Produkte und Leistungen – überwiegend unentgeltlich - zur Verfügung.

Zu den Leistungen des Waldes gehören u. a. folgende Punkte:

Freizeitaktivitäten im Wald
Freizeitaktivitäten im Wald

Im Durchschnitt dauert ein Waldbesuch knapp zwei Stunden. Im gewogenen Mittel kommt jeder Deutsche jährlich auf rund 28 Waldbesuche zur Erholung. In den Wald gehen 68 % mindestens einmal im Monat und 29 % mindestens dreimal im Monat.

Quelle: BMEL / FNR

Waldentwicklung in Mitteleuropa

Seit der Ausbreitung des Ackerbaus beeinflusst der Mensch zunehmend die Wälder. Vor etwas mehr als 7.000 Jahren begann mit der Landwirtschaft, d. h. mit Ackerbau und Viehhaltung die Etablierung einer neuen Lebensweise in Mitteleuropa, die sich zuvor im Südwesten Asiens entwickelt hatte. Felder zum Anbau von Getreide und anderen Kulturpflanzen konnte es nur dort geben, wo zuvor der Wald beseitigt worden war. Die Menschen rodeten vor allem Eichen und andere Laubbäume, denn das haltbare Eichenholz eignete sich gut zum Bau von Häusern. Sie bauten auf dem so geschaffenen offenen Land Einkorn, Emmer, Gerste, Erbsen, Lein und andere Kulturpflanzen an. Rinder, Schafe und Ziegen wurden zum Weiden in die Wälder getrieben.

Allerdings gaben die Menschen häufig schon nach wenigen Jahrzehnten ihre Siedlungen wieder auf. Vielleicht ließen die Erträge auf den Feldern nach, wahrscheinlicher ist aber der Mangel an Holz als Grund für dieses Vorgehen. Auf dem verlassenen Gebiet der Siedlung und der zu ihr gehörenden Nutzflächen konnte sich erneut Wald ausbreiten. Zuerst überwucherte Gebüsch die Brachflächen, und die ersten Bäume, die in die Höhe wuchsen, waren die üblichen Pioniere neuen Waldes: Birken und Kiefern. Auch Eichen und andere Laubbäume wuchsen mit der Zeit wieder in die Höhe.

Dadurch, dass nicht überall stets geschlossene Wälder bestanden, sondern Wald auf Freiflächen neu entstand, wurde die Ausbreitung von weiteren Bäumen erleichtert. So kam in Mitteleuropa im Laufe der Jahrtausende, in denen stets neue Siedlungen gegründet und andere verlassen wurden, an immer mehr Orten auch die Buche auf. Auch die Ausbreitung der Hainbuche im Osten Mitteleuropas lässt sich darauf zurückführen; in den Westalpen und in weiten Teilen Skandinaviens breitete sich die Fichte aus.

Als im ersten Jahrtausend vor Christus mit der Eisenzeit immer mehr Holz benötigt wurde, um Erz zu schmelzen, stellte sich in vielen Gegenden eine dauerhafte Nutzung von Wäldern ein. Dies benachteiligte die Buche, die nicht so häufig wie etwa die Hainbuche, die Eiche, die Linde oder die Esche aus Baumstümpfen neu austreiben kann, sodass in ständig genutzten Wäldern Eichen und Hainbuchen zu den vorherrschenden Arten wurden.

Mit den Römern kam eine neue Lebensweise nach Mitteleuropa. Siedlungen und ihre Wirtschaftsflächen wurden in aller Regel nicht mehr verlagert und blieben nun dauerhaft bestehen. Wenn es an Korn, Holz oder anderen überlebenswichtigen Gütern mangelte, mussten Waren über ein Handelsnetz geliefert werden. Die Germanen waren häufig Ackerbauern und trieben ihr Vieh in den Wald. Das führte dazu, dass einige Waldparzellen etwas lichter waren als andere. Eine dauerhaft fixierte Grenze zwischen Wald und Offenland gab es also nicht, sodass der damalige Wald ganz anders ausgesehen haben muss als der heutige mit seinen scharf gezogenen Waldrändern. Wie groß der Anteil von Waldflächen in der Zeit um Christi Geburt war, lässt sich also kaum sagen – auch nicht für die römisch besiedelten Flächen.

Zu einer vollständigen Fixierung von Siedlungen in ganz Mitteleuropa kam es erst im Mittelalter. Um die ländlichen Siedlungen herum entstand eine Markung oder Kernflur mit den Flächen für den Ackerbau. Vielerorts wurde eine Dreifelderwirtschaft eingeführt.

Die starke Nutzung der Wälder im Mittelalter und der frühen Neuzeit (Hausbau, Brennmaterial, Exporte z. B. nach Holland) sowie vor der industriellen Revolution führte Anfang des 19. Jahrhunderts zu einem Tiefstand der Bewaldung. Kahle und wüste Flächen prägten damals die Landschaft.

Gleichzeitig stieg der Holzbedarf für die Energiegewinnung, den Bergbau, die Eisenverhüttung und die Bauwirtschaft. Zur Abwehr der drohenden Holznot formulierten Hans Carl von Carlowitz und andere Forstleute im 18. Jahrhundert die Grundsätze der nachhaltigen Forst- und Waldwirtschaft. Im Zuge von Wald- und Landreformen, die die Nutzung vieler Wälder neu gestalteten, begannen die Forstleute aufzuforsten. Der Nutzungsdruck auf die Wälder ließ erst nach, als neue Energiequellen wie Kohle an Bedeutung gewannen und Holz nicht mehr der zentrale Brennstoff für alle Wirtschaftszweige war.

Auch ließ sich eine nachhaltige Waldbewirtschaftung nur dort durchsetzen, wo keine Tiere mehr zur Weide in die Wälder getrieben wurden. Deswegen wurde nun eine klare Nutzungsgrenze zwischen Wald und Offenland gezogen. Die waldfrei bleibenden Gemeinheitsflächen wurden unter den Berechtigten aufgeteilt und ebenso wie die verkoppelten Ackerländer mit Hecken oder Wallhecken umzogen. Dort konnte die arme Landbevölkerung nun Holz schlagen, was ihr im eigentlichen Wald verwehrt war, wo nun allein der Grundherr und sein Förster über den Einschlag von Holz bestimmten.

Bei der Neueinteilung des Landes wurden in vielen Fällen ehemalige Ackerflächen in Wald überführt. Dort sind heute noch Reste von schmalen Wölb- oder Hochackerbeeten unter Wald zu finden. Zu dieser Transformation kam es vor allem dort, wo die Böden nur wenige Mineralstoffe enthielten, sodass die Erträge an Ackerfrüchten gering waren. So wurde der sich nun herausbildende scharfe Waldrand zwischen Gehölz und Offenland auch zur Grenze zwischen den Einflussbereichen von Land- und Forstwirtschaft. Erst diese Waldgrenze ließ sich in Landkarten gut eintragen. Wie sich aber die Größen der Waldflächen und die Holzvorräte in den Wäldern im Zeitalter der Reformen veränderten, lässt sich kaum sagen, denn die Waldbilder vor und nach den Landreformen unterschieden sich erheblich. (Küster 2017)

Allmählich erholten sich die Wälder und die Waldfläche nahm wieder zu. Der letzte große Aderlass an der Substanz des Waldes erfolgte im und nach dem Zweiten Weltkrieg. Kriegszerstörungen, Reparationshiebe und großer Holzbedarf zum Wiederaufbau forderten ihren Tribut. Borkenkäfermassenvermehrungen zwangen zu weiteren Hieben. So entstanden große Kahlflächen. Der Wiederaufbau der Wälder nach dem WK II ist eine bedeutende Kulturleistung. Sie war so prägend, dass sie sich damals auf der Rückseite der 50-Pfennig-Münze in Form einer eine Eiche pflanzenden Frau niedergeschlagen hat. (BMEL)

Waldfläche nach Eigentumsart
Waldfläche nach Eigentumsart

Quelle: BMEL

Besitzstruktur des Waldes in Deutschland

Nach der dritten Bundeswaldinventur (2012) ist Deutschland zu 32 Prozent mit Wald bestockt. Das entspricht einer Fläche von 11,4 Millionen Hektar. Davon sind 48 % Privatwald (5,5 Mio. ha). 29 % des Waldes sind im Eigentum der Länder, 19 % im Eigentum von Körperschaften und 4 % im Eigentum des Bundes.

Dabei bestehen erhebliche regionale Unterschiede. Der Anteil des Privatwaldes reicht von 24 % in Hessen bis 67 % in Nordrhein-Westfalen. Er überwiegt häufig in den dünner besiedelten ländlichen Regionen. Der Staatswaldanteil liegt zwischen 17 % in Nordrhein-Westfalen und 50 % in Mecklenburg-Vorpommern. Den größten Teil des heutigen Staatswaldes bilden ehemals landesherrliche Wälder und säkularisierter Klosterbesitz. Der Körperschaftswald hat in Rheinland-Pfalz einen Anteil von 46 %, in Brandenburg etwa 7 %, in Niedersachen und Sachsen-Anhalt rund 9 %. In dicht besiedelten Großstadtregionen ist sein Anteil häufig besonders hoch.

Der Privatwald in Deutschland ist überwiegend klein strukturiert und zersplittert. Rund die Hälfte der Privatwaldfläche teilen sich Betriebe mit weniger als 20 Hektar. Nur 13 % des Privatwaldes gehören zu Betrieben mit einer Größe über 1.000 Hektar. Die Eigentumsstrukturen haben sich historisch und regional unterschiedlich entwickelt. Die Klein- und Kleinstwaldflächen in Privatbesitz sind vielfach im Zuge der historischen bäuerlichen Besiedelung oder durch Erbteilung, Teilung der Allmende oder Aufforstung landwirtschaftlicher Flächen entstanden. Die Zahl der körperschaftlichen und privaten Waldeigentümer in Deutschland wird auf 2 Mio. geschätzt.

Fläche der Baumartengruppen
Fläche der Baumartengruppen

Die Bundeswaldinventur hat die Bäume im deutschen Wald zu 51 Baumarten oder Baumartengruppen zusammengefasst erhoben. Für die Auswertung wurden sie zu neun Baumartengruppen zusammengefasst: Eiche, Buche, andere Laubbäume mit hoher Lebensdauer (ALH), andere Laubbäume mit niedriger Lebensdauer (ALN), Fichte, Tanne, Douglasie, Kiefer, Lärche.
Andere Laubbäume mit hoher Lebensdauer (ALH): Ahorn, Esche, Kastanie, Linde, Mehlbeere, Speierling, Robinie, Ulme
Andere Laubbäume mit niedriger Lebensdauer (ALN): Birke, Elsbeere, Erle, Pappel, Traubenkirsche, Vogelbeere, Vogelkirsche, Weide, Wildobst

Quelle: BMEL

Baumarten

Gegenwärtig prägen Fichten, Kiefern, Buchen und Eichen auf insgesamt 73 % des Holzbodens das Gesicht der deutschen Wälder. Die Baumarten haben unterschiedliche regionale Schwerpunkte. Die Fichte findet sich besonders vom Alpenvorland bis in die Hochlagen Süd- und Südwestdeutschlands und in den Mittelgebirgen Nordostbayerns bis in den Thüringer Wald und das Erzgebirge, zudem in Hunsrück, Eifel, Taunus, Westerwald, Rothaargebirge und Harz. Die Kiefer zieht sich v. a. im nordostdeutschen Tiefland von Niedersachsen bis nach Brandenburg und Sachsen. Weitere Schwerpunkte liegen zudem im Pfälzer Wald, in der Rhein-Main-Niederung und im Oberpfälzer Becken- und Hügelland. Die Buche kommt schwerpunktmäßig in den Mittelgebirgen von der Schwäbisch-Fränkischen Alb über Pfälzerwald, Eifel, Odenwald und Spessart bis zum Solling vor. Die Eiche findet man besonders im Pfälzer Wald, dem Spessart und den warmen Tieflagen Deutschlands.

In der Bundeswaldinventur wurden 51 Baumarten bzw. Baumartengruppen erhoben. 11 Baumarten nehmen ca. 90 % des Holzbodens ein. Das sind neben den schon genannten Baumarten Gemeine Fichte, Gemeine Kiefer, Rotbuche, Traubeneiche und Stieleiche des Weiteren die Baumarten Gemeine Birke, Gemeine Esche, Schwarzerle, Europäische Lärche, Douglasie und Bergahorn. Die übrigen 40 Baumarten teilen sich die restlichen 10 % des Holzbodens. Trotz ihrer geringen Flächenverbreitung leisten sie wichtige Beiträge für Vielfalt, Stabilität, Bodenpflege und Holzerzeugung. Sie füllen ökologische Nischen aus wie die Zirbelkiefer im Gebirge. Ihr Holz wird gesucht für Spezialverwendungen wie z. B. Esche für Werkzeugstiele, Linde für Bildhauerei oder Vogelkirsche für Möbel.

Die selteneren Laubbaumarten werden zu den Sammelgruppen „andere Laubbäume mit hoher Lebensdauer (ALH)“ und „andere Laubbäume mit niedriger Lebensdauer (ALN)“ zusammengefasst. Das sind Baumarten wie die Hainbuche, die nur selten obere Kronenschichten beherrschen. Andere Baumarten (z. B. Speierling und Elsbeere) können sich gegen schattenertragende Baumarten wie Buche und Fichte nur auf trocken-warmen Standorten behaupten. Standort und baumartspezifische Konkurrenzkraft bewirken so eine natürliche Differenzierung der Baumarten-Zusammensetzung. Zusätzlich macht der Wildverbiss den Jungwüchsen insbesondere der seltenen Baumarten zu schaffen.

Eine weitere Gestaltungskraft im Wald neben ökologischen Faktoren ist der Mensch: Sein waldbauliches Handeln bestimmt wesentlich darüber, welche Baumarten im Wirtschaftswald vorkommen. Dabei zeugen die heutigen Wälder sowohl von den aktuellen als insbesondere auch von den Gegebenheiten, den gesellschaftlichen Bedürfnissen und den waldbaulichen Entscheidungen unserer Vorväter. In den vergangenen Jahrhunderten war oft Ödland aufzuforsten, um die Wälder wieder herzustellen und die Holznachfrage zu decken. So hat die eigentlich im Bergland heimische Fichte eine weite Verbreitung gefunden – auf ärmeren Standorten die Kiefer.

Biodiversität im Wald
Biodiversität im Wald

Die Biologische Vielfalt bildet die Grundlage für die Ökosystemleistungen und ist der Schlüssel zur Anpassungsfähigkeit der Wälder an sich ändernde Umweltbedingungen. Sie umfasst die drei eng miteinander verknüpften und sich gegenseitig beeinflussenden Komponenten Artenvielfalt, genetische Vielfalt und Ökosystemvielfalt.

Quelle: FNR

Expeditionen brachten fremdländische Baumarten nach Europa. Im Vergleich zu unseren heimischen Baumarten spielen diese eingeführten Baumarten im Wald in Deutschland eine untergeordnete Rolle. Fremdländische Waldbaumarten wie Douglasie, Japanlärche, Roteiche, Robinie, Sitkafichte, Schwarzkiefer, Weymouthkiefer, Küstentanne und andere haben zusammen einen Flächenanteil von knapp 5 %. Der Anbau dieser Baumarten eröffnet zusätzliche waldbauliche Alternativen zu der durch die Eiszeiten stark verminderten Zahl mitteleuropäischer Baumarten. Dieser Aspekt gewinnt angesichts der Klimaänderung an Bedeutung. Am weitesten verbreitet, gleichwohl anteilmäßig immer noch gering, ist die Douglasie mit rund 218.000 Hektar oder 2 %, gefolgt von Japanlärche (ca. 83.000 Hektar oder 0,8 %) und Roteiche (ca. 55.000 Hektar oder 0,5 %).

Der Wald liefert Holz und schafft Arbeitsplätze. In Deutschland sind mehr als 1,1 Mio. Menschen im Cluster 'Forst und Holz' beschäftigt. Zudem gewinnt Holz als nachwachsender Rohstoff in Zeiten des Klimawandels und der Verteuerung fossiler Energieträger verstärkt an Bedeutung.

Wald und Landwirtschaft

Die ungeregelte Umwandlung von Naturwäldern zu Agrarflächen ist heute einer der größten Treiber von Waldzerstörungen weltweit. Betroffen sind vor allem Wälder in den Tropen. Auch die Nachfrage und der Verbrauch außerhalb der Erzeugerregionen, vor allem in der EU, den USA und China, gelten als Antriebsfaktoren. Großflächige Viehwirtschaft, Sojabohnen- und Ölpalmenanbau, sowie weiterer Ausbau der kapitalintensiven Plantagenwirtschaft sind Hauptursachen für die Regenwaldkonversion, insbesondere seit der verstärkten Globalisierung und Urbanisierung in den 1980er Jahren sowie nach dem Ende des kalten Krieges in den 1990er Jahren. Die Landwirtschaft ist die größte direkte Triebkraft des Landnutzungswandels im Bereich des tropischen Regenwaldes mit einem geschätzten Anteil von insgesamt 80 % der Umwandlungen weltweit (Faust 2017).

Aus diesem Grund engagieren sich immer mehr Unternehmen für Waldschutz, indem sie sich verpflichten, ausschließlich "entwaldungsfreie", zertifizierte Agrarrohstoffe zu kaufen. Eine Zertifizierung erfolgt meist nach anerkannten Nachhaltigkeitsstandards. Hier liegt ein wichtiger Ansatzpunkt für internationalen Waldschutz, der durch verstärkte Zusammenarbeit zwischen Regierungen und Unternehmen unterstützt wird.

Verschiedene Staaten fördern vor diesem Hintergrund privatwirtschaftliche Initiativen zur Zertifizierung von Soja, Palmöl, Kaffee und Kakao und wird ihre Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft zum Aufbau "entwaldungsfreier Lieferketten" künftig noch weiter verstärken. Ziel ist es, dem landwirtschaftlichen Sektor in Partnerländern mehr Anreize zum Walderhalt zu setzen und eine walderhaltende, nachhaltigere Flächennutzung zu fördern.

Wälder im Klimawandel

Wälder sind nicht nur ein wichtiger Ressourcenlieferant und Erholungsraum für den Menschen, sondern auch ein bedeutender Faktor im Klimageschehen. Das ist schon darin begründet, dass Wälder dominierend an dem Kohlenstoffaustausch zwischen den terrestrischen Ökosystemen und der Atmosphäre beteiligt sind. Wälder nehmen CO2 direkt aus der Atmosphäre auf, da sie es zum Wachsen brauchen. In Wäldern sind 45 % des globalen terrestrischen Kohlenstoffs gespeichert, allein in den tropischen Wäldern 25 %. Bei der Veratmung geben sie einen Teil davon wieder direkt ab, weitere Teile werden bei der Verrottung von Pflanzenteilen emittiert. Bäume, die im Wachstum begriffen sind, oder eine sich ausdehnende Pflanzendecke nehmen mehr Kohlendioxid auf, als sie abgeben. Bei absterbenden Bäumen oder der Verringerung einer Pflanzendecke, z.B. durch Abholzung, ist das Umgekehrte der Fall.

Wälder beeinflussen außerdem die Albedo der Erdoberfläche und damit den Strahlungshaushalt. Die biogeophysikalischen Wechselwirkungen zwischen Vegetation und Atmosphäre bestehen vor allem im Austausch von Energie und Wasser. Die beiden physikalischen Schlüsselgrößen, die diesen Austausch steuern, sind die Albedo, die die Strahlung, und die Evapotranspiration (Verdunstung und Transpiration), die den Wasserkreislauf und die Temperatur beeinflusst. Wälder haben mit 10 % eine sehr viel geringere Albedo als z.B. Schnee- (bis zu 90 %), Wüstenoberflächen (ca. 30 %) oder Ackerflächen. Der Hauptgrund sind die dunklen Oberflächen von Wäldern.

Klimaschutzleistungen von Wald und Holz
Klimaschutzleistungen von Wald und Holz

Bäume entziehen der Atmosphäre das Treibhausgas Kohlenstoffdioxid (CO2) und binden den enthaltenen Kohlenstoff (C) in der Biomasse. Die nachhaltige Nutzung von Holz verstärkt diese Klimaleistung und kann zudem emissionsstärkere Rohstoffe ersetzen. Bei der Verbrennung oder Zersetzung von Holz gelangt das CO2 wieder in die Atmosphäre.

Quelle: FNR

Wälder bremsen bodennahe Luftströmungen und fördern die Aufnahme- und die Speicherfähigkeit der Vegetationsdecke für Wasser und dessen Verdunstung. Damit sind sie ein wichtiger Faktor im Wasserkreislauf der Atmosphäre. Besonders die tropischen Regenwälder verdunsten viel Wasser, das in Form von Wasserdampf über große Entfernungen verfrachtet wird und in trockeneren Gebieten zur Wolkenbildung und zum Niederschlag beiträgt. Gleichzeitig wird dabei auch die eingestrahlte Sonnenenergie in Wasserdampf gebunden und über große Strecken verteilt. Da Wälder extrem klimaangepasste Lebensgemeinschaften darstellen, haben klimatische Veränderungen auf ihre Verteilung, ihre Artenzusammensetzung und ihr Wachstum erhebliche Auswirkungen. Klimatische Bedingungen wirken sowohl direkt durch Temperatur, Niederschläge und Wind als auch über verschiedene Vermittlungsfaktoren, wie vor allem Waldbrände und Insekten- und Krankheitsbefall, auf den Wald.

Bedingt durch den Klimawandel verlagern sich die Gebiete, in denen bestimmte Baumarten bezüglich verschiedener Klimafaktoren gut gedeihen. Wie Waldgemeinschaften konkret auf den Klimawandel der nächsten Jahrzehnte reagieren werden, hängt entscheidend von den jeweiligen regionalen Veränderungen der verschiedenen klimatischen Faktoren in Wechselwirkung mit der Forstwirtschaft ab. Untersuchungen über vergangene klimatische Veränderungen haben gezeigt, dass Wälder in ihrer räumlichen Ausbreitung auf ein sich wandelndes Klima deutlich langsamer reagieren als die nicht aus Bäumen bestehende Vegetation, da Bäume von der Saat bis zur Reife oft mehrere Jahrzehnte benötigen. In Anpassung an die neuen Klimabedingungen nach der letzten Kaltzeit haben verschiedene Baumarten zwischen 50 und 1.000 Jahre gebraucht, um einen Streifen von 50 km Breite neu zu besiedeln. Um den prognostizierten Klimaänderungen der nächsten Jahrzehnte zu folgen, müssten die Migrationsraten jedoch bei 500-600 km pro Jahrhundert liegen. Dabei lassen sich die Wachstumsraten der Vergangenheit nicht einmal auf die heute vielfach durch menschliche Eingriffe fragmentierten Landschaften übertragen, in denen der Migration zahlreiche Barrieren entgegenstehen, wodurch die Migrationsraten in einem künftigen Klima deutlich auf weniger als 50 km pro 100 Jahre gedrückt oder sogar gegen Null tendieren werden.

Modellsimulationen, die von einem durchschnittlichen Temperaturanstieg von 2 °C bei einer Verdopplung des gegenwärtigen CO2-Gehaltes in den nächsten 70-80 Jahren ausgehen, kommen zu dem Ergebnis, dass die Ausbreitung von Wäldern in klimatisch aktuell geeignete Gebiete nur sehr verzögert ablaufen wird. Dabei reagieren die einzelnen Baumarten oft sehr verschieden, was zu einer völlig neuen Zusammensetzung der Wälder führen kann. Ein Teil der Wälder wird "verarmen" oder sogar verschwinden, da bestimmte Baumsorten in den neuen klimatischen Bedingungen nicht überleben können. So werden Fichten und Kiefern in Norddeutschland und in Skandinavien (bei einer Verschiebung der für boreale Wälder geeigneten Klimazone während des 21. Jahrhunderts um 150-550 km nach Norden) wahrscheinlich weitgehend durch Buchen und Birken ersetzt und langfristig in die Tundra-Regionen vordringen. In den USA werden nördliche Nadel- und Laubwälder an ihrer Südgrenze fast ganz verschwinden, wie eine Untersuchung über das Gebiet der Großen Seen ergab, und nur begrenzt durch südliche Baumarten ersetzt werden, was insgesamt zu einem Verlust an Diversität führen wird. In den borealen Gebieten ist damit zu rechnen, dass sich die Schwerpunkte der Waldbestände nach Norden verschieben. Während gegenwärtig in Finnland 70 % der Waldbestände in der Südhälfte des Landes zu finden sind und 30 % in der Nordhälfte, ergeben Modellberechnungen eine gleichwertige Verteilung bis zum Ende des 21. Jahrhunderts. Im Alpenraum wird es zu einem Vordringen von Bäumen in die subalpine und alpine Zone kommen.

Gegenüber der nur sehr verzögert ablaufenden Standortveränderung lassen sich Veränderungen im Wachstumsverhalten durch einen Anstieg der Temperatur und des CO2-Gehaltes bereits heute erkennen (Satellitendaten). So zeigen regionale Beobachtungen und Modelluntersuchungen für die letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts eine Zunahme der Wachstumsrate von Bäumen in einigen Gebieten der mittleren und höheren Breiten. Die Gründe liegen außer in der Zunahme der Kohlendioxidkonzentration der Atmosphäre nicht zuletzt in der höheren Temperatur und der Verlängerung der Wachstumszeit (kürzere Winter)

Allerdings haben Beobachtungen in Alaska ergeben, dass eine Temperaturerhöhung nicht mit einem verstärkten Baumwachstum gekoppelt sein muss. Zwar konnte eine solche Korrelation in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beobachtet werden, zeigte sich jedoch nicht mehr für die letzten Jahrzehnte trotz weiterhin zunehmender Erwärmung in den untersuchten Gebieten. Vielmehr wurde für viele Standorte eine Verringerung des Baumwachstums in Abhängigkeit von der steigenden Temperatur festgestellt. Als Erklärung wird dafür primär eine Beeinträchtigung des Wachstums durch temperaturbedingte Trockenheit angenommen. Hinzu kommt, dass steigende Temperaturen die Strauchvegetation begünstigen, die mit den Bäumen um die Ressourcen von Wasser und Nährstoffen im Boden konkurrieren.

Klimabedingte Schädigungen von Waldbeständen ergeben sich außer durch Dürren und Bränden vor allem durch Insektenbefall. Betroffen sind vor allem die Wälder der borealen und gemäßigten Zone, in denen durch die Erwärmung Krankheitserreger und Insekten heimisch werden können, die dort bisher unbekannt waren. Bereits im 20. Jahrhundert konnten in Kanada und Russland im Zusammenhang mit steigenden Temperaturen zunehmende Zerstörungen an Bäumen durch Insekten beobachtet werden. (Bildungsserver)

Der globale Wandel wirkt sich sowohl auf das Wachsen als auch auf das Sterben von Bäumen aus. Nach einer neueren Studie (Science 2020) befinden wir uns gerade in einem Wechsel von überwiegend positiven Effekten des globalen Wandels hin zu einer Periode der wachsenden Limitierungen für Bäume. Während positive Effekte auf das Wachsen von Bäumen in Zukunft stark variabel und lokal unterschiedlich ausfallen werden, zeigt sich ein über alle Faktoren hinweg einheitlich negatives Bild in Hinblick auf Mortalität. Störungen wie Waldbrände, Insektenschäden, Windwurfereignisse und Dürren nehmen im Klimawandel an Häufigkeit und Stärke zu.

Die Zukunft des Waldes geht in Richtung kleinere Bäume, offenere Bestände und niedrigere Biomasse. Das könnte bedeutende Auswirkungen auf die Klimaschutzwirkung von Wäldern haben: Weniger Biomasse heißt nämlich auch, dass geringere Mengen an Kohlenstoff aus der Atmosphäre im Wald gespeichert werden, was den Klimawandel weiter anheizt.

Effekte des Klimawandels auf Bevölkerungsgruppen mit starker Abhängigkeit von Leistungen des Waldes

Für die in globaler Sicht vom Wald abhängigen Menschen werden die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Auswirkungen des Klimawandels auf Waldgüter und -dienstleistungen weitgehend beeinflusst von der Art und dem Maß der Abhängigkeit vom Wald, möglichen anderen Einkommensquellen (von denen viele wahrscheinlich auch durch den Klimawandel verwundbar sind) und von noch weiteren Quellen der Verwundbarkeit. Alle Kategorien von Menschen, die vom Wald abhängig sind, dürften davon betroffen sein. Eine verringerte Produktivität von Arten mit wirtschaftlichem Wert oder von einer ganzen Waldfläche wird die Verfügbarkeit und Vielfalt von Nahrungsmitteln sowie das Einkommen verringern.

Diese Auswirkungen werden noch verstärkt durch die Tatsache, dass der Klimawandel auch die Landwirtschaft, die wichtigste andere Nahrungs- und Einkommensquelle für ländliche Gemeinschaften, betreffen wird. Veränderungen von Temperatur und Niederschlag werden die Ökosysteme verändern, mit Folgen für die Ökosystemleistungen und damit für die landwirtschaftliche Produktion und die Ernährungssicherheit, was der IPCC (2014a) als "kaskadenartige Auswirkungen des Klimawandels ... vom physischen Klima über die Zwischensysteme bis hin zu den Menschen" bezeichnet (s. folgende Abbildung).

Cascading impacts of climate change on food security and nutrition
Cascading impacts of climate change on food security and nutrition

Quelle: FAO

Bevölkerungsgruppen, die von Wäldern und Bäumen im Hinblick auf die Nachhaltigkeit ihrer Landwirtschaftssysteme abhängig sind, werden besonders unter der verminderten Fähigkeit von Wäldern und Bäumen außerhalb der Wälder leiden, Ökosystemleistungen, wie z.B. die Wasserregulierung, zu einer Zeit zu erbringen, in der diese Leistungen besonders benötigt werden. Veränderungen der Quantität, der Qualität und des Preises der landwirtschaftlichen Produktion werden sich nicht nur auf das Einkommen der landwirtschaftlichen Haushalte, sondern auch auf die Kaufkraft der nicht landwirtschaftlichen Haushalte auswirken.

Globale TanDEM-X-Waldkarte

Wie der Blick aus dem All verrät, ist die Landmasse der Erde heute zu rund einem Drittel von Wäldern bedeckt. Dabei fehlt bereits mehr als die Hälfte des weltweiten Bestands, die der Abholzung insbesondere seit Mitte des 20. Jahrhunderts zum Opfer gefallen ist. Um den aktuellen Zustand sowie die Entwicklungen des "grünen Organs" genau beobachten, bewerten und schützen zu können, hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) einen besonderen Datensatz erstellt: die  globale TanDEM-X-Waldkarte.

Dazu wurden interferometrische Daten genutzt, die für das globale Höhenmodell der deutschen Radarsatellitenmission TanDEM-X aufgenommen wurden, und Algorithmen aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz zur globalen Datenverarbeitung entwickelt. Diese wurden für verschiedene Waldtypen anhand von Baumhöhen, Dichte und Struktur optimiert. Das Ergebnis ist eine Karte, die bei einer Auflösung von 50 Metern die Ausdehnung bewaldeter Flächen darstellt. Die globale TanDEM-X-Waldkarte des DLR steht wissenschaftlichen Nutzern ab sofort frei zur Verfügung.

Radarsatelliten können unabhäging von Wetter oder Tageszeit Aufnahmen erstellen – ein besonderer Vorteil bei der Kartierung von tropischen Wäldern, die meist von Wolken bedeckt sind. Die TanDEM-X-Waldkarte schließt bisherige Datenlücken und liefert erstmals einen einheitlichen Überblick der Regenwälder in Südamerika, Südostasien und Afrika. Die Erkenntnisse sind für Behörden und Wissenschaftler gleichermaßen bedeutsam, da diese Gebiete vor illegaler Abholzung geschützt und als mächtige Kohlenstoff-Speicher erhalten werden müssen. Anhand der neuen Karte lässt sich entsprechend auch die Biomasse-Konzentration von Wäldern genauer bestimmen – ein Schlüsselfaktor im globalen Kohlenstoffkreislauf.

Globale TanDEM-X-Waldkarte

Wie der Blick aus dem All verrät, ist die Landmasse der Erde heute zu rund einem Drittel von Wäldern bedeckt. Dabei fehlt bereits mehr als die Hälfte des weltweiten Bestands, die der Abholzung insbesondere seit Mitte des 20. Jahrhunderts zum Opfer gefallen ist. Um den aktuellen Zustand sowie die Entwicklungen des "grünen Organs" genau beobachten, bewerten und schützen zu können, hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) einen besonderen Datensatz erstellt: die globale TanDEM-X-Waldkarte.

Quelle: DLR

Weitere Informationen:

Waldbesitzarten

Sie sind nach dem Bundeswaldgesetz wie folgt definiert:

(s. a. Bauernwald)

Waldbetriebsarten

Die Betriebsarten sind bestimmte Bewirtschaftungsformen des Waldes, die sich vor allem in der Verjüngungsmethode unterscheiden:

Waldboden

Waldboden steht als Sammelbegriff für die Vielfalt der Waldböden mit großer ökologischer Spanne im Wasser- und Nährstoffhaushalt, der Bodenentwicklung, den Ausgangsgesteinen, der Waldbestockung und ihrer doch sehr unterschiedlichen Naturnähe.

Waldböden tragen als Vegetation natürliche Wälder und vom Menschen gepflanzte Forstwälder. Sie werden nicht oder nicht mehr durch Bodenbearbeitung umgestaltet und nicht gedüngt oder bewässert. Sie besitzen eine Streuauflage vorwiegend aus Laub und Nadeln der Waldbäume, aus Fruchtschalen und Zweigen, aus der Streu der Strauch- und Krautschicht sowie zum Teil aus vermoderndem Holz, toten Tieren und Pilzen. Aus der Streuauflage entwickeln sich je nach Streuart, Wasserhaushalt und Nährstoffversorgung unterschiedliche Humusformen durch Zerkleinerung, Humifizierung und Mineralisierung. Die Baumvegetation sowie die Intensität der Nutzung durch den Menschen beeinflussen die Bodenentwicklung wesentlich. Der Waldboden mit seiner Belebtheit sowie seinen chemischen und physikalischen Eigenschaften beeinflusst die Zusammensetzung und Morphologie des Bestandes, dessen Wuchsleistung, Holzqualität, Verjüngungskreaft und Widerstandskraft gegen Schädlinge, Witterung und Klimawandel.

Auf den folgenden Unterseiten des Kuratoriums Boden des Jahres erfahren Sie mehr über Waldböden im west- und mitteleuropäischen Klimaraum.

Waldverbreitung
Fast alle Böden in Deutschland haben eine Entwicklungsphase als Waldboden durchlaufen, die diese bis heute prägt. Bereits unmittelbar nach der letzen Kaltzeit vor 10.000 Jahren setzte die Bewaldung ein. Ohne Eingriffe des Menschen wäre Deutschland auch heute noch zu mehr als 80 % bewaldet. Wälder befinden sich heute meist auf nährstoffärmeren, steinigeren Böden. dies macht sie besonders sensibel für externe Einflussfaktoren.

Bodenvielfalt
Waldböden sind vielfältiger als landwirtschaftlich genutzte Böden. Sie umfassen Böden mit einem Säuregrad von stark sauer bis basisch und einer Wasserhaushaltsspanne von nass bis trocken. Anders als Ackerböden werden Waldböden nur im Ausnahmefall bearbeitet. Darum sind sie natürlich gelagert – sozusagen "wie gewachsen".

Humusformen
Alle Waldböden ohne Streunutzung besitzen eine Streuauflage und eine Humusform als integralen Bestandteil.

Wasserhaushalt
Waldböden umfassen eine sehr weite Spannbreite im Wasserhaushalt.

Nährstoffhaushalt
Sowohl sehr nährstoffarme als auch sehr nährstoffreiche Waldböden kommen in Deutschland vor.

Waldbodennutzung
In Deutschland gibt es keine Urwälder mehr. Seit der Jungsteinzeit nutzt der Mensch Wälder und damit auch die Waldböden. Erst mit Einführung einer nachhaltig ausgerichteten Forstwirtschaft im 19. Jahrhundert werden Wälder und Waldböden nicht mehr übernutzt.

Bildergalerie
Die Bildergalerie zeigt unsere Vielfalt an Waldböden und Wäldern.

Gefährung & Schutz
Nachdem die Übernutzung der Wälder und Waldböden zurückgegangen ist, werden sie im Industriezeitalter durch eine flächendeckende Versauerung des Oberbodens, durch Eintrag von Schwermetallen und durch Nährstoffverarmung geschädigt. Diese Stressfaktoren konnten durch verschiedene Maßnahmen vermindert werden. Heute wird der Waldboden durch ein Stickstoffüberangebot im Niederschlag, klimawandelbedingten Trockenstress sowie Kahlflächen durch absterbende Bäume stark beeinträchtigt.

Waldbodenmonitoring
Inzwischen verfügt Deutschland und große Bereiche West- und Mitteleuropas über ein weit gespanntes Netzwerk zur Beobachtung, Messung und Dokumentation des Zustands der Wälder und Waldböden.

Weitere Informationen:

Waldbrandwirtschaft

Betriebsform der feuchten Tropen unter dem Oberbegriff shifting cultivation. Die sogenannte wilde Waldbrandwirtschaft beinhaltet die Rodung kleiner Parzellen, die gemäß den eigenen Bedürfnissen, dem speziellen Bodenchemismus der inneren Tropen und mit den vorhandenen technischen Möglichkeiten nur eine Nutzung von 2 bis 4 Jahren zulässt und danach der Wiederbewaldung und Entwicklung von Sekundärwäldern überlassen wird.

Davon ist die geregelte Waldbrandwirtschaft mit planmäßiger Einteilung und regelmäßiger Wiederholung des Anbaus auf derselben Fläche zur gezielten Verwertung der Bodenfruchtbarkeit zu unterscheiden. Während einer Regenerierungsphase werden die Brachflächen künstlich bewaldet. Die Parzellen sind planmäßig eingeteilt und können von Straßen aus genutzt werden.

Waldfeldbau

Silvoarables Anbauverfahren, das durch meist gleichzeitigen Anbau von Bäumen und Feldfrüchten als Unternutzung gekennzeichnet ist. Allerdings kann die Wald- bzw. Feldnutzung auch zeitlich gestaffelt erfolgen wie bei der shifting cultivation. Sowohl aus historischer, aktueller und räumlicher Sicht gibt es eine Vielzahl verschiedener Typen des Waldfeldbaus.

(s. a. Agroforstwirtschaft, Agropastoralismus, shifting cultivation, silvoarable Agroforstsysteme, Waldbrandwirtschaft, Waldgarten, Waldweide)

Waldgarten

Als Variante der Agroforstwirtschaft kombinieren Waldgärten (engl. homegarden) Elemente der Landwirtschaft mit denen der Forstwirtschaft. Das Konzept geht auf Vorbilder aus den Tropen zurück und findet seit einigen Jahrzehnten auch Anwendung in den Außertropen. Dieses intensiv bewirtschaftete System liefert Holz, Tier- und Pflanzenprodukte, Obst und Gemüse.

Im indischen Bundesstaat Kerala z.B. gibt es eine jahrhundertealte Tradition, ebenso bei den Chagga am Kilimandscharo (insbesondere vor der Zeit des ausgeprägten Kolonialismus). Dabei werden naturnahe Waldwirtschaft und umfangreiche Nahrungsproduktion miteinander kombiniert. Komplexe und vielschichtige Systeme aus mehrjährigen Kulturpflanzenarten sind der natürlichen Waldvegetation in Struktur und Funktion ähnlicher als annuelle Kulturen und mindern das Ausmaß von Erosion und Nährstoffverlusten. In den Waldgärten und anderen Agroforstsystemen werden in großer Vielfalt Obstbäume (z.B. Jackfrucht) angebaut, Stauden (z.B. Banane) und Rankengewächse (z.B. Pfeffer). Für den Unterwuchs werden dabei vor allem schattentolerante Pflanzen verwendet, die auch im Unterstand akzeptable Erträge liefern können. Die Bäume können dabei vielerlei Funktionen innerhalb des Systems einnehmen und fungieren so z.B. als Schattenspender oder Stickstofffixierer, bieten Erosions- und Bodenschutz, Schutz für und vor Tieren oder fungieren als Insektenbarriere.

Durch einen sorgfältig durchdachten Bewirtschaftungsplan, bei dem vor allem miteinander kompatible Pflanzen ausgewählt werden, können negative Konkurrenzeffekte und Ertragseinbußen weitestgehend vermieden werden.

Die Vorteile, die sich für die Landwirte aus Homegarden-Systemen ergeben, bestehen u.a. in der größeren Landnutzungseffizienz, in der Steigerung der Produktdiversität und der Gesamterträge, in der höheren ökonomischen und ökologischen Stabilität und in der Erzeugung von Werthölzern als Langzeitinvestment, kostengedeckt durch Kurzzeit-Erträge.

Auch Entwicklungsprojekte (z.B. in Madagaskar) zur Wiederherstellung von artenreichen Wäldern bei gleichzeitiger Nutzung der Fläche für die Landwirtschaft nutzen das Etagenanbau-Konzept des Waldgartens. Entwickelt wurde diese Aufforstungsmethode in jahrzehntelanger Pionierarbeit in Brasilien und Bolivien.

Aufbau und Pflege von Waldgärten (engl.: forest garden) in Europa basieren auf einem Konzept des Engländers Robert Hart.

(s. a. Agroforstwirtschaft, shifting cultivation, Waldweide)

Weitere Informationen:

Waldhufendorf

Auch Waldhufensiedlung; Reihendorf mit hofanschließenden Breitstreifenparzellen in Einödlage. Die Hofstellen ordnen sich an einer vorgegebenen oder geschaffenen Leitlinie (Bach, Weg) an, die zugehörigen Streifenparzellen verlaufen mehr oder weniger senkrecht zur Gehöftleitlinie. Durch die Reihung der Parzellen wird gewährleistet, daß die Siedler annähernd gleiche Anteile an den verschiedenen Böden der Flur erhalten.

Gelenkte Rodungen nach dem Waldhufenprinzip geschahen seit dem frühen Mittelalter und sind zunächst für den Odenwald mit dem Kloster Lorsch als Ausgang belegt. Im Osten reicht die Ausdehnung bis in die Karpaten.

(s. a. Radialwaldhufendorf)

Waldhufenflur

Eine Form der Hufenflur, die sich aus der Aufteilung von Waldland mit Hufe als Grundform gebildet hat. Waldhufen wurden während der mittelalterlichen Rodungsperiode in freier Erbleihe vergeben. Die Anlage von Waldhufendörfern bedingte die Waldhufenflur als Breitstreifenflur.

Waldkämpe

Regionaler Begriff für in Wällen und dichten Hecken eingefriedete Waldareale. Sie sind oft an den vereinzelten und gruppenweise vorkommenden Überhältern zu erkennen. Die fruchttragenden Buchen und Eichen waren wichtig für die herbstliche Schweinemast. Heute besteht die Waldvegetation innerhalb der ehemaligen Kampen meist aus Eichen und Birken. Verbreitung seit dem Hochmittelalter in Nordwestdeutschland.

Waldsteppe

Die Waldsteppe tritt in Eurasien als Ökoton in den Übergangsbereichen von der Borealen Zone und den Feuchten Mittelbreiten zu den Trockengebieten auf und ist gegenüber den beiden vorgenannten (ursprünglichen) Waldzonen durch lichteren Baumbestand und Grasinseln gekennzeichnet. Mit zunehmender Annäherung an die eigentliche Steppe löst sich der Wald immer mehr auf bis schließlich nur noch Waldinseln überig bleiben. Die vorherrschenden Böden gehören zu den Phaerozemen.

Waldtundra

Auch Strauchtundra, Krummholzzone oder Krüppelwald; Oberbegriff für den Übergangslebensraum von der baumlosen, subpolaren Tundra zum geschlossenen borealen Nadelwald (Taiga). Dieser Grenzbereich besitzt eine Breite von 10 bis 50 km, max. 300 km.

Die Waldtundra kommt wie die Taiga ausnahmslos auf der Nordhalbkugel vor, da auf der Südhalbkugel die großen Landmassen fehlen, die das für die borealen Wälder typische Klima ermöglichen.

Charakteristisch für die verschiedenen Formen der Waldtundra ist in den Ebenen ein nach Norden immer lichter werdender Baumbewuchs und auf bewegtem Relief immer kleiner werdende und weiter verstreut liegende inselartige Waldstücke in der Tundra. Die Nadelbäume oder Weichlaubhölzer, die hier (zumeist) über Permafrostböden wachsen können, zeigen zur Tundra hin einen immer kümmerlicheren Wuchs.

Waldweide

In historischer Sicht eine Nutzungsform des Waldes, bei der die verschiedenen Nutztierarten zur Ernährung in die Wälder getrieben wurden. Eine besondere Form sind dabei die Hutewälder, in denen gezielt die Baumfrüchte im Herbst zur Tiermast, i.d.R. für Schweine, genutzt wurden.

In früheren Jahrhunderten in Mitteleuropa übliche Form der Wald-Nebennutzung (in der Regel von Laubwäldern) mit dem Eintrieb von Schweinen, Rindern, Schafen und Ziegen in den Wald, vor allem in den Allmendwald. Dem Weidevieh dienten Eicheln, Bucheckern, Haselnüsse, trockenes und frisches Laub, Jungwuchs und sonstige Triebe sowie die Bodenvegetation als Nahrung. Die Waldweide lieferte Tierprodukte, Wertholz und Brennholz.

Erste Anfänge der Waldweide reichen in Europa bis ans Ende der Mittelsteinzeit (ca. 8.000 bis 3.000 v. Chr.) im Übergang zur Jungsteinzeit (ca. 3.000 bis 1.800 v. Chr.) zurück. Das Klima änderte sich von einem subarktischen Landklima in der Vorwärmezeit (ca. 8.000 bis 6.600 v. Chr.) hin zu einem eher mediterranen Klima in der mittleren Wärmezeit (ca. 5.400 bis 2.500 v. Chr.) mit einem Temperaturmaximum von 1 - 2 °C über der heutigen Jahresdurchschnittstemperatur. Dabei existierte die Waldweide über mindestens 5.000 Jahre bis Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts extensiv ohne Trennung von Wald und Flur. Erst mit Einführung der Stallhaltung um jene Jahrhundertwende erfolgte sukzessive die Abkehr von der Waldweide, die aber teilweise bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts weiter betrieben wurde.

Durch den regelmäßigen Verbiss von Jungpflanzen, der mit der Beweidung einherging, wurde die natürliche Waldverjüngung zurückgedrängt und es entstanden mit der Zeit mehr oder weniger offene Haine und Weidelandschaften. Der Übergang zwischen Wald und Weide war dabei fließend und hing insbesondere von der jeweiligen Bewirtschaftung und den örtlichen Gegebenheiten ab. In einigen Regionen landschaftsprägend waren mehr oder weniger frei stehende sehr alte Bäume mit mächtigen Kronen und reichlicher Samenproduktion („Futterbäume“). Baumarten wie die Eiche, die unter ungestörten Bedingungen von der Buche verdrängt werden würde, profitierten von dieser Bewirtschaftungspraxis.

Zusammen mit anderen Nutzungen (planlose Entnahme von Brenn- und Bauholz, Köhlerei, Glasbläserei, Pottaschegewinnung, Entnahme von Einstreu für die Ställe und von Plaggen für die Düngung) führte die Waldweide zu einem Raubbau am Wald. Während der Eintrieb von Schweinen in den Eichen- und Buchenwäldern geringeren Schaden anrichtete, vernichteten Rinder, Schafe und Ziegen den jungen Baumwuchs, der von Ersatzgesellschaften (Trockenrasen, Callunaheide, Triftweiden) verdrängt wurde. Die Waldweide ist mit den Agrarreformen des 18. und 19. Jahrhunderts und aufgrund einer veränderten Tierhaltung praktisch abgelöst bzw. aufgehoben worden. Sie ist heutzutage nur noch regional von Bedeutung.

Waldweide ist heute weder forstwirtschaftlich erwünscht noch landwirtschaftlich ertragreich. In Mitteleuropa beschränkt sie sich heute überwiegend auf höhere Lagen, und zwar auf die Übergangszonen von der Almweide zum Wald. Dem Weidetier vermag sie hier zugleich als Schutzzone gegenüber Witterungseinwirkungen dienen.

Neuerdings wird eine Wiederbelebung der Waldweide im Rahmen von Extensivierungskonzepten für die Landwirtschaft und aus Naturschutzgründen erwogen, die in manchen Gebieten wieder zu einer attraktiven beweideten Parklandschaft führen könnte. Zumindest teilweise wird sie aber ökonomisch nicht tragfähig sein und wie andere Arten der Landschaftspflege und -offenhaltung einer zusätzlichen Finanzierung bedürfen.

Moderne Waldweide dient teilweise ausdrücklich nicht der landwirtschaftlichen Produktion. Der Eintrieb von Weidetieren erfolgt mit dem Ziel, lichte Wälder durch Kurzhalten der Gehölzvegetation zu erhalten, zu entwickeln und mit dem Umland zu vernetzen. Ohne den Vieheintrieb müssten die betreffenden Flächen motor-manuell bearbeitet und das Mäh- und Schnittgut häufig von Hand abtransportiert werden. Gegenüber der historischen Nutzungsform hat sich die Bedeutung moderner Waldweide weg von der Tierernährung, nahezu vollständig auf den Bereich des Artenschutzes und der Landschaftspflege verlagert. Daneben kann ein Beitrag zu Nahrungsergänzung und artgerechter Tierhaltung erreicht werden. Da auf Waldweiden Wald- und Offenlandarten miteinander verzahnt auftreten sind positive Auswirkungen auf die Biodiversität möglich. Waldweiden sind kulturhistorische Zeugnisse und werden aus landschaftsästhetischem Blickwinkel von Erholungssuchenden als schön empfunden. Waldweide kann die Tierhaltung im Offenland gut ergänzen. So dienen Pflanzen der Gras-, Kraut- und Strauchschicht sowohl als Nahrungsergänzung wie auch als „Apotheke“, denn sie können bei geschickter Weideführung bei der Bekämpfung von Tierkrankheiten und Parasiten helfen. (ForstBW 2017)

Auch in den Tropen und Subtropen sind traditionelle silvopastorale Betriebssysteme mit einer ungeregelten Nutzung von Waldgebieten nur noch selten. Größere Bedeutung erlangen moderne silvopastorale Betriebssysteme, die durch eine geregelte Weidewirtschaft, vor allem aber durch die systematische Doppelnutzung von Wäldern zur Holz- und Tierproduktion, gekennzeichnet sind.

(s. a. Agroforstwirtschaft, Agropastoralismus, Waldbrandwirtschaft, Waldgarten)

Weitere Informationen:

Wallhecke

Wallhecken sind Baum- und Heckenreihen, die auf einem zumeist künstlich errichteten Wall aus Erde, Steinen und/oder anderen Materialien (z.B. Torf) wachsen. Oft sind sie beidseits von Gräben gesäumt. Sie wurden und werden zumeist als Grenzmarkierung/-sicherung oder Einfriedung angelegt und sind als solche in manchen Regionen über Jahrhunderte gewachsene, integrale und manchmal auch namensgebende Bestandteile der Kulturlandschaft (Pott, 1989). Die regionale Bezeichnung der Wallhecken ist dabei unterschiedlich. Die in Norddeutschland verbreitete Bezeichnung „Knick“ leitet sich beispielsweise von der Tätigkeit des „Knickens“ ab, dem Umbiegen junger Triebe, mit dem Ziel die Hecken dichter und (z.B. für Vieh) undurchdringlich zu machen (Pott, 1989). Demgegenüber sind Lese(stein)hecken, Gehölzstrukturen, die sich auf Haufen oder Wällen von „Lesesteinen“ (größere Steine, die die Bodenbearbeitung von Ackerland erschweren und daher im Laufe der Jahrhunderte „aufgelesen“ und zur Seite auf Haufen gelegt wurden) entwickelt haben.

Wallhecken zeichnen sich durch eine allgemein hohe Struktur-, Habitats- und somit auch eine hohe Artenvielfalt aus. Als typische Gehölze finden sich – in Abhängigkeit von der Region – beispielsweise Birke, Eiche, Pappel, Weide, Hainbuche, Hasel, Schlehe, Weißdorn, Hundsrose und Schneeball, begleitet von einer großen Vielfalt weiterer Pflanzen- und Tierarten. Wallhecken gelten als ökologisch wertvolle Lebensräume und stehen daher teilweise unter Naturschutz (Bretschneider, 2008).

Als Produkte gewinnt man Brennholz, Grünfutter und Streumaterial.

In Deutschland entstand ein Großteil dieser Hecken Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts im Rahmen der Gemeinheitsteilung. Die neu entstandenen Parzellen mussten von ihren Besitzern innerhalb von 3 bis 4 Jahren eingefriedet werden. Das geschah in der Regel mit Wallhecken. Da die Parzellen meist von staatlich bestellten Vermessungsingenieuren eingemessen wurden, entstand so ein regelmäßiges Heckennetz mit gerader Linienführung.

Dieser Heckentyp findet sich in einem breiten Gürtel am Saum Nordwesteuropas von Dänemark bis zur Iberischen Halbinsel und auch in Mitteleuropa.

(s. a. Bocage-Landschaft, Hecken, Knick)

Weitere Informationen:

Walze

Gerätetyp mit der Aufgabe, Kluten (ndt. für Klumpen) durch Druck zu zerkleinern, Hohlräume zusammenzudrücken (z.B. Andrücken ausgewinterter Saaten nach Frosthebung), zu lockere Ackerkrumen zu komprimieren (Moor) und verkrustete Bodenoberflächen aufzubrechen. Walzen kommen in glatter, gezähnter und gerillter Ausführung vor.

Wanderarbeiter

Erwerbspersonen, die ihren Arbeitsplatz weit entfernt von ihrem Wohnort aufsuchen müssen. Im Sinne der Internationalen Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen vom 18. Dezember 1990 ist ein „Wanderarbeitnehmer“ eine Person, die „in einem Staat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht hat, eine Tätigkeit gegen Entgelt ausüben wird, ausübt oder ausgeübt hat“. Dazu gehören

In Deutschland gab es seit der Restaurationszeit für über Generationen ein stabiles unterbürgerliches Sozialmilieu, das von sozialer Not getrieben – aus wirtschaftlich schwachen Gebieten arbeitssuchend umherzog. Sogenannte „Leutenot“ in der Landwirtschaft sowie „Arbeiternot“ in Industrie, im Straßen- Kanalbau und in der Landwirtschaft (letzteres insbesondere in Norddeutschland) ließen seit den 1890er Jahren die Saisonwanderungen stark ansteigen. Vor dem Ersten Weltkrieg gab es 1,2 Millionen ausländische Wanderarbeiter im Deutschen Reich. Umgekehrt fanden deutsche Wanderarbeiter zum Beispiel als sogenannte Hollandgänger in den Niederlanden, in Belgien, Frankreich und der Schweiz saisonale Arbeit. Ein weiteres Beispiel waren die Sachsengänger. In den Vereinigten Staaten wurden meist obdachlose und umherziehende Wanderarbeiter Hobos genannt, die in wirtschaftlichen Krisenzeiten während des späten 19. Jahrhunderts nach dem Civil War und im frühen 20. Jahrhundert während der Weltwirtschaftskrise nach Arbeit als Erntehelfer, Bau- oder Waldarbeiter suchten.

Laut der Internationalen Organisation für Migration wird die weltweite Anzahl von Wanderarbeitern auf rund 200 Millionen geschätzt. Sie erwartet bis zum Jahre 2050 einen jährlichen Zuwachs um 2,3 Millionen. Diese Zuwachsrate sei um 40 Prozent höher als jene zwischen den Jahren 1960 bis 2005, als jährlich etwa 1,6 Millionen Personen auf der Suche nach Arbeit die Grenzen überschritten. In Europa leben 70,6 Millionen Zuwanderer aus anderen Regionen, gefolgt von Nordamerika mit 45,1 Millionen und der Arabischen Halbinsel mit 18,8 Millionen.

Nach Schätzungen arbeiteten 2016 etwa 315.000 Saisonarbeitskräfte in der deutschen Landwirtschaft. Davon sind rund 95 Prozent nichtdeutscher Herkunft. Die Anzahl der Arbeitskräfte aus Polen ist in den letzten Jahren erheblich zurückgegangen, die Anzahl der Arbeitskräfte aus Rumänien hingegen deutlich gestiegen. Aus Rumänien dürften 2016 rund 180.000 Erntehelfer gekommen sein, aus Polen rund 100.000. Die übrigen rund 20.000 ausländischen Saisonarbeitskräfte kommen vornehmlich aus Bulgarien, Tschechien, der Slowakei sowie Kroatien.

Wanderfeldbau

Anbauflächenwechsel in tropischen Entwicklungsländern (vornehmlich in Afrika, auch in Südamerika und SO-Asien) verbunden mit einer Verlegung der Siedlung. Die Anbaufläche wird nach kurzer Nutzung (ca. 2 Jahre) aufgegeben. Eine erneute Inkulturnahme erfolgt erst nach langer Brache. Die Verlegung der Felder führt zu einer zunehmenden Entfernung der Felder von den Wohnsiedlungen, was schließlich bei zu großen Distanzen eine Verlagerung der Siedlungen bedingt. Die Verlegung der Wohnplätze ist häufig nicht nur durch das Bodennutzungssystem bedingt, sondern kann auch andere Ursachen haben: religiöse Gründe, Zauberei, Häufung von Krankheiten, Streit mit Nachbarn, ständige Wildschäden.

Die Mobilität der Flächennutzung verhindert die Entstehung fester Wegenutzung und fester landwirtschaftlicher Infrastrukturen. Tribalistische Bodenbesitzformen sind kennzeichnend. Bei unsicherer Datenlage schätzt man, dass zu Anfang des neuen Jahrhunderts noch 37 Mio. Menschen von dieser kleinflächigen, extensiven Form des Feldbaus abhängig waren, und dass vermutlich nur mehr circa 30 % der kultivierbaren Böden in den Tropen auf diese Weise genutzt werden.

Jedenfalls ist der Wandefeldbau seit Jahrzehnten im Rückgang begriffen. Gründe hierfür sind die wachsende Bevölkerung, die Kommerzialisierung der Agrarprodukte und die verbesserte Erschließung früher schwer zugänglicher Gebiete.

In Südostasien beispielsweise ist heute der nomadisierende Wanderfeldbau nur noch rudimentär in Peripherieräumen erhalten. Er wurde schon seit Längerem von einer mehr oder weniger geregelten Landwechselwirtschaft mit permanenten Siedlungen zurückgedrängt. Hierbei werden die Felder eines Dorfe innerhalb eines bestimmten Areals im Wechsel von Anbau- und Brachejahren genutt. Gerodet wird somit vornehmlich Sekundärwald im Rhythmus von 15 bis 30 Jahren. Dieses System war bzw. ist fast stes subsistenzorientiert und nur dann praktizierbar, wenn der Bevölkerungsdruck nicht zu groß ist und ausreichend Sekundärwaldflächen für die wachsende Bevölkerung zur Verfügung stehen.

Weitere Merkmale des Wanderfeldbaus:

Bei geringen Bevölkerungsdichten und großen Landreserven stellt der Wanderfeldbau eine optimale Anpassung an die ökologischen Möglichkeiten dar. Nicht der Wanderfeldbau gilt als Hauptzerstörer der Tropenwälder, sondern vielmehr die moderne Agrarkolonisation.
Wanderfeldbau wird nicht nur in den Tropenregionen praktiziert, sondern wurde als agrarhistorischer Entwicklungsschritt auch von den meisten Landwirtschaften der Außertropen durchgemacht. Das Landwechselprinzip gilt als erster Schritt vom natürlichen Ökosystem zu landwirtschaftlichen Bodennutzung auf kleinbäuerlicher Ebene.

Die Böden, auf denen auch heute noch der Wanderfeldbau betrieben wird, weisen einige Besonderheiten auf, die für die Gebiete der Außertropen, in denen der Wanderfeldbau überwunden wurde, nicht gelten. Es sind dies Faktoren, die limitierend auf das Pflanzenwachstum wirken und nur schwer vom Menschen verändert werden können (geringe Restmineralgehalte, rascher Abbau organischer Substanz, geringe Kationenaustauschkapazität).

Die Bezeichnung Wanderfeldbau wird in der aktuellen deutschsprachigen Fachliteratur häufig durch das englische shifting cultivation ersetzt. Aber es besteht hinsichtlich der Definition der verschiedenen Formen und Übergangsstufen der Landwechselwirtschaft in der Literatur keine Einigkeit. Die Begriffe shifting cultivation, slash-and-burn agriculture und swidden agriculture (dt. Schwendbau) werden entweder synonym oder auch unterschiedlich verwendet. Der deutsche Begriff Brandrodungsfeldbau beschreibt dieses Nutzungssystem nicht genau, da der Wald nicht gerodet, sondern nur abgebrannt wird. Demgegenüber deckt der Begriff Schwendbau die verschiedenen Definitionen wohl am besten ab.

(s. a. Landwechselwirtschaft, shifting cultivation, Waldbrandwirtschaft)

Wanderschäferei

Eine Form mitteleuropäischer Transhumanz. Die Wanderschäferei tritt mit ihren Herdenwanderungen bevorzugt in SW-Deutschland, insbesondere im Gebiet der Schwäbischen Alb, des Schwarzwaldes und des Oberrheinischen Tieflandes auf.

Kennzeichen der Wanderschäferei ist die Haltung einer relativ großen Schafherde mit meist deutlich über 100 Muttertieren unter ständiger Aufsicht eines Schäfers und die Ernährung dieser Herde zum überwiegenden Teil des Jahres oder sogar ausschließlich auf ständig wechselnden fremden Flächen.

Wanderweidewirtschaft

Wanderweidewirtschaft, auch Transhumanz, ist eine vorwiegend marktorientierte Form extensiver Fernweidewirtschaft unter der Obhut von halbsesshaften oder halbnomadischen Hirten mit einem klimabedingten saisonalen Wechsel der in verschiedenen Klimazonen liegenden Weidegebiete, weil diese jeweils nur während einer Jahreszeit ausreichend Futter bieten. In der kalten oder trockenen Jahreszeit weidet das Vieh (zumeist) nah am dauerhaften Wohnort der sesshaften Eigentümer, während es die übrige Zeit auf entfernten Weiden in einer anderen Klimazone verbringt. Vor allem wird der Begriff für Wanderungen zwischen verschiedenen Höhenstufen der Gebirge verwendet. Die Eigentümer selbst betreiben Ackerbau oder gehen anderen Berufen nach.

Wanderweidewirtschaft findet in jeder Periode grundsätzlich auf natürlich entstandenem, zumeist nicht eingehegtem Weideland statt und ist eine Form der Landnutzung, die Pastoralismus genannt wird (Naturweidewirtschaft). Eine Stallhaltung im Winter (wie bei der Almwirtschaft) kommt bei den klassischen Formen nur selten vor und geschieht nicht aus klimabedingter Notwendigkeit.

Da die Wanderweidewirtschaft auf historische Kulturen von Hirtenvölkern zurückgeht und zum Teil auch zur Selbstversorgung (Subsistenzwirtschaft) praktiziert wird, gehört sie zu den traditionellen Wirtschaftsformen. Wenn die eigene Bedarfsproduktion im Vordergrund steht, spricht man auch von „transhumantem Agropastoralismus“. Ethnologisch betrachtet vereinen sich unter dem Begriff alle Übergangsformen zwischen vollnomadisch beziehungsweise mobilen- und sesshaft beziehungsweise stationären Nutztierhaltern. Wanderweidewirtschaft ist nicht mit Nomadismus zu verwechseln, auch wenn sie heute eine häufige Form der mobilen Tierhaltung ehemaliger Nomadenvölker ist.

Teilweise wird der Begriff Wanderweidewirtschaft auch allgemeiner als Synonym für jegliche Form der Fernweidewirtschaft gebraucht.

Weitere Informationen:

Warenkette

Engl. commodity chain; allgemein die Abfolge von Schritten von der Gewinnung des Rohmaterials über verschiedene Bearbeitungsstufen, Distributions- und Handelssysteme bis hin zum Endverbraucher. Innerhalb der Warenkette treten nicht nur materielle Lieferbeziehungen auf, es fließen auch Informationen, es sind Machtbeziehungen zwischen den Akteuren zu beobachten, und es bestehen räumliche Konzentrationen bestimmter Schritte bzw. Segmente. Insbesondere die Verfügbarkeit von strategischen Informationen und die Marktposition prägen die Machtbeziehungen. Sie lassen sich ausdrücken durch die Anteile der einzelnen Akteure in der Wertschöpfungskette. Für die Landwirtschaft wurden in verschiedenen Untersuchungen käuferdominierte Ketten nachgewiesen. Landwirtschaftliche Betriebe sehen sich oft hohen externen Abhängigkeiten und ungünstigen Marktverhältnissen ausgesetzt, z.B. gegenüber großen Handelsketten.

Heute befindet sich nicht nur der ländliche Raum, sondern auch die gesamte landwirtschaftliche Warenkette von der Produktion bis zum Einzelhandel in einem Strukturwandel. So verändert sich die Agrar- und Lebensmittelproduktion innerhalb und außerhalb der landwirtschaftlichen Betriebe durch neue Produktions-, Informations- und Kommunikationstechnologien sowie die biologisch-chemische Forschung in ihrer Effizienz und Qualität. Gleichzeitig vollzieht sich betriebsextern ein starker mit diesen Veränderungen wechselwirkender räumlicher Wandel der Organisation landwirtschaftlicher Warenketten.

Bis in die 1960er Jahre waren in Europa große Teile der Ernährungswirtschaft auf kleinräumige Versorgungsbeziehungen ausgerichtet. Regional erzeugte landwirtschaftliche Produkte wurden in den benachbarten städtischen Zentren verarbeitet und von der ansässigen Bevölkerung konsumiert. Die starke regionale Bindung der traditionellen Produktionsketten hatte ihre Ursache in der leichten Verderblichkeit vieler landwirtschaftlicher Produkte und dem hohen Transportaufwand.

Heute sind die ökonomischen Verflechtungen zunehmend komplexer, und landwirtschaftliche Warenketten werden durch technologische, soziale, politische und ökonomische Rahmenbedingungen beeinflusst. Durch technologische und organisatorische Innovationen wurden die kleinräumigen Wirtschaftskreisläufe zu großen Teilen aufgelöst und die Einzugs- und Absatzgebiete auf die nationale und internationale Ebene erweitert. Dies führt in der Landwirtschaft zu größeren, industriemäßig arbeitenden und stärker an Skalenerträgen ausgerichteten Betrieben.

Weitere Folgen dieser Entwicklung:

Die Globalisierung der Lebensmittel‐Warenketten bietet den Landwirten weltweit die Chance der Absatzsicherung. Gleichzeitig ergeben sich Herausforderungen für die Lebensmittelsicherheit, deren Bedeutung bei den Lebensmittel- und Futtermittelkrisen vor einigen Jahren deutlich wurde (EHEC - Sprossen ägyptischer Bockshornkleesamen, Noroviren - chinesische Erdbeeren, Dioxin - Futtermittel). Aber auch bio- und agro-terroristische (BAT)-Schadenslagen spielen potentiell eine Rolle. Diesen Herausforderungen begegnen in Deutschland beispielsweise das Thünen-Institut mit Forschungsprojekten (SiLeBATZoonosen‐Projekt) und aufgabengemäß das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR).

Um Warenketten in Deutschland und Europa nachverfolgen zu können, sind die Lebensmittel- und Futtermittelunternehmen verpflichtet, alle Zulieferer und Empfänger ihrer Produkte zu dokumentieren. Bei einer Rückverfolgungsuntersuchung werden diese Dokumente von den zuständigen Behörden abgefragt. Im Schadensfall beginnt dieses Verfahren mit den Unternehmen, die in Frage kommende Waren direkt an die mit demselben Erreger erkrankten Beteiligten verkauft haben. Auf diese Weise können Schritt für Schritt die relevanten Warenketten zurückverfolgt und dadurch möglicherweise die Quelle des Erregers gefunden werden.

Ein weiteres Problemfeld ist Lebensmittelbetrug, bei dem vor allem 10 Produktgruppen auffällig sind: Olivenöl, Fisch, Bio-Lebensmittel, Milch, Getreide, Honig und Ahornsirup, Kaffee und Tee, Gewürze (wie Safran und Chilipulver), Wein, bestimmte Obstsäfte.

Daneben besteht eine wachsende Kritik seitens der Zivilgesellschaft an der Exportorientierung der Landwirtschaft angesichts der möglichen Folgen für die Ressourcennutzung in Deutschland (Boden‐, Klima‐, Tierschutz u. w.) oder die Marktsituation in Einfuhrländern.

(s. a. Filière-Konzept, Lieferkette, Wertschöpfungskette)

Warenterminbörse

Börse, die Geschäfte mit Produkten vornimmt, wobei erst nach einer vereinbarten Frist bestimmte Mengen und Qualitäten eines Gutes zu einem vorher festgelegten Preis gekauft bzw. verkauft werden müssen.

An Warenterminbörsen (engl.: Commodities futures exchange) können Landwirte auf ihre Produkte sogenannte Terminkontrakte abschließen und hierdurch die Preise für ihre Ernte (z.B. Weizen, Raps, Mais), Tiere (Mastschweine, Ferkel, Rinder u. w.) oder tierischen Produkte absichern.

Die Kontrakte an der Warenterminbörse sind standardisiert. Das bedeutet, dass die Liefermenge, der Liefertermin sowie die Qualität der gehandelten Waren und Agrarprodukte genau definiert sind. Auch der Erfüllungsort ist in der Regel festgelegt und erfolgt meist nach internationalen Handelsklauseln (Incoterms). Wenn beispielsweise ein vorab vereinbarter Verladehafen bestimmt wurde, spricht man in diesem Zusammenhang von FOB (frei an Bord, engl.: free on board).

Vorteile einer Warenterminbörse für die Landwirtschaft:

Wie bei allen Warenterminbörsen liegen für beide Vertragspartner Risiken vor. Unter Umständen könnte der Landwirt seine Produkte zu dem vereinbarten Termin zu einem höheren Preis verkaufen, aber auch umgekehrt ist es möglich, dass der Marktpreis zu diesem Zeitpunkt niedriger liegt. Der Abnehmer – häufiger Verarbeiter als der Handel – geht genauso ein Risiko ein.

Eine Gefahr besteht zurzeit darin, dass Spekulationen auf landwirtschaftliche Produkte vorgenommen werden, was zu Veränderungen der normal erwarteten Preise führt und für alle Beteiligten gefährlich ist.

Warentermingeschäfte mit landwirtschaftlichen Produkten sind in anderen Ländern (USA, Frankreich, Niederlande) schon lange üblich, z.B. wenn Ölmühlen eine bestimmte Menge Sojabohnen zu einem bestimmten Termin und Preis orderten. Bei Eurex (Abk. für European Exchange) gibt es seit 2009 auch für Deutschland diese Möglichkeit - allerdings noch nicht für alle Produkte. Die 1848 gegründete Chicago Board of Trade ist weltweit die älteste sowie umsatzstärkste Terminbörse. Insgesamt existieren 47 dieser Börsen; seit 1998 gibt es in Hannover auch einen deutschen Warenterminmarkt. Dort werden Futures auf Kartoffeln, Weizen, Schlachtschweine, Rapsprodukte (Saat, Schrot und Öl), Heizöl und Altpapier gehandelt.

Wichtige internationale Warenterminbörsen:

Weitere Informationen:

Warenterminkontrakt

Ein Warenterminkontrakt (engl. commodity future) ist ein standardisierter Vertrag (Terminkontrakt) über den Kauf oder Verkauf einer bestimmten Menge von Waren und Gütern (z. B. Weizen, Baumwolle, Zucker, Kaffee, etc.) zu einem festgelegten Preis, an einem bestimmten Datum.

Die Notierungen von Warenterminkontrakten sind abhängig vom physischen Angebot und der Nachfrage. Gibt es z. B. in Brasilien, einem Hauptanbauland von Kaffee, einen Frost, der die jungen Kaffeepflanzen beschädigt, so steigen die Futures aufgrund des sinkenden Angebots. Es existieren weltweit 47 Warenterminbörsen, auf denen Termingeschäfte über mengen- und qualitätsmäßig standardisierte Naturprodukte und Waren abgeschlossen werden.

Seit ca. 2005 sind Vorschriften, die sich einst gegen die exzessive Finanzspekulation bei Agrarerzeugnissen richteten, immer mehr gelockert worden. Seither gewinnen Finanzdienstleister immer mehr Einfluss auf das globale Ernährungssystem. Beim Warenterminhandel können ausgefeilte Finanzinstrumente die Kursausschläge enorm verstärken.

Die Spekulation spielt bei der gestiegenen Nachfrage nach Kapitalanlagen, die auf Agrarland und -produkten basieren, eine bedeutende Rolle. Beispielsweise sind Agrarinvestitionen von Pensionsfonds - Wertpapiere auf der Basis landwirtschaftlicher Produkte, um aus deren Erlösen künftige Betriebsrenten zu zahlen - sind von 66 Mrd. US-Dollar im Jahre 2002 auf 320 Mrd. US-Dollar im Jahr 2012 gestiegen. Weitere institutionelle Investoren vor allem in den USA, die sehr große Summen Kapital anlegen müssen, sind Versicherungen, Investment-, Hedge- und die Stiftungsfonds von Universitäten.

Der Handels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (UNCTAD) zufolge tragen Inverstitionen in Agrarrohstoffmärkte dazu bei, dass die Preise für Nahrungsmittel steigen und stärker schwanken. Für Menschen in armen Ländern kann dies verheerende Folgen haben. Außerdem sind Bauern mit größeren wirtschaftlichen Unsicherheiten konfrontiert, wenn Nahrungsmittelpreise stärker schwanken.

Weitere Informationen:

Wasserbedarf

Die Pflanze benötigt Wasser zur Erhaltung des Quellungszustandes ihres Zellplasmas, für die Assimilation, zum weitaus größten Teil aber für die Aufrechterhaltung eines Transportstroms aus dem Wurzelbereich zu den transpirierenden Blättern. Der Wasserverbrauch einer Kultur ist höchst unterschiedlich, je nach Pflanzenart und Klimazone. Er setzt sich aus der Verdunstung des Bodens und der Pflanze zusammen. Der Wasserbedarf der Pflanze schwankt mit ihrer Wachstumsphase. Die meisten Kulturen benötigen hohe Wassergaben in der Hauptwachstumszeit und vor dem Fruchtansatz, während der Reifezeit geht der Wasserbedarf rapide zurück. Für manche Pflanzen, wie Baumwolle oder Dattelpalme sind Regenfälle während der Reifezeit sogar höchst schädlich.

Für die Bewertung des Niederschlags für das Pflanzenwachstum ist weniger die Jahressumme, als vielmehr das Verhältnis vom Jahresgang zu den Vegetationszeiten der wichtigsten Kulturpflanzen von Bedeutung. Das gilt vor allem für wechselfeuchte Tropen mit klar abgegrenzten Regenzeiten, die hier die hygrisch gesteuerten Vegetationszeiten darstellen. Von großer Bedeutung ist auch die Art des Niederschlags: Schnee ist für das Pflanzenwachstum von geringem Wert, eine Schneedecke kann allerdings als Frostschutz wertvoll sein. Leichte Regenfälle erreichen kaum den Wurzelbereich, bei Starkregen ist der Oberflächenabfluss oft höher als die in den Boden eindringende Menge. Am wirksamsten sind anhaltende Landregen.

Weitere Informationen:

Wasserbüffel

Der Wasserbüffel (Bubalus arnee) gehört zu den Rindern (Bovinae) und ist die am weitesten verbreitete und bekannteste Art der Asiatischen Büffel (Bubalus). Er ist vielerorts zum Haustier geworden, wilde Wasserbüffel hingegen sind heute eine Seltenheit.
Weltweit gibt es 150 Millionen domestizierte Wasserbüffel (Hausbüffel). Aufgrund der Umstellung auf maschinelles Pflügen ist der Einsatz und damit auch die Zahl dieser Arbeitstiere in den letzten ca. 25 Jahren drastisch zurückgegangen (besonders z. B. in Thailand).
Wahrscheinlich wurden der Flussbüffel und der Sumpfbüffel – die beiden wichtigsten Typen der Wasserbüffel – unabhängig voneinander domestiziert: zuerst der Flussbüffel in Indien vor etwa 5000 Jahren, dann der Sumpfbüffel in China vor etwa 4000 Jahren.
Vom Industal aus kamen Hausbüffel nach Mesopotamien, von Indien und China gelangten sie nach Südostasien. Schon lange vor der Zeitenwende gab es in diesem gesamten Verbreitungsgebiet domestizierte Büffel. Heute ist Indien das Land mit den meisten Hausbüffeln, gefolgt von Pakistan und China.

In historisch jüngerer Zeit gelangten Wasserbüffel auch in andere Regionen: In Nordafrika (vor allem Ägypten), Südamerika (vor allem Brasilien), Süd- und Mitteleuropa, Mauritius, Australien, Hawaii und Japan werden heute in unterschiedlichem Maße Wasserbüffel gehalten. In Europa werden Büffel in Italien, Rumänien und Bulgarien in größerem Stil genutzt. In Ungarn leben noch etwa 200 Büffel, ein kleiner Restbestand von ehemals 100.000 Büffeln. In Australien, wo die Büffelhaltung weitgehend aufgegeben wurde, verwilderten die Tiere und besiedelten den Norden, wo sie heute in etwa 200.000 Exemplaren vorkommen.

Wasserbüffel stellen bei ihrem Futter keine besonders hohen Ansprüche und sind auch nicht sehr krankheitsanfällig. Deswegen haben sie eine relativ hohe Lebenserwartung und können somit auch dem Menschen lange Zeit als Milchlieferanten dienen.

Nutzung

Wasserbüffel werden zum Pflügen von Reisfeldern und als Lasttiere verwendet. Milch, Fleisch und Leder werden ebenfalls genutzt. Ein weiterer Vorteil des Wasserbüffels liegt darin, dass er von BSE nicht betroffen ist; Büffel in China erkranken gelegentlich an der Maul- und Klauenseuche.

Weitere Informationen:

Wassererosion

Als Wassererosion wird der Abtrag von Bodenmaterial bezeichnet, der durch hang- und talwärtigen Abfluss auf der Bodenoberfläche ausgelöst wird. Sie findet als Oberflächenabfluss oder in fließenden Gewässern statt. Die Wassererosion dient dem Ausgleich des Gefälles. Es gibt unterschiedliche Strömungsgeschwindigkeiten und Turbulenzen. Das Meeresspiegelniveau ist die absolute Erosionsbasis, bis zu der die Wassererosion wirksam werden kann. Lokale Erosionsbasen können Seen, Ebenen oder auch Fließgewässer sein.

Bei Bodenerosion handelt es sich grundsätzlich um natürliche Prozesse, die aber durch verschiedene Formen der Landnutzung verstärkt oder durch diese an bestimmten Standorten erst ausgelöst werden.

Wassererosionen werden durch Niederschläge und oberflächlichen Wasserabfluss verursacht. Besonders gefährdet sind verdichtete Böden ohne bzw. mit geringer Vegetationsdecke und Böden in Hanglagen. Das durch Wassererosion abgetragene Bodenmaterial wird teilweise in den Tälern deponiert (Hochflutlehm) und kann dort zur Verschlickung und Verlandung von Flüssen führen. Die größeren Mengen werden jedoch mit den Flüssen zum Meer transportiert und dort im Deltabereich abgelagert. Durch die nährstoffreichen, zum Teil auch schadstoffbelasteten Sedimente können marine Ökosysteme eutrophiert und nachhaltig beeinträchtigt werden. Besondere Beispiele für diese Formen der Belastung mit pedogenen Schadstofffrachten sind die Ostsee und der Persische Golf (vgl. WBGU 1993, S. 79).

Das Phänomen Wassererosion wird in Ausmaß und Form durch folgende Faktoren bestimmt:

Bei Schäden, die auf Ackerflächen selbst entstehen, spricht man von On-Site-Schäden. Dazu gehören die Verletzung, Entwurzelung, Überdeckung und Vernichtung von Kulturpflanzen, das Wegspülen von Saatgut, Dünge- und Pflanzenschutzmitteln vom Austragungsort und die Entstehung von Erosionsrinnen auf Äckern.

Off-Site-Schäden der Wassererosion sind hingegen Folgen von Stoffausträgen aus den Quellflächen. Bodenteilchen und Düngemittel gelangen mit abfließendem Wasser in benachbarte Ackerparzellen, in Vorfluter oder in Biotope. Schlamm kann angrenzende Straßen, Wege und Gräben stark verschmutzen.

Weitere Informationen:

Wasserfußabdruck

In Deutschland verbraucht jeder Einwohner täglich 123 Liter beziehungsweise eine gefüllte Badewanne Wasser – zum Duschen, Kochen oder Trinken. Neben den Wasserentnahmen z. B. in Deutschland (direkte Wassernutzung) wird auch im Ausland Wasser für von uns eingeführte Produkte und Güter eingesetzt. Damit nutzen wir indirekt Wasser im Ausland. Der Wasserfußabdruck führt die direkte und indirekte Wassernutzung zusammen und bildet die gesamte Wassernutzung ab.

Tag für Tag kommen nach Angaben des Umweltbundesamts pro Kopf mehr als 3.900 Liter zur o.g. Litermenge dazu. Diese enorme Menge Wasser verbrauchen wir indirekt durch den Konsum von Gütern aus Industrie und Landwirtschaft. Denn in jedem Produkt steckt sogenanntes virtuelles Wasser, das bei der Produktion verbraucht wurde. Das gilt auch für unsere Lebensmittel.

Der Wasserfußabdruck berechnet die gesamte Wassermenge, die – je nach Betrachtung – von einer Nation, von einem Unternehmen oder für die Herstellung eines bestimmten Produkts in Anspruch genommen wird. Das Besondere an diesem Konzept ist, dass es unseren Konsum mit der Wassernutzung in den Herstellerregionen verbindet, indem es zeigt, dass wir mit Produkten und Gütern immer auch Wasser ein- beziehungsweise ausführen und sich somit unser täglicher Konsum in Deutschland auf Wasserressourcen weltweit auswirkt.

Es gibt verschiedene Ansätze zur Berechnung des Wasserfußabdrucks. Eine Differenzierung des genutzten Wassers in unterschiedliche Kategorien ist für eine Bewertung des Wasserfußabdrucks hilfreich. „Grünes Wasser“ ist das natürlich vorkommende Boden- und Regenwasser, welches von Pflanzen aufgenommen und verdunstet wird. Es ist somit vor allem für landwirtschaftliche Produkte relevant. „Blaues Wasser“ ist Grund-oder Oberflächenwasser, das zur Herstellung eines Produktes genutzt wird und nicht mehr in ein Gewässer zurückgeführt wird. In der Landwirtschaft ist es das Wasser zur Bewässerung, das von den Pflanzen aufgenommen und verdunstet wird. Weniger verbreitet ist die Berücksichtigung des grauen Wasserbedarfs. „Graues Wasser“ ist die Wassermenge, die während des Herstellungsprozesses verschmutzt wird. Neben der industriellen fällt auch bei der landwirtschaftlichen Produktion graues Wasser an, indem durch den Einsatz von Agrarchemikalien Schadstoffe in Boden und Gewässer gelangen. Eine andere Möglichkeit ist, das graue Wasser über die Wassermenge abzubilden, die notwendig wäre, um das verschmutzte Wasser so zu verdünnen, dass relevante Grenzwerte eingehalten werden.

Wasserfußabdruck landwirtschaftlicher Erzeugnisse

Berechnungen des Wasserfußabdrucks liegen vor allem für landwirtschaftliche Produkte vor. Nach Angaben von Hoekstra et al. wird für eine Tasse Kaffee beispielsweise weltweit ein durchschnittlicher Wasserfußabdruck von 130 l pro Tasse angegeben. Dieser besteht zu 96 % aus grünem, zu 1 % aus blauem und zu 3 % aus grauem Wasser. Für ein Kilo Rindfleisch wird der durchschnittliche Wasserfußabdruck auf 15.400 Liter beziffert, mit einem Anteil von 94 % an grünem Wasser. Für ein Baumwollshirt (ca. 250 Gramm) wird ein Wasserfußabdruck von 2.500 Liter errechnet. Dabei ist der Anteil von blauem Wasser mit 33 % deutlich höher als bei den zuvor genannten Produkten. 54 % entstehen durch grünes, 13 % durch graues Wasser.

In der Regel liegt der Wasserverbrauch für die Erzeugung tierischer Lebensmittel deutlich höher als beim Anbau pflanzlicher Nahrung. Der Grund ist einfach: Nutztiere brauchen viel Futter, für dessen Erzeugung in der Regel große Mengen an Wasser benötigt werden. So stammen von den genannten 15.400 Liter Wasser für ein Kilogramm Rindfleisch 99 Prozent aus der Futtererzeugung.

Die Angabe von globalen Durchschnittswerten hat allerdings nur eine begrenzte Aussagekraft für die Einschätzung der ökologischen Auswirkungen. Eine differenzierte Betrachtung je nach Anbauregion zeigt, dass sich nicht nur der Wasserbedarf für die Herstellung sondern auch die Anteile von blauem und grünem Wasser für ein Produkt stark unterscheiden können.

Berechnungen des Statistischen Bundesamtes haben ergeben, dass Deutschland im Jahr 2010 für die inländische Erzeugung an pflanzlichen Rohprodukten rund 50 Milliarden Kubikmeter Wasser eingesetzt hat. Demgegenüber stehen 103 Milliarden Kubikmeter virtuelles Wasser, das mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Ernährungsgütern importiert wurde. Von diesen indirekten Wasserimporten entfielen 95 Prozent auf grünes und 5 Prozent auf blaues Wasser.

Entscheidend für unseren Wasserverbrauch ist also nicht nur, ob wir Gemüse oder Fleisch in unseren Einkaufskorb legen, sondern auch, woher es kommt und ob es am Ort der Erzeugung intensiv bewässert werden musste. Beim täglichen Lebensmitteleinkauf kann also jeder von uns seinen individuellen Wasserfußabdruck verbessern, indem wir vermehrt Lebensmittel mit einem niedrigen Wasserverbrauch kaufen und solche vermeiden, für deren Bewässerung in Trockenregionen viel kostbares blaues Wasser eingesetzt werden muss.

Das Beispiel Baumwolle

Baumwolle ist die mit Abstand am häufigsten eingesetzte Naturfaser für Kleidungsstücke. Die Herstellung von Bekleidung aus Baumwolle ist jedoch mit erheblichen Umweltbelastungen verbunden. Diese entstehen sowohl beim Anbau von Rohbaumwolle als auch bei deren Verarbeitung in der Textilindustrie. Die Rohbaumwolle hat beim Anbau einen sehr hohen Wasserbedarf und auch bei der Garnherstellung und der weiteren Verarbeitung werden große Mengen an Prozesswasser benötigt.

Der Wasserbedarf der Rohbaumwolle hängt maßgeblich von den klimatischen Bedingungen in den Anbauländern ab. Bei den vier größten Anbauländern China, Indien, Vereinigte Staaten und Pakistan unterscheidet sich der Wasserbedarf der Baumwollpflanze – das ist das gesamte Wasser, das die Pflanze verdunstet – um den Faktor 4 (zwischen 2 000 Kubikmeter je Tonne Rohbaumwolle in China und 8 700 Kubikmeter in Indien). Im weltweiten Durchschnitt ergibt sich in Bezug auf die geerntete Rohbaumwolle ein spezifischer Wasserbedarf von rund 3 600 Kubikmeter je Tonne, in Bezug auf die daraus hergestellte Baumwollfaser ein Wasserbedarf von 8 500 Kubikmeter je Tonne. Rund die Hälfte des beim Anbau benötigten Wassers wird weltweit durch Niederschlagswasser (sogenanntes "grünes" Wasser), die andere Hälfte durch Bewässerungswasser aus Fließgewässern oder Grundwasser ("blaues" Wasser) abgedeckt. Diese Anteile unterscheiden sich jedoch zwischen den Anbauländern erheblich: Beispielsweise wird der Wasserbedarf in Indien überwiegend durch Niederschlagswasser, in Pakistan dagegen überwiegend und in Ägypten sogar ausschließlich durch Bewässerungswasser gedeckt.

Wasserherkunft beim Baumwollanbau 2010 in %

Wasserherkunft beim Baumwollanbau 2010 in %

Baumwolle wird in Indien überwiegend mit Niederschlagswasser („grünem Wasser“) bewässert, während es sich in Usbekistan fast ausschließlich um Bewässerungswasser („blaues Wasser“) handelt.
Starke Bewässerung kann zu wesentlichen Umweltbelastungen führen, vor allem wenn die Entnahmen aus Oberflächen- oder Grundwasser die natürliche Regeneration übersteigen oder in Konkurrenz mit dem Wasserbedarf für die Trinkwasserversorgung oder für Ökosysteme stehen. Ein bekanntes Beispiel für eine ökologische Katastrophe ist das Austrocknen des Aralsees. Der einstmals viertgrößte Binnensee der Erde mit einer Flächenausdehnung von 68.000 km² verlor bis 2007 aufgrund gigantischer Wasserentnahmen für den Baumwollanbau 90 % seines Wasservolumens bei einem gleichzeitigen Anstieg des Salzgehalts.

Quelle: DESTATIS

(s. a. virtuelles Wasser)

Weitere Informationen:

Wasserhaushaltsgesetz

Das Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz – WHG), das ursprünglich bereits aus dem Jahr 1957 stammt, bildet den Kern des Gewässerschutzrechts. Sein Zweck ist es, durch eine nachhaltige Gewässerbewirtschaftung die Gewässer als Bestandteil des Naturhaushalts, als Lebensgrundlage des Menschen, als Lebensraum für Tiere und Pflanzen sowie als nutzbares Gut zu schützen (§ 1 WHG). 2002 wurde das WHG umfassend novelliert, um die im Jahr 2000 in Kraft getretene Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union umzusetzen. 2009 schließlich wurde das Wasserrecht des Bundes grundlegend neu gestaltet. Am 31. März 2010 ist das WHG in Kraft getreten und löst das bisherige Rahmenrecht nun durch Vollregelungen des Bundes ab. Das WHG vereinheitlicht das Wasserrecht bundesweit, gestaltet es klarer und übersichtlicher und erleichtert die Anwendung in der Praxis. Es bringt aber auch einige wichtige neue Vorschriften, um das Ziel eines umfassenden Gewässerschutzes noch besser umsetzen zu können.

Die Betroffenheit der Landwirtschaft durch das WHG ergibt sich aus ihrer Rolle als Gebraucher bzw. Verbraucher von Wasser, durch Aufgaben im Rahmen der Gewässerunterhaltung sowie der Beachtung der Gewässer bei Bodenbearbeitung, Düngung und Pflanzenschutz. Besondere Bedeutung hat das WHG für Betriebe, die in Wasserschutzgebieten gelegen sind.

(s. a. Umweltwirkungen)

Weitere Informationen:

Wasserleitfähigkeit

Durchlässigkeitsvermögen des Bodens für Wasser. Sie wird für den Zustand voller Wassersättigung (Füllung aller Poren, verwirklicht in Stau- und Grundwasserhorizonten) und für den ungesättigten Zustand (häufigster Zustand des durchwurzelten Bodenraumes) beschrieben.
Im Zustand voller Wassersättigung (maximaler leitender Fließquerschnitt senkrecht zur Fließrichtung) ist sie vom Porenvolumen, von der Porengrößenverteilung (vor allem vom Anteil der Grobporen) und der Porenkontinuität abhängig und damit auch von der Körnung und vom Bodengefüge. Je größer der Grobporenanteil und je besser deren Kontinuität, desto größer die Wasserleitfähigkeit im gesättigten Zustand.
Die Wasserleitfähigkeit nimmt bei ungesättigten Zuständen mit abnehmendem Wassergehalt (Entleerung der Poren, bei den Grobporen beginnend) wegen des abnehmenden leitenden Fließquerschnitts ebenfalls ab.

Wässerwiesen

Wiesenflächen unterschiedlicher Größe, denen von natürlichen Bach- oder Flußläufen oder von Kanälen, Gräben und Rinnen Wasser so zugeführt und darauf verteilt wird, daß eine gleichmäßige Befeuchtung erfolgt. Gleichzeitig bewirkt das aufgebrachte Wasser eine gleichmäßige Verteilung von auf der Grasfläche befindlichen Dungstoffen.

Diese heute nur noch selten praktizierte Bewirtschaftungsform geht bis ins Hochmittelalter zurück. Im 12. Jahrhundert gab es z. B. schon Wässerungsanlagen im unteren Wiesetal (Südschwarzwald) oder auch in Isny im Allgäu.

Gleichfalls ist die meist genossenschaftlich organisierte Wiesenbewässerung im Großraum Schwabach-Nürnberg-Erlangen-Forchheim seit dem Mittelalter belegt und dient der Ertragssteigerung bei Gras, Heu und Grummet auf den sandigen, wasserdurchlässigen und nährstoffarmen Böden des vergleichsweise niederschlagsarmen Mittelfränkischen Beckens. Über Grabensysteme und Wehre gelangt das Wasser aus den Fließgewässern auf die Wiesen, teilweise werden von der Strömung angetriebene Wasserschöpfräder eingesetzt. Die seit Jahrhunderten kultivierten Wässerwiesen zeichnen sich durch eine hohe Biodiversität aus und haben wichtige Funktionen für das Stadtklima und die regionale Kulturlandschaft.

Der Zweck der Bewässerung war die Verbesserung des Wasserhaushalts ('wässernde Bewässerung'), die Verlängerung der Vegetationszeit durch Winterwässerung, die 'Entsäuerung', die Unkraut-und Schädlingsbekämpfung sowie - und zwar primär - die Düngung der Wiesen. Entsprechend spielten Herkunft und Güte des Wässerwassers von jeher eine große Rolle. Man baute eigens Grabensysteme und kleine Weiher, um nährstoffreiches Wasser von Häusern, Straßen und Stallungen zu sammeln (heute abwertend als 'Abwasser' bezeichnet) und zur Ertragssteigerung auf die Wiesen zu leiten. Auch das bei Starkregen ablaufende, schwebstoffreiche Wasser war sehr begehrt.

Heute noch werden in Franken an den Flüssen Rednitz, Regnitz und Wiesent und in deren Seitentälern die Wässerwiesen von den Wässergemeinschaften nach traditionellen Regeln und Techniken über Grabensysteme und Wehre bewässert. Dazu gehören in Franken auch saisonal betriebene Wasserschöpfräder, die von der Strömung angetrieben werden. Ihr jährlicher Auf- und Abbau bewahrt auch Wissen um historische Holzbautechniken. Im 18./19. Jh. drehten sich jeden Sommer ca. 250 Wasserschöpfräder zwischen Schwabach und Forchheim.

Aus den wechselfeuchten Wiesen entwickeln sich kleinteilige Strukturen mit hoher Biodiversität. Dies trägt zur Revitalisierung der Flusstal-Kulturlandschaft bei. Die erfolgreiche Ansiedlung von Störchen verdeutlicht den Zusammenhang zwischen landwirtschaftlicher Kulturtechnik und Natur.

Die genossenschaftliche Organisationsform und das Patensystem der Wasserradgemeinschaft ermöglichen die Weitergabe aller erforderlichen Techniken. Dabei profitieren sie auch von grenzüberschreitendem Wissen durch ein europäisches Netzwerk. Die Wässerwiesen sind auch wichtige Naherholungsräume im Großraum Nürnberg-Fürth-Erlangen.

Weitere Informationen:

water harvesting

Auch rainwater harvesting; Gesamtheit der wassersammelnden Maßnahmen mit dem Pflanzenbau als wichtigster Anwendung, vorwiegend in Halbwüstenregionen mit 100 - 300 mm, evtl. bis 500 mm N/a. Dabei wird der abfließende Niederschlag einer größeren Fläche, der Wassererntefläche, gesammelt und einer kleineren Fläche, der Anbaufläche, zugeführt. Häufig leiten zielgerichtet im Gelände angeordnete Strukturen aus Erde oder Steinen das Wasser zur Anbaufläche oder in einen Speicher. In Abhängigkeit vor allem vom Grad der Aridität kann das Größenverhältnis von Wasserernte- zu Anbaufläche von 1:1 bis zu 10.000:1 reichen.

Erste Formen des water harvesting lassen sich bis 7.000 v.Chr. (Jordantal) zurückverfolgen. Allerdings nahm das überkommene Wissen über diese Techniken in vielen Ländern ab:

Beispiele für traditionelles und auch heute praktiziertes water harvesting:

Die Formen des water harvesting lassen sich nach Form und Größe unterscheiden:

Negative Aspekte des water harvesting ergeben sich daraus, daß die hygrischen Risiken nur abgemildert und nicht ausgeschlossen werden, daß Konflikte zwischen Ober- und Unterliegern an einem Trockenfluß oder einem längeren Hang entstehen oder daß traditionelle Bodenbesitzrechte Probleme bereiten.

(s. a. Bewässerung)

water mining

Bezeichnung für die Entnahme von Wasser aus dem (tiefen) Untergrund über einen Zeitraum, der die Erneuerungsrate des Grundwasserleiters (Aquifers) übersteigt. Dies trifft insbesondere zu bei fossilem Wasser, das in früheren erdgeschichtlichen, oft niederschlagsreicheren Zeiten in seine jetzige, meist in großen Tiefen liegende Lagerstätte gelangt ist, und das z. T. nicht mehr durch die aktuellen Niederschläge erneuert wird und daher über geologische Zeiträume (mind. 10.000 Jahre) nicht mehr am atmosphärischen Wasserkreislauf teilgenommen hat. Mehr als die Hälfte der globalen Süßwasservorkommen ist fossiles Grundwasser; weltweit sind 42 bis 85 % der Grundwasserspeicher mit fossilem Wasser gefüllt, bei Brunnen über 250 m Tiefe nahezu 100 %.

Das wohl bekannteste Beispiel aus Entwicklungsländern für water mining ist das Nubische Sandstein-Aquifer-System, mit 150.000 km³ der größte bekannte fossile Grundwasserleiter der Erde. Wurde sein Wasser früher relativ sparsam in Oasen genutzt, so ist in den letzten Jahrzehnten die auf Bewässerung beruhende agrarische Nutzung rasant gestiegen (z. B. durch die Neulandgewinnung in Ägypten). Ein ähnlich drastisches Beispiel für water mining aus einem Industrieland ist der Ogallala Aquifer in den High Plains der USA, ebenfalls einer der weltgrößten Grundwasserleiter. Seine Bildung erfolgte vor ca. 7 Mio. Jahren (spätes Miozän/frühes Pliozän) durch Flüsse aus den Rocky Mountains. Aufgrund geologischer und klimatischer Veränderungen findet aber heute keine nennenswerte Grundwasseranreicherung mehr statt. Die Förderung des fossilen Wassers für Bewässerungszwecke und zur Verwendung als Trink- und Nutzwasser in Städten führt zu einem deutlichen Absinken des Wasserspiegels.

Weitere Informationen:

Watt

Watt als Landschaft

Als Watt bezeichnet man Feuchtgebiete in der Gezeitenzone von Flachküsten, die bei Niedrigwasser trocken fallen. Dabei kann es sich um Sand-, Misch-, Schlick- oder Felswatt handeln.

Sehr ausgedehnte, von Prielen durchzogene Wattgebiete bilden zusammen mit unmittelbar angrenzenden Gebieten, wie z. B. Salzwiesen, ein Wattenmeer. Wattflächen sind weltweit genauso weit verbreitet wie Mangroven. Man findet sie in geschützten Gebieten wie Buchten, Bayous, Lagunen und Flussmündungen; sie kommen auch in Süßwasser- und Salzseen (oder Binnenmeeren) vor, in denen viele Flüsse und Bäche enden. Schlickwatten können geologisch als freiliegende Schichten von Buchtenschlamm betrachtet werden, die aus der Ablagerung von Mündungsschlick, Tonen und Wassertier-Detritus resultieren. Der größte Teil des Sediments innerhalb eines Wattenmeeres befindet sich in der Gezeitenzone, so dass das Watt etwa zweimal täglich überflutet und freigelegt wird.

Watt als Boden

Im Bereich von flachen Küsten mit mehr oder minder ausgeprägtem Gezeiten- oder Tideneinfluss (Ebbe und Flut z. B. an der Nordseeküste) findet sich der Bodentyp Watt(boden), der periodisch zweimal täglich überflutet wird bzw. trockenfällt. Wattböden werden bodensystematisch in die Klasse der semisubhydrischen Böden gestellt, die sich aus Gezeitensedimenten gebildet haben. In der Internationalen Bodenklassifikation werden die Wattböden zu den Tidalic Gleysols gezählt.

Der gesamte Raum, den der Boden einnimmt, ist das Watt oder Wattenmeer. Unterschieden werden als Bodentyp das marine Watt und das ästuarine Watt [Ästuar = Ebbe und Flut ausgesetzter Mündungsbereich eines Fließgewässers (Fluss, Strom) in das Meer an flachen Küsten]. Ob man das Watt als marin (hat den größten Flächenanteil) oder ästuarin bezeichnet, wird durch den Salzgehalt der Bodenlösung mittels definiert.

Verbreitung

Wattgebiete gibt es auf allen Kontinenten und in allen Klimazonen. Sie sind weltweit an vielen Küsten anzutreffen, zum Beispiel an den Küsten Afrikas und Australiens sowie Nord- und Südamerikas, vor Bangladesch oder entlang der chinesischen Küste. In der Gezeitenzone tropischer Küsten dominieren oft Mangrovenwälder, es gibt aber auch in den Tropen offene Wattflächen. 

In Mitteleuropa sind die Vorkommen der Watten weitgehend auf die Flachküsten der Nordsee von Dänemark, Deutschland, Holland und Belgien sowie auf den Südosten Englands beschränkt. Von den weltweit vorhandenen Wattgebieten ist das Watt an der südlichen Nordseeküste mit etwa 3.500 km² Fläche das größte zusammenhängende Wattgebiet. Das marine Watt hat mit Abstand die größten Flächenanteile, die Flächen des Flusswatts sind vergleichsweise klein.

Nutzung und Bedeutung

Aufgrund von periodischen Überflutungen, ständigen Sedimentumlagerungen und Wellenbelastungen eignen sich Watten als Vorrangflächen für den Natur- und Artenschutz. Sie bieten als Grenzbereich zwischen Land und Wasser für viele seltene und häufig stark spezialisierte Pflanzen und Tiere eine ökologische Nische und damit einen Lebensraum. Ein großer Teil der Watten ist durch Menschen nicht direkt nutzbar und bleibt für größere Zeitspannen sich selbst überlassen.

Weitere Informationen:

Wechselgrünland

Auch Wechselwirtschaft; Fruchtfolgesysteme, bei denen mehr- oder langjährig genutztes Grünland, im Wechsel mit ein- oder mehrjährigem Ackerbau kombiniert wird. In feuchten oder höheren Lagen ist der Unterbruch durch Ackernutzung kurz, in günstigeren Gebieten länger. Gemeinsam haben die Systeme und Formen des Wechselgrünlandes, daß keine örtliche Trennung zwischen Acker- und Grünland besteht.

Systematik der Nutzungsformen des Wechselgrünlandes
Systematik der Nutzungsformen des Wechselgrünlandes

Quelle: Voigtländer 1987

Bei der Egartwirtschaft, der in der Regel alpenländischen Form der Wechselwirtschaft, wird das Ackerland innerhalb der Grünlandfläche umgelegt. Demgegenüber wird bei der Feldgraswirtschaft, der eher kontinentalen Ausprägung der Wechselwirtschaft, das Grün- bzw. Grasland innerhalb der Ackerfläche umgelegt. Bei der Egartwirtschaft steht die Grünlandnutzung im Vordergrund, bei der Feldgraswirtschaft die Ackernutzung. Für beide Systeme sind ackerfähige Standorte, d.h. nicht zu flachgründige Böden mit nicht zu starker Hangneigung, erforderlich.

Wechselweidewirtschaft

Form der Weidewirtschaft, bei der wegen Futterknappheit ein jahreszeitlicher Wechsel der Weidegebiete erfolgt.

(s. a. Almwirtschaft, Nomadismus, Transhumanz)

Wegrain

Auch Wegrand; der in der Agrarlandschaft vielfach gehölzfreie oder nur streckenweise mit einzelnen Bäumen bestandene Grenzstreifen zwischen der für den Fahrzeugverkehr ausgewiesenen und gewöhnlich künstlich befestigten Trasse und den benachbarten, teils ackerbaulich, teils anderweitig genutzten Flächen.

Wegraine dienen dem Schutz des Weges vor Beschädigung und Verschmutzung. Manchmal dienen sie auch zum Abstellen von landwirtschaftlichen Geräten, als Wendeplatz bei der Feldbearbeitung sowie gelegentlich als Ablageplatz für Lesesteine und organische Abfälle. Oft bilden sie auch Grenzlinie und Fußpfad. Diese vielfältigen Nutzungen bedingen zusammen mit naturgegebenen Bedingungen vielfältige Strukturen insbesondere von pflanzlichen und tierischen Lebensgemeinschaften sowie unterschiedlichste Feuchte- und Nährstoffverhältnisse.

Wegraine sind bei standortgerechter Anlage und behutsamer Pflege ein wichtiges Element der Vernetzungstrukturen innerhalb der Agrarlandschaft. Die früher übliche Ausbringung von Herbiziden auf den Wegrainen wird immer seltener praktiziert.

 

Weide

Eine mit krautigen Pflanzen (vornehmlich Süßgräsern) bewachsene landwirtschaftliche Fläche, die im Unterschied zur Wiese von Nutztieren beweidet wird, und denen diese Vegetation als Hauptnahrung dient. Das Abfressen wird „grasen“ oder „beweiden“ genannt, so dass man bei den Tieren auch von Weidetieren sprechen kann.

Im engeren Sinne ist eine Weide vom Menschen geschaffenes, landwirtschaftliches Grünland, das zur intensiven, stationären Tierhaltung genutzt wird (Grünlandwirtschaft).

Unterscheiden lassen sich Weiden in private Weiden und Gemein-Weiden (u.a. auch Hutungen, Almen). Man unterscheidet ferner die Dauerweide von der Wechselweide, die im Rahmen der Feldgraswirtschaft betrieben wird. Als Unterform der Dauerweide kann die Umtriebsweide angesehen werden. Zwischen Weide und Wiese steht die Mähweide.

Es gibt auch die Unterscheidung nach geregelten und ungeregelten Nutzungsformen. Zur geregelten Nutzungsform zählen Dauerweide (Kurzrasenweide), Umtriebsweide oder Portionsweide. Von ungeregelter Weidenutzung spricht man zum Beispiel bei Hutungen. Eine Sonderform ist die Alm.

Eine durch Zäune oder andere Fluchthindernisse eingehegte Weide wird als Koppel (von mittelniederdeutsch koppel, „Umzäunung“; „eingezäuntes Landstück“) bezeichnet, um den Gegensatz zu den nicht eingezäunten Weiden hervorzuheben.

Im weiteren Sinne werden auch beweidete Wälder (Hutewald), sowie naturbelassene Steppen, Savannen und Tundren als Weiden bezeichnet, die zur extensiven Tierhaltung genutzt werden. Die Beweidung der natürlichen Offenland-Biome wird als Pastoralismus bezeichnet. Insbesondere in Trockengebieten werden pastorale Weideflächen mit unterschiedlichen Formen der Fernweidewirtschaft genutzt.

Der Begriff Weide wird auch in Zusammenhang mit Wildtieren, Bienen (Bienenweide) und Vögeln (Vogelweide) verwendet.

Nach dem 2008 veröffentlichten Modell der Anthrome der beiden amerikanischen Geographen Erle C. Ellis und Navin Ramankutty machen alle Weidearten zusammen (Residential-, Populated- und Remote Rangeland) heute etwa 27 % der irdischen Landoberfläche aus.

Weideflächenwechsel

Der Weideflächenwechsel wird erforderlich, wenn die Futtergrundlage infolge mangelnder Niederschläge oder Überweidung nicht mehr ausreicht und weit entfernte Weidegründe aufgesucht werden müssen. Beim Nomadismus verbindet sich der Flächenwechsel, vergleichbar dem Wanderfeldbau, mit einer Verlegung der Siedlungen, während bei der Transhumanz die Siedlungen wie bei der Landwechselwirtschaft ortsfest bleiben.

Weidegerechtsame

Auch Weidegerechtigkeit, Weideservitut, Weidedienstbarkeit, Hutungsrecht, Weiderecht; das Recht, Vieh auf staatlichem, gemeindeeigenem oder privatem Land weiden zu lassen. Es wurde früher von den Dorfbewohnern als Weidegemeinschaft der Markgenossen auf den Allmenden wahrgenommen. Häufig besaß auch die Gutsherrschaft  früher dieses Recht. Normalerweise war der Eigentümer des Grundstückes zur Mithut berechtigt. Das Weiden verschiedener Eigentümer oder Mitglieder z. B. einer Dorfgemeinschaft war die Koppelhut. Unter Umständen wurde vom Grundstückseigentümer das Privileg der Vorhut in Anspruch genommen.

Heute spielt das Weiderecht noch in der Almwirtschaft Tirols und der Schweiz eine Rolle.

Weidengewächse

Die Weidengewächse (Salicaceae) sind eine Familie bedecktsamiger Pflanzen. Die Weidengewächse umfassen etwa 55 Gattungen mit über 1000 Arten.

Wichtige Vertreter sind Weiden (Salix), Pappeln (Populus) und Chosenia. Weidengewächse sind laubabwerfende oder immergrüne Gehölze, sie wachsen als Bäume oder Sträucher. Die Weidengewächse sind fast weltweit verbreitet, wobei Pappeln und Weiden vorwiegend in den gemäßigten Gebieten der Nordhalbkugel an feuchten Standorten vorkommen.

Weiden werden vielfältig genutzt. Neben den Zweigen zum Korbflechten und dem Bast werden die Inhaltsstoffe medizinisch genutzt. Die Rinde der Weiden kann getrocknet und als Tee aufgebrüht werden. Sie enthält Gerbstoffe, Phenolglykoside, Salicin und acylierte Salicinderivate (u. a. Salicortin, Fragilin, Populin). Vor allem das Salicin wird im Körper zu Salicylsäure metabolisiert, welches der Grundstoff des Medikaments Aspirin ist. Salicylsäure wirkt fiebersenkend, schmerzlindernd und antirheumatisch.

Weideökologie

Disziplin, die sich mit den Wechselbeziehungen von Vieh und Umwelt im Rahmen der Weidewirtschaft beschäftigt. Neben einer weit zurückreichenden Bedeutung für die Ernährungssicherung und dem vermehrt in den vergangenen beiden Jahrzehnten praktizierten Einsatz von Nutztieren im Rahmen der Landschaftspflege, zeigen sich zunehmend negative ökologische Auswirkungen von Viehhaltung und Weidewirtschaft, die im Rahmen der Weideökologie analysiert werden.

Beispiele für Auswirkungen von Viehhaltung und Weidewirtschaft als Themen der Weideökologie:

Eine hohe Bedeutung für die natürliche Regeneration einer degradierten Fläche, die durch Nutzungsauflagen oder -sperren verbessert werden soll, besitzt der Diasporenvorrat, d.h. die im Boden ruhende Samenbank, die artspezifisch über Jahre bis Jahrzehnte mit in der Regel kurz- bis mittelfristig nur geringen Vitalitätseinbußen im Boden überdauern kann. Die Regeneration degradierter Flächen kann durch Einsaat einheimischer (indigener) Futterpflanzen beschleunigt werden.

Weidewirtschaft

Formen der Viehhaltung, bei denen keine monatelange Einstallung des Viehs erfolgt, dieses vielmehr auf umfangreichem Weideland gehalten wird. Dennoch können einfache Hütten vorhanden sein, die dem Vieh als Schutz vor Unwettern dienen oder dem Aufenthalt von Jungtieren sowie von kranken Tieren. Verschiedentlich sind die Hütten auch mit technischen Einrichtungen versehen und dienen dem Melkbetrieb. Grob können folgende Weidewirtschaftssysteme unterschieden werden:

Fleisch- und Milchproduktion durch standortgemäße Weidehaltung von Raufutterfressern (Rinder, Schafe, Ziegen) konkurriert nicht mit dem Getreideanbau um Ackerfläche und liefert vor allem in Entwicklungsregionen einen Großteil tierischer Produkte. Unter den Gesichtspunkten Energieeffizienz, Tragfähigkeit und Ökologie ist die Weidehaltung wegen ihrer Schonung ackerbaulicher Flächen zugunsten der Produktion von pflanzlichen Nahrungsmitteln und dem Verzicht auf Futtermittelimporte aus Übersee vorteilhaft.

Durch die beispielsweise in Mitteleuropa seit Jahrtausenden betriebene Weidewirtschaft wurde ebenso wie durch den Ackerbau entscheidender Einfluß auf die Entstehung der Kulturlandschaft genommen. Die Beweidung mit Rindern, Pferden, Schweinen, Ziegen, Schafen sowie Holzeinschlag und Brand drängten den Wald immer mehr zurück. In den Wäldern, in denen das Vieh (meist frei) weidete, kam es kaum noch zu einer Naturverjüngung der Waldbäume, da die Tiere sowohl die schmackhaften Samen und Früchte (Eicheln, Nüsse, Bucheckern usw.) als auch die frischen Triebe der meisten Jungbäume den teilweise bitteren Waldkräutern vorzogen. Auch ältere Bäume wurden so weit geschädigt, daß sie abstarben, weil ihre Rinde vor allem von Ziegen und Pferden abgeschält wurde. So wurden besonders auf ärmeren Böden innerhalb weniger Baumgenerationen aus dichtgeschlossenen Wäldern aufgelockerte Parklandschaften oder weitgehend gehölzfreie Triften.

Die hierdurch ausgelösten Veränderungen der Lichtverhältnisse, des Kleinklimas und des Bodens ermöglichten es, daß sich die ursprünglich auf Waldlichtungen und lichte Wälder beschränkten Pflanzenarten und -gesellschaften ausbreiteten und für den Wald nichttypische Dünen- und Steppenpflanzen vordringen konnten. So entstanden neue, artenreiche Lebensräume.

Im Kontext des Einflusses von Weidetieren auf Standort, Vegetation und Struktur, welcher in entscheidendem Maße von der Zahl der Tiere bestimmt wird, haben die beiden unterschiedlichen Begriffe Besatzstärke und Besatzdichte große Bedeutung. Spatz (1994) definiert die Besatzstärke als die mittlere Zahl an Tieren pro ha, die während der Vegetationszeit ausschließlich auf der Weide ernährt werden. Unter Besatzdichte versteht man den Viehbestand, der gleichzeitig (zu einem bestimmten Zeitpunkt) auf einer Weide oder einem Weideteil aufgetrieben ist. Wird z.B. die gesamte verfügbare Weidefläche der Herde als Standweide während der Vegetationsperiode zur Verfügung gestellt, so entspricht die Besatzdichte der Besatzstärke. Wird dagegen das Weidegebiet in Koppeln unterteilt bzw. portioniert zugeteilt, wie bei der Hüteschafhaltung, so ist die Besatzdichte während der Beweidung höher als die durchschnittliche Besatzstärke.

(s. a. Almwirtschaft)

Weitere Informationen:

Weiler

Kleine, meist landwirtschaftlich geprägte Gruppensiedlung mit drei bis zwanzig Haus- und Hofstätten, die keine eigene Verwaltung, Schule, Kirche oder sonstige Versorgungseinrichtungen besitzt. Verbreitungsgebiete sind große Teile der deutschen Mittelgebirge.

Wein

Alkoholisches Getränk aus dem vergorenen Beerensaft der Edlen Weinrebe. Wein ist ein Genussmittel. Die Handelsbezeichnung „Wein“ darf keine weiteren Erklärungen tragen. Laut der Gesetzgebung in der EU muss ein Wein mindestens 8,5 Volumenprozent Alkohol enthalten.

Durch spezifische önologische Ausbaumethoden kommt es bei der Lagerung zu zahlreichen biochemischen Reifeprozessen, die sehr vielfältig sein können und auch dazu führen, dass manche Weine jahrzehntelang reifen und haltbar sind. Die häufigsten Weine sind Rot- und Weißweine sowie Roséweine. Schaumwein (Sekt, Cava, Champagner usw.) entsteht aus Wein während einer zweiten Gärung. Gering schäumende Weine werden als Perlweine bezeichnet (Prosecco frizzante, Secco etc.). Dabei wird in der Regel dem Wein die Kohlensäure technisch zugesetzt.

Die für die Weinherstellung benötigten Beerenfrüchte wachsen in traubenartigen, länglichen Rispen an der Weinrebe (Vitis vinifera). Sie stammen überwiegend von ihrer Unterart ab, der europäischen Edlen Weinrebe Vitis vinifera subsp. vinifera. Da diese zu den nicht reblausresistenten Rebenarten gehört, wird sie zum Schutz vor der Reblaus auf teilresistente Unterlagen (Wurzeln) der wilden Rebarten Vitis riparia, Vitis rupestris, Vitis berlandieri bzw. deren interspezifischen Kreuzungen (Hybridreben) gepfropft.

Variierende Produkte und Bezeichnungen

Die Europäische Union ist Weltmarktführer für Wein. In den Jahren 2009 bis 2014 betrug die jährliche Durchschnittsproduktion 167 Millionen Hektoliter. Auf die EU entfallen weltweit 45 % der Rebflächen, 65 % der Erzeugung, 57 % des Verbrauchs und 70 % der Ausfuhren.

Weitere Informationen:

Weinbau

Auch Weinanbau, Vitikultur oder Rebbau (CH); der zu den Sonderkulturen zählende systematische und vorwiegend zu Erwerbszwecken dienende Anbau der Kulturrebe (Edle Weinrebe) zur Gewinnung von Trauben.

Der Weinbau wird vom Winzer (auch als Weinhauer, Weinbauer oder Weingärtner bezeichnet) betrieben. Die Herstellung des Weines erfolgt im Keller (Weinkellereien, Winzereien). Alle Arbeiten und Einrichtungen, die für die Herstellung des Weines erforderlich sind, werden in der Kellerwirtschaft behandelt. Sie wird auch als Önologie bezeichnet.

Als landwirtschaftliche Tätigkeit und auch als Wissenschaft beinhaltet der Begriff Weinbau die Geschichte, die Verbreitung und wirtschaftliche Bedeutung der Rebe, die Organe des Rebstockes, die Rebsorten und Rebenzüchtung, Rebenvermehrung, Neuanlage, Pflanzung, Pflegemaßnahmen (Rebschnitt, Erziehung, Bodenpflege und Düngung) und den Pflanzenschutz (Nützlinge, Krankheiten, Schädlingen, sonstige Schädigungen), Produktionsmethoden im Weinbau, Ausbildungsmöglichkeiten.

Geschichte

Die weiten Gebiete südlich des Kaspischen Meeres und des Zwischenstromlandes (Euphrat, Tigris) bis zum Persischen Golf gelten als Entstehungszentren der Weinrebe und des Weinbaus. Schon 5000 v. Chr. lässt sich im Südkaukasus (heute Georgien), sowie in der vorderasiatischen Landschaft Sumer (heute südlicher Irak) erstmals der Anbau von Weinreben durch Menschenhand nachweisen. Der Weinbau breitete sich von dort im gesamten Nahen Osten aus, und etwa 1700 v. Chr. kultivierten auf Kreta die Minoer Edelreben. Griechische Kolonisten dürften im 7./6. Jhd. v. Chr. erstmals Rebstöcke nach Gallien (Massalia → Marseille) gebracht haben.

Siehe Geschichte des Weinbaus

Anbau

Reben können auf fast allen Böden und unter unterschiedlichen Klimabedingungen angebaut. Für einen wirtschaftlichen Anbau werden Jahresdurchschnittstemperaturen zwischen 12 und 18 °C oder ein günstiges Lokalklima mit hoher Temperatursumme während der Vegetationsperiode sowie eine gute Nährstoffversorgung benötigt.

Die für die Weinherstellung benötigten Beerenfrüchte wachsen in traubenartigen, länglichen Rispen an der Weinrebe (Vitis vinifera). Sie stammen überwiegend von ihrer Unterart ab, der europäischen Edlen Weinrebe Vitis vinifera subsp. vinifera. Da diese zu den nicht reblausresistenten Rebenarten gehört, wird sie zum Schutz vor der Reblaus auf teilresistente Unterlagen (Wurzeln) der wilden Rebarten Vitis riparia, Vitis rupestris, Vitis berlandieri bzw. deren interspezifischen Kreuzungen (Hybridreben) gepfropft.

Geographische Schwerpunkte

Die Rebe stellt bestimmte Klimaansprüche und gedeiht in der gemäßigten und subtropischen Klimazone. Auf der nördlichen Halbkugel liegt die Anbauzone etwa zwischen dem 30. (20 °C-Isotherme) und 50. Breitengrad (10 °C-Isotherme). Auf der südlichen Halbkugel der Erde liegt die Anbauzone zwischen dem 30. und 40. Breitengrad. Zunehmend wird auch in den Tropen Wein angebaut.

Der Weinbau ist eine der ältesten Spezialkulturen. Der Anbau der Rebe prägt die Landschaft und die Wirtschaft ganzer Gebiete. Heute besinnt man sich auf die Natur und die natürlichen Lebensgrundlagen, aber auch auf Tradition und so kommt den Weinbaugebieten als Erholungsraum und dem Betrieb als Arbeitsstätte steigende Bedeutung zu. In den letzten drei Jahrzehnten hat sich die weltweite Weinbaufläche maßgeblich verändert. Eine massive Ausweitung erfolgte in den „neuen Weinbauländern“, Rückgänge in den klassischen Weinbauländern.

Reben gedeihen von sehr heißen (Südkalifornien) bis zu kühlen (England, Luxemburg), von sehr feuchten bis zu sehr trockenen Anbaugebieten (Central Valley in Kalifornien). Reben werden auf steilen Hängen (Moseltal, Wachau, Douro-Tal) und auf ebenen Flächen kultiviert. Die Kultivierung ist in den verschiedenen Gebieten sehr unterschiedlich (Handarbeit, Maschineneinsatz). Auch die Bepflanzungsdichte variiert von 10.000 Reben/ha (Bordeaux, Champagne) bis 600 Reben/ha (Vinho-Verde-Region in Portugal). Insgesamt haben Rebkulturen eine stark landschaftsprägende Wirkung.

Die wichtigsten Weinbauregionen hierzulande stellen Rheinhessen, die Pfalz, die Mosel und Baden dar. Insbesondere der Anbau von Rotweinrebsorten prägt die deutsche Weinbaulandschaft. Zu den typischen Rotweinrebsorten gehören u.a. Spätburgunder, Dornfelder und Portugieser. Bekannte Weißweinrebsorten wiederum sind der Weiße Riesling und Müller-Thurgau.

Die 13 „bestimmten Anbaugebiete” für Qualitätsweine in Deutschland

Die 13 „bestimmten Anbaugebiete” für Qualitätsweine in Deutschland

Eine Folge des seit dem 1. Januar 2016 geltenden neuen Genehmigungsystems für Rebpflanzungen ist eine Ausweitung des deutschen Weinbaugebietes. Neben den festgelegten bestimmten Anbaugebieten und Landweingebieten besteht das deutsche Weinbaugebiet nunmehr auch aus den außerhalb dieser Gebiete liegenden Flächen, für die eine Genehmigung zur Anpflanzung von Reben erteilt wurde.

Quelle: BZL 2018

Produkte

Der größte Teil der globalen Traubenernte wird zu Wein, Schaumwein und Weinbrand verarbeitet. Daneben kommen Tafeltrauben als Frischobst auf den Markt, sowie nach Trocknung der Trauben Rosinen, Sultaninen oder Korinthen. Doch auch für die Herstellung von pharmazeutischen Produkten sind die Rebblätter der Edlen Weinrebe bedeutsam. Geringere Bedeutung besitzt die Herstellung von Traubensaft, Marmeladen, Konfitüren und Traubenkernöl.

Weinmarkt in Deutschland

Die wichtigsten Umsatzmärkte für Wein weltweit bilden die USA, Frankreich und Italien. Aber auch Deutschland ist ein wichtiger Absatz- und Umsatzmarkt. So wurden im Jahr 2018 rund 17 Milliarden US-Dollar in Deutschland im Segment Wein umgesetzt. Kein Wunder, denn Wein gilt als eines der beliebtesten alkoholhaltigen Getränke der Konsumenten in Deutschland – nach Bier. Hierzulande verbraucht eine Durchschnittsperson über 20 Liter Wein pro Jahr. Fast 20 Prozent der Verbraucher in Deutschland gaben an, mindestens mehrmals im Monat Wein zu trinken. Besonders beliebt sind eher liebliche Weine sowie Rot- und Weißwein. Bei den Rebsorten gelten der Riesling, Merlot und Spätburgunder als Lieblinge der Weinkonsumenten.

Auf dem internationalen Weinmarkt spielt Deutschland eine eher untergeordnete Rolle. Die bedeutendsten Weinproduzenten sind Italien, Frankreich und Spanien. In Italien – dem führenden Land in der Produktion von Wein – werden so über 45 Millionen Hektoliter Wein pro Jahr erzeugt. Zum Vergleich: Gut 8 Millionen Hektoliter Wein und damit rund 4,6 Prozent mehr als im Vorjahr wurden 2020 in Deutschland erzeugt. Etwa zwei Drittel davon waren Weißwein, ein Drittel Rotwein.

In der Europäischen Union zeichnet sich für 2022 eine stabile Produktion von Wein und Most ab. Mit geschätzten 157 Millionen Hektolitern wird der Vorjahresstand um 2 Prozent übertroffen. Italien, Frankreich und Spanien sind die drei größten Weinerzeugerländer der Welt. Auf sie entfallen 2021 49 Prozent der gesamten Welt-Weinerzeugung. Auf Platz 4 der Weltrangliste folgen die USA mit 23,1 Millionen Hektolitern. Deutschland liegt 2022 mit 9,5 Millionen Hektolitern auf Platz 9 der Weltrangliste.

Bei der Versorgung mit Wein ist Deutschland auf Importe angewiesen. Im Jahr 2019 importierte Deutschland  14,6 Millionen Tonnen aus dem Ausland. Die wichtigsten Herkunftsländer der Weinimporte stellen Italien, Spanien und Frankreich dar. Trotz des niedrigen Selbstversorgungsgrades Deutschlands mit Wein von knapp 40 Prozent, gibt Deutschland einen Teil seiner Weinproduktion auch in den Export. So hat Deutschland im Jahr 2019 über 380.000 Tonnen Wein und Traubenmost im Wert von über eine Milliarde Euro ins Ausland exportiert. Gemessen an der Exportmenge sind die Niederlande, das Vereinigte Königreich sowie Belgien die wichtigsten Märkte für deutschen Wein und Traubenmost.

Der deutsche Weinmarkt im Jahr 2018
Der deutsche Weinmarkt im Jahr 2018

Quelle: BueL 2021

Entwicklung unter der Globalen Erwärmung

Für viele Weinbauregionen wurde in den letzten 40-50 Jahren ein Temperaturanstieg beobachtet, der vor allem in den vergangenen 30 Jahren stark ausgeprägt war und der anhalten soll. Dadurch wird die Verwendung bestimmter Weinsorten in bestimmten Weinregionen nachhaltig verändert. Mit einer polwärtigen Verschiebung der Weinbauzonen wird gerechnet (Karte in Hofmann et al. 2016).

Neben einem weiteren Anstieg der Temperatur könnten nach den Berichten des Weltklimarats in Mitteleuropa einerseits Hitzewellen und die Dauer von Trockenperioden zunehmen, andererseits die Niederschlagsmengen in Regenphasen ansteigen. Die Variabilität des Klimas würde so größer werden und die Weinbaubetriebe vor neue Herausforderungen stellen, die sich regional durch unterschiedliche Klima- und Standortfaktoren auch verschieden auswirken.

Der Weinbau in Deutschland hat durch die Klimaerwärmung in Bezug auf die Qualität profitiert. Besonders gilt dies für rote Rebsorten, wie den Spätburgunder.

Neue Risiken ergeben sich andererseits bei feucht-warmen Witterungsperioden durch eine erhöhte Fäulnisbildung, die zu gro0en Ernteverlusten führen kann. Daneben hat das Risiko für Trockenstress zugenommen und wird nach den Projektionen regionaler Klimamodelle weiter zunehmen. Vor allem neu angepflanzte Weinberge mit gering ausgeprägtem Wurzelsystem und Weinberge mit geringer Wasserspeicherfähigkeit sind davon betroffen, insbesondere Steillagen. Auch neue Krankheiten und Schädlinge spielen eine zunehmende Rolle. Die Kirschessigfliege, erstmals 2011 in Süddeutschland nachgewiesen, ist 2014 zum ersten Mal als ernstzunehmender Schädling im Weinbau aufgetreten.

Deutscher Wein: wo er wächst - wer in trinkt

Die deutsche Weinmosternte 2022 wurde vom Statistischen Bundesamt Ende Oktober 2022 auf 9,47 Millionen Hektoliter geschätzt. Das sind gegenüber der Lese 2021 0,9 Millionen Hektoliter oder 11 Prozent mehr. Die Ertragssituation gestaltete sich 2022 je nach Niederschlagsverteilung, Rebsortenspiegel und Bodenbeschaffenheit regional unterschiedlich. Die Qualität des neuen Jahrgangs wird insgesamt als hochwertig beurteilt.

Deutschland beheimatet die nördlichsten zusammenhängenden Weinbaugebiete der Welt. Die gesamte bestockte Rebfläche lag 2022 bei 103.400 Hektar. Rund zwei Drittel davon befinden sich in Rheinland-Pfalz. Die meisten der etwa 15.200 Winzer – 6.500 davon im Nebenerwerb – sind in 148 Winzergenossenschaften zusammengeschlossen. Die USA sind unverändert das wichtigste Exportland für deutschen Wein.

Quelle: Deutsches Weininstitut nach DBV Situationsbericht 2023

Weitere Informationen:

Weinrebe

Die Weinrebe (Vitis vinifera), kurz auch Rebe, ist eine Art in der Gattung Vitis. Sie ist heute vor allem heimisch im Mittelmeerraum, Mitteleuropa, Südwestasien sowie am Westkap Südafrikas. Die Unterart Edle Weinrebe (Vitis vinifera subsp. vinifera) wird in vielen unterschiedlichen Rebsorten zur Produktion von Wein genutzt.

Weinstock

Siehe Rebstock

Weintraube

Weintrauben sind die Fruchtstände der Weinreben (Vitis), insbesondere die der Edlen Weinrebe (Vitis vinifera subsp. vinifera). Die einzelnen Früchte des Fruchtstandes heißen Weinbeeren. Umgangssprachlich wird zwischen Beere und Traube nicht immer sauber unterschieden. Botanisch gesehen handelt es sich bei der Form des Fruchtstandes mit verzweigten Seitenachsen jedoch nicht um eine Traube, sondern um eine Rispe. In der Fachsprache des Weinbaus werden die Blütenstände Gescheine genannt. Die Kletterpflanze Weinrebe gehört zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit. Heute sind rund 16.000 Rebsorten bekannt. Es gibt Weinreben mit grünen bzw. gelben („weißen“) Beeren und solche mit roten bis dunkelblauen („roten“) Beeren. Diese sind von kugeliger bis ovoider Gestalt und haben einen Durchmesser von 6 bis 20 mm.

Weinbeeren können roh gegessen werden (Tafeltrauben), zu Rosinen getrocknet sowie zu Wein, Branntwein, Traubensaft u. Ä. verarbeitet werden (Keltertrauben).

Ein wesentlicher Unterschied zwischen Keltertrauben und Tafeltrauben liegt in der Fruchtgröße: Die Beeren der Tafeltrauben sind in der Regel doppelt so groß und schwer wie die der Keltertrauben. Keltertraubenbeeren sind außerdem meistens rund bis leicht oval, während bei den Tafeltrauben neben runden Sorten häufig auch länglich-ovale oder spitz-ovale Formen vorkommen.

Damit man die einzelnen Beeren besser abzupfen kann, sind die Trauben der Tafeltraubensorten "lockerbeeriger", das heißt weniger dicht gepackt als die der Keltertrauben. Bei den Tafeltrauben sind überdies kernlose Sorten sehr beliebt. Bei den Keltertrauben gibt es diese nicht.

Auch in Sachen Geschmack und Inhaltsstoffe gibt es Unterschiede: Die meisten Tafeltraubensorten haben einen niedrigeren Zuckergehalt und weniger Fruchtsäure als Keltertrauben. Wein aus Tafeltrauben würde somit vergleichsweise langweilig schmecken. Keltertrauben besitzen laut Büscher zudem eine dickere Schale, in der Aromastoffe sowie Tannine (Gerbstoffe) enthalten sind. Sie sind sehr entscheidend für die Weinqualität.

Um den Bedarf von über 430.000 Tonnen (Stand 2021, destatis) – das sind pro Kopf etwa 5,2 Kilogramm – zu decken, werden daher große Mengen an Tafeltrauben nach Deutschland importiert. Von Juni bis November kommen die meisten aus Italien, Spanien, Ägypten, Griechenland und der Türkei, von Dezember bis Juni aus Südafrika, Indien, Chile, Peru und Brasilien.

Trester – der bei der Weinbereitung übrig bleibende Pressrückstand – wird insbesondere zu Bränden weiterverarbeitet. Ein sehr bekannter Tresterbrand ist der italienische Grappa. Die Schale sowie die Kerne der Weinbeeren enthalten oligomere Proanthocyanidine (OPCs), die u. a. als starke Antioxidantien wirken; die Kerne können zu Traubenkernöl und Traubenkernmehl verarbeitet werden. Die Kerne sowie die Haut der Beeren sind zudem Quelle für das Antioxidans Resveratrol.

Laut FAO wurden 2019 weltweit insgesamt 77.136.819 Tonnen Weintrauben geerntet. Größter Produzent ist die VR China mit einer Jahresproduktion von 14.283.532 t (2019), gefolgt von Italien (7.900.120 t) und den USA (6.233.270 t). Deutschland lag 2019 mit 1.125.000 t auf Rang 16.

Weitere Informationen:

Weistum

Als Weistum (bis 1901 »Weisthum« mit th) wird eine historische Rechtsquelle bezeichnet, die in der Regel mündlich überliefert oder nach Verhandlungen protokolliert wurde. Weistümer stammen überwiegend aus dem ländlichen Bereich während des Mittelalters und der Neuzeit, sie sind durch eine Weisung zustande gekommen, durch die Auskunft rechtskundiger Personen über einen bestehenden Rechtszustand in einer hierzu einberufenen Versammlung.

Jacob Grimm führt den Begriff zurück auf „kollektive Aussage rechtskundiger Männer über das bestehende Recht“, wobei hier in erster Linie der Vorgang der unmittelbaren Rechtsfindung gemeint ist und nicht die geschriebene Form. Das Weistum wird zum Teil auf Stammesrechte bis hin zum nordischen Thing zurückgeführt.

Das Wort Weistum entstammt den Quellen nach aus dem Gebiet des mittleren Rheins und der Mosel. In den Quellen anderer Regionen sind andere Bezeichnungen üblich, in Süddeutschland beispielsweise Ehaft und Ehafttaiding, im Elsass Dinghofrodel und in Niederdeutschland Willkür oder Beliebung. In der Schweiz nannte man sie Offnung, in Österreich Banntaiding. Die bäuerlichen Weistümer waren vor allem in Südwestdeutschland, in der Schweiz und in Österreich verbreitet.

Weizen

Bezeichnung für eine Reihe von Pflanzenarten der Süßgräser (Poaceae) der Gattung Triticum L. bezeichnet. Als Getreide werden vor allem zwei Arten angebaut: Weichweizen (Triticum aestivum) und Hartweizen (Triticum durum). Etymologisch leitet sich das Wort Weizen vom „weißen“ (hellen) Mehl und der hellen Farbe der Weizenfrucht ab, der Gattungsname Triticum (Mahlfrucht, Dreschgetreide) vom lateinischen Partizip tritum (gerieben, gedroschen).

Die Weizen-Arten erreichen Wuchshöhen von etwa 0,5 bis 1 m. Der Halm ist rundlich. Von der Gesamterscheinung wirkt er dunkelgrün und die Ähre gedrungen. Morphologisches Unterscheidungsmerkmal sind die kurzen bewimperten Blattöhrchen, die im Gegensatz zur Gerste, den Halm nicht umschließen. Das Blatthäutchen ist mittelgroß und gezähnt. Die Früchte werden botanisch als „einsamige Schließfrüchte“ (Karyopsen) bezeichnet, das Tausendkorngewicht beträgt 40–65 Gramm. Sie sind maximal zu viert in einem Ährchen angeordnet. Die Ährchen wiederum sind zu einer Ähre zusammengefasst.

Weltweit existieren Tausende von Weizensorten, die jeweils unterschiedliche Ansprüche an Klima und Boden haben.

Verwendung

Weizen ist nach Reis das zweitwichtigste Grundnahrungsmittel der Welt. 4,5 Milliarden Menschen decken ein Fünftel ihres Kalorienbedarfs mit Nahrungsmitteln aus Weizen. Weichweizen wird als Brot oder Brei, Chapati oder Spaghetti verwertet, nicht zu vergessen seine Verarbeitung zu Malz für Weizenbier. Hartweizen wird besonders gerne zur Herstellung von Teigwaren, Couscous und Bulgur verwendet. Weizen ist Rohstoff für Stärke und Kleie (Ballaststoffe). Weizen wird auch als Futtermittel genutzt. Als nachwachsender Rohstoff liefert Weizen Stärke für verschiedene industrielle Produkte, z.B. in der Papierindustrie. Als Energiepflanze wird er eingesetzt zur Biokraftstoff- und Wärmeerzeugung.

Gegenüber Reis und Mais hat Weizen einen entscheidenden Vorteil: Er ist backfähig. Aus ihm kann man Brotlaibe und nicht nur Fladenbrot backen. Diese Eigenschaft beruht auf dem Klebereiweiß, dem Gluten, über das alle Weizenverwandten verfügen. Dazu zählen Dinkel, Einkorn, Emmer und Kamut.

Anbau

Flächenmäßig ist Weizen heute weltweit, in Europa und in Deutschland das bedeutendste Getreide. 2014 belief sich die Anbaufläche für Weizen weltweit auf 220 Millionen Hektar.

Weizen wird in Gebieten mit beschränkter Feuchtigkeit während der Anbausaison (USA, Australien, GUS, Naher Osten, Nordafrika), aber auch in Gebieten mit ausreichenden Niederschlägen (Westeuropa) angebaut. In Asien (Indien, Pakistan, China) wird Weizen häufig großflächig bewässert.

Grundsätzlich wird Weizen nach Anbauzeit (Winter- bzw. Sommergetreide), Glutengehalt (Weich- bzw. Hartweizen) und Kornfarbe (rot, weiß, bernsteinfarben) unterschieden. Weichweizen (Triticum aestivim) ist die wichtigste Weizenart und wird als Winter- oder Sommergetreide angebaut. Hartweizen (Triticum durum), der ca. 10 % der weltweiten Erntemenge ausmacht, wird i. d. R. als Sommergetreide angebaut.

Rund 3,2 Mio. Hektar (entspricht 27 % der Ackerfläche) werden in Deutschland mit Weizensorten bestellt. Der Selbstversorgungsgrad betrug 134 % (2013). Deutschland ist nach Frankreich der größte europäische Weizenproduzent mit einer Ernte von rund 27 Mio. t Weizen im Jahr 2014.

Der durchschnittliche Ertrag lag 2014 weltweit bei 33,0 dt/ha, während in Deutschland ca. 86 dt/ha geerntet wurden. Spitzenwerte liegen bei 120 dt/ha. Diese sind, nach Mais, die zweithöchsten Kornerträge aller Getreidearten. Es werden durchschnittlich 2 dt/ha Saatgut ausgebracht.

Hartweizen ist besonders für die Herstellung von Teigwaren (Hartweizengrieß) geeignet – wird aber in Deutschland so gut wie nicht angebaut (2009: 62.000 t, dies entspricht lediglich 0,2 % der gesamten Weizenproduktion).

Weizen wird in Deutschland hauptsächlich als Wintergetreide angebaut und als Futter- und Brotweizen verwendet. In Süddeutschland wächst auch Hartweizen, der speziell für die Nudelherstellung (u.a. Spaghetti) verwendet wird.

Wie viel Getreide benötigt man für ein Brot?

Für ein 1000 g-Weizenbrot muss ein Landwirt etwa 850 g Weizenkörner vom Acker ernten. Dies entspricht einer Zahl von etwa 17.000 Weizenkörnern. Bei einem Durchschnittsertrag von rund 800 g beziehungsweise 16.000 Weizenkörnern je Quadratmeter muss der Landwirt also etwas mehr als einen Quadratmeter Weizen ernten – genau genommen 1,06 Quadratmeter – um die Menge an Weizenkörnern für ein 1.000 g-Weizenbrot zu erhalten. Um 800 g bzw. 16.000 Weizenkörner von einem Quadratmeter Acker ernten zu können, hat der Landwirt im zurückliegenden Herbst etwa 400 Körner auf dieser Fläche ausgesät. Nach etwa acht bis neun Monaten Wachstumszeit mit ausreichend Regen und Sonne sowie guter Pflege kann der Landwirt im Sommer das 40-fache der Aussaatmenge vom Feld ernten.

Quelle: BZL

Herkunft

Der heutige Saatweizen ging aus der Kreuzung mehrerer Getreide- und Wildgrasarten hervor. Die ersten angebauten Weizenarten waren Einkorn (Triticum monococcum) und Emmer (Triticum dicoccum). Ihr Herkunftsgebiet ist der Vordere Orient (Fruchtbarer Halbmond).

Die ältesten Nacktweizenfunde stammen aus der Zeit zwischen 7800 und 5200 v. Chr. Damit ist Weizen nach der Gerste die zweitälteste Getreideart. Mit seiner Ausbreitung nach Nordafrika und Europa gewann der Weizen grundlegende Bedeutung.

Die ältesten Funde von Nacktweizen in Europa stammen aus dem westmediterranen Raum dem Siedlungsbereich der Cardial- oder Impressokultur.Im Endneolithikum war der Nacktweizen nach zwischenzeitlicher Ausbreitung über Mitteleuropa auf eine Region beiderseits des Oberrheins und der Schweiz reduziert. Doch lange blieb der Anbau hinter dem der Getreidearten Einkorn, Emmer und Gerste zurück. Erst durch das Weißbrot, das ab dem 11. Jahrhundert in Mode kam, etablierte sich der Weizen.

Weizen

Weizen

Heute wird Weizen auf einer größeren Landfläche angebaut, als jede andere Marktfrucht, und er bleibt weiterhin das wichtigste Speisegetreide für die menschliche Ernährung.
4,5 Milliarden Menschen decken ein Fünftel ihres Kalorienbedarfs mit Nahrungsmitteln aus Weizen – als Brot oder Brei, Chapati oder Spagetti.

Die FAO schätzt, dass sich der Weizenbedarf in den Entwicklungsländern bis 2050 um 60 Prozent erhöhen wird.

Quelle: FAO

Diverses

Weizen wird weltweit an Warenterminbörsen gehandelt, unter anderem an der Chicago Board of Trade (CBoT), der Kansas City Board of Trade (KCBOT), der Eurex (Zürich) und der MATIF (Paris).

In den vergangenen Jahren steht der Weizenanbau verstärkt Problemen durch teils multiresistente Unkräuter (z. B. Ackerfuchsschwanz) und Pilzen (neue Varianten des Schwarzrosts) gegenüber.

Seit 2011 gibt es die Internationale Weizeninitiative als Zusammenschluss von inzwischen 16 Staaten. Sie beschäftigt sich u.a. mit Möglichkeiten, das Ertragspotenzial zu erhöhen und zu stabilisieren aber auch damit, die Weizenproduktion nachhaltiger zu gestalten und krankheitsresistentere Sorten zu schaffen.

Weitere Informationen:

Weltagrarbericht

Der Weltagrarbericht (auch: Weltlandwirtschaftsbericht) mit dem Originaltitel „Agriculture at a Crossroads“ (Landwirtschaft am Scheideweg) wurde 2008 vom Weltagrarrat (engl. International Assessment of Agricultural Knowledge, Science and Technology for Development, Abk. IAASTD) veröffentlicht. Der Weltagrarrat wurde im Jahr 2002 von der Weltbank mit dem Ziel der Reduktion von weltweiter Unterernährung und Armut initiiert. Der IAASTD sollte untersuchen, wie die Weltbevölkerung nachhaltig ernährt werden kann. Dabei sollen Relevanz, Qualität und Effektivität von landwirtschaftlichem Wissen, Agrarforschung und -technologie für die Reduzierung von Hunger und Armut weltweit bei der Landbevölkerung evaluiert werden unter Berücksichtigung der Aspekte Klimaverträglichkeit, Erhaltung der Biodiversität sowie sozialer und gesundheitlicher Gesichtspunkte.

Der Bericht fordert insbesondere eine Ausdehnung der ökologischen Landwirtschaft beziehungsweise agrarökologischer Methoden und der Förderung von Kleinbauern. Die Grüne Gentechnik, Agrochemie und geistiges Eigentum von Saatgut werden kritisch hinterfragt.

Der 2008 in Johannesburg (Republik Südafrika) verabschiedete Bericht ist Resultat einer bislang einmaligen kooperativen Anstrengung von UN- und anderen internationalen Organisationen, 60 Regierungen und mehr als 400 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus allen Erdregionen.

Ein Globaler Bericht und fünf Regionale Berichte stellen die wesentlichen heutigen Probleme von Landwirtschaft, Ernährung, Umwelt und menschlicher Gesundheit dar und zeigen Möglichkeiten auf, wie die dringend gebotene Wende zu langfristig umwelt- und sozial gerechter Entwicklung und zur Sicherung der Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung praktisch zu erreichen ist. Der jetzt in deutscher Sprache veröffentlichte Synthesebericht fasst die zentralen Analysen und Optionen zusammen.

Dem Weltagrarbericht wird von Teilen der Agrarwirtschaft und -forschung vorgeworfen, stark ideologisch beeinflusst zu sein. Insbesondere die Forderung nach einer verstärkten Förderung der ökologischen Landwirtschaft und die Ablehnung der Grünen Gentechnik sei auf dem Lobbyismus verschiedener Interessengruppen zurückzuführen, nicht auf Wissenschaft. So habe der IAASTD einen 2003 veröffentlichten Bericht des Internationalen Wissenschaftsrats ignoriert, dem zufolge es bisher keinen Nachweis für nachteilige Umwelt- und Gesundheitseffekt der Grünen Gentechnik gebe. Auch ein 2000 veröffentlichter Bericht der FAO zu den Chancen der Grünen Gentechnik sei ignoriert worden.

Das Institut für Landwirtschaftliche Betriebslehre der Universität Hohenheim analysierte den Weltagrarbericht und kam zu dem Ergebnis, dass kein Grund vorliegt, die wissenschaftliche Qualität der Publikation in Frage zu stellen.

Die Agrarunternehmen Monsanto, Syngenta und BASF, die an der Ausarbeitung des Berichtes beteiligt waren, zogen sich vorzeitig von der Mitarbeit zurück.

Die USA, Kanada und Australien haben den Schlussbericht wegen dessen Kritik an der zu raschen Marktöffnung nicht unterzeichnet. Die drei Staaten äußerten auch Vorbehalte gegenüber einigen Schlussfolgerungen und Empfehlungen des Weltagrarberichts. Die deutsche Bundesregierung hat den Weltagrarbericht nicht unterzeichnet.

Weitere Informationen:

Weltagrarkulturerbe

Bezeichnung für Agrarkulturerbe-Systeme von weltweiter Bedeutung, engl. Globally Important Agricultural Heritage Systems (GIAHS). Die UN-Landwirtschaftsorganisation FAO hatte im Nachgang zur UN-Weltkonferenz für Umwelt und Entwicklung 2002 in Johannesburg diese Kategorie entwickelt, um der Weltgemeinschaft mehr Respekt für die Jahrhunderte alte Kulturleistung der traditionellen Bauern nahe zu bringen. In den Entwicklungsländern versorgen diese zu 80 Prozent die lokalen Lebensmittelmärkte. 500 Millionen Kleinbauernfamilien sichern so ihre Existenz: Indem sie auf einem kleinen Stückchen Erde Landwirtschaft betreiben - Lebensgrundlage für insgesamt 2,5 Milliarden Menschen.

Weitere Informationen:

Welternährung

Der Begriff Welternährung wird erst seit dem 20. Jh. gebraucht. Noch immer leiden weltweit fast 1 Milliarde Menschen – von bald 8 Milliarden auf der Erde – an Hunger. Jedes Jahr sterben beinahe 9 Millionen Menschen durch Hunger, alle 15 Sekunden ein Kind. 50 % der Hungernden sind Kleinbauern, die sich von dem ernähren müssen, was sie selbst anbauen. Wenn ihre Ernte schlecht ausfällt und nicht für sie reicht oder wenn sie schlechte Preise für ihre Produkte bekommen, leiden sie Hunger. Weitere 20 % der Hungernden sind landlose Landarbeiter, 20 % leben in Elendsvierteln der Städte, 10 % sind Fischer und Viehzüchter.

Bis zum Beginn der Kolonialisierung gab es in mehr oder weniger abgeschlossenen, voneinander getrennt existierenden Regionen auch durch Unwetter, Schädlings- oder Seuchenbefall oft Hungersnöte.

Heute könnte die gesamte Menschheit – rein theoretisch – ausreichend ernährt werden. Dass dies nicht geschieht, hängt von Geld-, Transport- und Verteilungsproblemen, Kriegen und politischen Entscheidungen ab.

In der Vergangenheit verbreitete sich von Zeit zu Zeit die Befürchtung, dass die Produktionskapazität der Landwirtschaft hinter dem Nahrungsbedarf der Bevölkerung zurückbleiben könnte. Bei der Argumentation stand einmal die Angebotsseite im Vordergrund, etwa der Ressourcenverfall oder die Verschlechterung der Produktionsbedingungen, ein anderes Mal die Nachfrageseite, insbesondere das Bevölkerungswachstum, mit dem die Produktionssteigerung nicht Schritt halten würde. Heute werden die diesbezüglichen Aspekte der Nachfrage nach Nahrungsgütern und des Angebots an Agrarprodukten in den Schlüsselwörtern Ernährungssicherung und Nachhaltigkeit der Produktion zusammengefasst. Wegen der Bedeutung des Handels in der arbeitsteiligen Wirtschaft tritt der nationale und internationale Güteraustausch zwischen Wirtschaftssubjekten und Wirtschaftsräumen als eigenständiger Betrachtungsgegenstand der Ernährungssicherung hinzu.

Der Produktionsfaktor Boden ist in vielen Regionen der Welt nur in unzureichender Qualität und/oder in unzureichendem Umfang vorhanden. Oft herrscht auch Mangel an Wasser (siehe Wasserbedarf). In vielen Ländern ist die Ausrüstung mit Kapital, d.h. sowohl mit Maschinen und Saatgut als auch mit Vieh höchst unzureichend. Weil es in der Welt kaum funktionierende Märkte für Agrarprodukte gibt, können Entwicklungsländer ihre Produkte häufig nicht zu angemessenen Preisen absetzen (siehe WTO). Auf der anderen Seite werden Futtermittel aus Entwicklungsländern für die Veredlungswirtschaft in Europa importiert. Eine nachhaltige Sicherung der Welternährung wäre nur möglich, wenn Handelshemmnisse beseitigt, gleiche Marktbedingungen geschaffen, die Erzeugung und Verarbeitung von gewonnenen Produkten in den Entwicklungsländern gefördert und das Bevölkerungswachstum sich verlangsamen würden. Außerdem müsste kontrolliert werden, dass keine Gelder für Entwicklungshilfe in Rüstung oder „private Taschen“ fließen. - Auch Spekulationen mit Nahrungsmitteln - wirken sich negativ aus.

Nur knapp ein Viertel der Böden sind ohne Einschränkung zum Anbau landwirtschaftlicher Produkte geeignet, ein weiteres Viertel ist zu trocken, der Rest bringt wegen schlechter Lage oder zu starker Kälte nur geringe Erträge.

Die Wirtschaftskrise (2008, 2009, 2010) verstärkte die Probleme dramatisch. Dass die Eurokrise (2014/2015) sich auch auswirkt, ist sicher. Als weitere Negativfaktoren kommen die Folgen des Klimawandels, der Rückgang der weltweit landwirtschaftlich nutzbaren Fläche und auch verfehlte Regionalpolitik hinzu.

Einige Fakten zur Welternährung

Weitere Informationen:

Welthunger-Index

Engl. Global Hunger Index (GHI); Instrument, mit dem die Hungersituation sowohl weltweit als auch in ausgewählten Regionen und Ländern umfassend dargestellt wird. Er wird jedes Jahr im Oktober vom Internationalen Forschungsinstitut für Ernährungs- und Entwicklungspolitik (IFPRI) berechnet und zusammen mit der Welthungerhilfe und Concern Worldwide herausgegeben, um damit die Fortschritte – oder deren Ausbleiben – bei der Reduzierung des Hungers zu bewerten. Der WHI soll zu gesteigertem Bewusstsein und Verständnis für Unterschiede zwischen Regionen und Ländern im Kampf gegen den Hunger beitragen.

Im engeren Sinne ist der Welthunger-Index ein Zahlenwert, der auf vier Indikatoren beruht. Der jeweilige WHI-Wert liegt auf einer Skala von 0 bis 100, wobei keiner dieser Extremwerte tatsächlich erreicht wird. Je höher der Wert ist, desto schlechter wird die Ernährungslage bewertet. Wenn der WHI-Wert eines Landes ansteigt, weist dies auf eine Verschlechterung der Hungersituation hin. Eine Verringerung des Wertes kennzeichnet dagegen eine Verbesserung der Hungersituation.

Die Werte basieren auf Originaldaten für vier Indikatoren. Die Basisdaten für diese Indikatoren werden von den internationalen Organisationen, die sie zusammentragen, kontinuierlich überprüft, was sich in den jährlichen WHI-Berichten widerspiegelt. Der WHI 2016 spiegelt Daten und Projektionen auf Länderebene aus dem Zeitraum 2010 bis 2016 wider.

Vier Indikatoren zur Berechnung des WHI

Um die verschiedenen Dimensionen des Hungers widerzuspiegeln, umfasst der WHI vier Indikatoren zur Berechnung der Index-Werte. Bei der Messung von Hunger bietet dieser multidimensionale Ansatz mehrere Vorteile. Er berücksichtigt sowohl die Versorgungslage der Bevölkerung insgesamt als auch die Ernährungslage von Kindern, einer besonders gefährdeten Gruppe, bei der eine Unterversorgung mit Nahrungsenergie, Proteinen oder Mikronährstoffen (also mit lebenswichtigen Vitaminen und Mineralstoffen) zu einer erhöhten Gefährdung durch Krankheit, einer mangelhaften körperlichen und geistigen Entwicklung oder zum Tod führt. Darüber hinaus kann durch die Kombination unabhängig voneinander gemessener Indikatoren der Einfluss zufallsbedingter Messfehler verringert werden.

Wegen fehlender Daten konnte der WHI für 13 Länder nicht berechnet werden. Allerdings wurden aufgrund bestehender Daten internationaler Organisationen, die sich auf Hunger und Mangelernährung spezialisieren, 10 dieser Länder identifiziert, nämlich Burundi, die Demokratische Republik Kongo, Eritrea, die Komoren, Libyen, Papua-Neuguinea, Somalia, Sudan, Süd Sudan und Syrien, die Anlass zu erheblicher Sorge geben. Eine Analyse der vorliegenden Daten zur Ernährungssicherheit ist daher für ein bestmögliches Verständnis der Lage in diesen Ländern umso wichtiger, vor allem da einige von ihnen die weltweit größte Verbreitung von Unterernährung bei Kindern und die höchsten Kindersterblichkeitsraten aufweisen.

Welthunger-Index 2022 nach Schweregrad
Welthunger-Index 2022 nach Schweregrad

Quelle: Welthungerhilfe

Weitere Informationen:

Weltmarkt

Bezeichnung für einen gedachten, räumlich nicht zu bestimmenden Markt, auf dem Waren und Leistungen weltweit von Unternehmen oder ganzen Volkswirtschaften gehandelt werden. Die Produktion der Güter erfolgt dabei in einem anderen Land als ihr Verbrauch. Die Preise für Güter am Weltmarkt, z. B. Rohstoffe, werden als Weltmarktpreise bezeichnet. Diese Weltmarktpreise können durch Transportkosten, Subventionen, Zölle und nichttarifäre Handelshemmnisse stark von den nationalen und lokalen Preisen abweichen. Angebot und Nachfrage dieser international gehandelten Güter (Außenhandelsgüter) ergeben sich im Normalfall aus dem Überschussangebot (Exportgüterangebot) und dem Nachfrageüberhang (Importgüternachfrage) der - Binnenmärkte der Ausfuhr- bzw. Einfuhrländer beim herrschenden Weltmarktpreis.

Der freie Waren- und Dienstleistungsverkehr unter vergleichbaren Rahmenbedingungen sowie die zunehmende Liberalisierung des Welthandels ist eine treibende Kraft des wirtschaftlichen Wachstums. Seit Ende des Zweiten Weltkrieges wurden zahlreiche internationale Verhandlungen geführt, um das Welthandelssystem weiterzuentwickeln. Dies mündete in die Gründung der Welthandelsorganisation (WTO).

Weltagrarmarkt

Obwohl der Agrarsektor 38,5 % der Landfläche weltweit einnimmt, liegt der Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) (in 2015 ca. 78 Billionen US$, je nach Quelle) bei lediglich 4%.

Länder, die einen hohen Anteil landwirtschaftlich genutzter Fläche an ihrer Landfläche haben, liegen vorwiegend in Südamerika (z.B. Uruguay 82,6 %), Afrika (z.B. Südafrika 79,8 %) und Asien (z.B. Kasachstan 80,4 %). Dagegen werden in Deutschland nur ca. 48 % der Landfläche landwirtschaftlich genutzt (1961: 56 %). Gleichzeitig unterscheidet sich auch der Anteil am Bruttoinlandsprodukt je nach Land sehr stark. In Sierra Leone (61,4 %), dem Tschad (50,1 %) und der Zentralafrikanischen Republik (42,9 %) erwirtschaften die landwirtschaftlichen Betriebe in etwa die Hälfte des gesamten Nationaleinkommens. In der EU hat die Landwirtschaft mit 1,6 % nur eine untergeordnete Bedeutung (Deutschland 1 %, UK 0,6 %). Es ist klar erkennbar, dass in Ländern mit einem vergleichsweise niedrigen Einkommen die Landwirtschaft eine höhere wirtschaftliche Bedeutung besitzt als in Ländern mit mittleren oder höheren Einkommen.

Global wird die Anzahl der Agrarbetriebe auf 570 Millionen geschätzt. Mindestens 500 Mio. davon sind Familienbetriebe, wobei keine einheitliche Definition des Begriffs „Familienbetrieb“ besteht. Umgangssprachlich beschreibt dieser Begriff aber landwirtschaftliche Betriebe, die von dem Besitzer umgetrieben werden. Die meisten landwirtschaftlichen Betriebe (in etwa 475 Mio.) bewirtschaften weniger als 2 Hektar Fläche, und nur 6 % der Betriebe sind größer als 5 ha. Die Agrarbetriebe beschäftigen neben 1 Mrd. Bauern 450 Mio. Landarbeiter/innen und bieten 2,6 Mrd. Menschen Unterhalt.

Die globalen Agrarmärkte werden in den letzten Jahren nicht nur in den importabhängigen Entwicklungsländern neu bewertet und wahrgenommen. Auch in den exportorientierten Industrienationen ändert sich der Fokus in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Es werden weniger die Nachteile von Exportsubventionen oder Importzöllen der Agrarprodukte thematisiert. Vielmehr rückten die Folgen der wachsenden Nutzung von Biomasse für Energiezwecke auf die Agrarpreise und deren Auswirkungen für die Nahrungsmittelversorgung stärker in den Fokus. Regionale Wettereinflüsse, weltweit schwankende Nahrungs- und Futtermittelreserven, sinkende Preise für Rohöl, volatile Agrarpreise und Börsenspekulationen mit Auswirkungen auf die Weltagrarmärkte erhöhen selbst in Mitteleuropa die Sensibilität für die Sicherheit und Preisstabilität der Ernährungsversorgung. Exportbeschränkungen in Überschussregionen zur kurzfristigen Stabilisierung einheimischer Nahrungsmittelpreise sowie Landkauf bzw. Pacht durch finanzkräftige staatliche Investoren oder Fondgesellschaften werden gerade in Entwicklungsländern vor dem Hintergrund von rund 800 Mio. hungernder Menschen weltweit kritisch beachtet. (LEL/LfL 2017)

Weitere Informationen:

Weltmarktpreis

Auf den Weltmärkten gezahlte Preise für verschiedene Agrarprodukte. Es handelt sich i.d.R. um manipulierte Preise, die sich z.T. unabhängig von den Produktionskosten bilden. Sie werden meist von den Produktionsmengen bestimmt, die von den Ländern mit agrarischer Überproduktion auf den Weltmarkt geworfen werden, und die großenteils direkt oder indirekt mit Exportsubventionen verbilligt sind. Kurzfristige Angebotsschwankungen widerspiegelnd, stellen Weltmarktpreise somit keinen verläßlichen Maßstab für die tatsächliche Marktlage oder die Produktionskosten dar. Zudem erfassen diese Preise nicht den Verbrauch an sog. freien Gütern, insbesondere an Naturgütern. Die Berücksichtigung ihrer Kosten würde zu relativen Preisverschiebungen entsprechend der Umweltfreundlichkeit der agrarischen Produktion in einzelnen Ländern führen. Um ungleiche Marktbedingungen zu vermeiden bieten sich zwei Lösungsansätze an: Entweder es kommen in allen Agrarhandelsländern dieselben Umweltschutzvorschriften in der landwirtschaftlichen Produktion, in Verarbeitung und Handel zur Anwendung oder den Ländern mit dem strikteren Umweltschutz wird ein angemessener Außenschutz zugestanden.

Während für viele Industrieprodukte ein Handel zwischen Ländern in unterschiedlichen Erdteilen stattfindet, der zum Teil einen erheblichen Umfang hat, ist die Menge der auf dem Weltagrarmarkt gehandelten landwirtschaftlichen Produkte relativ klein, auch in Bezug auf die gesamte Erzeugung, so z.B. bei Zucker, Getreide und Milcherzeugnissen. Bei anderen Erzeugnissen wie Rindfleisch, Wein und Tabak gibt es praktisch keinen Weltmarkt, und die Preise sind je nach Bestimmungsland der Ausfuhren unterschiedlich. Grund hierfür sind feste Handelsvereinbarungen. Nur Spezialprodukte wie Kaffee, Tee, Kakao, Südfrüchte oder Bananen werden in größeren Mengen gehandelt. Sonst konzentriert sich der Welthandel mit Agrarprodukten vor allem auf Futtermittel für Vieh in Industriestaaten. Die Preise werden dabei von den Industriestaaten oft – je nach Interesse – nach oben oder nach unten manipuliert, z.B. um gegebenenfalls Überschussmengen abzustoßen und so Lagerkosten zu sparen oder aus einer relativen Monopolstellung Gewinn zu erzielen.

Schon eine Versorgung mittelgroßer Staaten mit Nahrungsmitteln nur aus dem Weltmarkt würde Mengen- und vor allem Preisprobleme mit sich bringen.

Die Weltmarktpreise haben in jedem Fall direkten Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes bzw. eines Unternehmens. Ist das betreffende Land in der Produktion auf einige wenige Güter beschränkt (z.B. Kaffee, Zucker, Tabak), so entsteht eine besondere Abhängigkeit vom Weltmarktpreis, was wiederum zu nationalen Wirtschaftskrisen führen kann.

In der Europäischen Union wird heute ein hoher Selbstversorgungsgrad mit Nahrungsmitteln zu angemessenen, stabilen Preisen angestrebt. Früher wurden überschüssige Mengen der europäischen Landwirtschaft aufgekauft und dann zum Teil zu Preisen unter den Aufkauf- oder Herstellungskosten auf den Weltmarkt geschleust. Die GAP der EU macht durch Abbau der Marktstützungen und hohe Direktzahlungen den Weltmarkt etwas transparenter. Die Erzeugerpreise für Agrargüter in der EU liegen i.a. über dem Weltmarktpreisniveau.

Weitere Informationen:

Weltnaturerbe

Im Sinne des UNESCO-Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt von 1972 gelten als "Naturerbe"

Weitere Informationen:

wendende Bodenbearbeitung

Der Einsatz des Pflugs bei der Bodenbearbeitung, bei dem in das bestehende Bodenprofil mehr oder weniger stark eingegriffen wird.

(s. a. konservierende Bodenbearbeitung).

Wertschöpfung

Die Bruttowertschöpfung ergibt sich aus dem Gesamtwert der im Produktionsprozess erzeugten Waren und Dienstleistungen abzüglich des Wertes der bei der Produktion verbrauchten Güter zu Anschaffungspreisen (Vorleistungen - z.B. Rohstoffe, Vorprodukte, Handelswaren, Reparaturleistungen usw.). Aus der BWS wird nach Abzug der verbrauchsbedingten und zu Wiederbeschaffungspreisen bewerteten Abschreibungen und der Produktionssteuern sowie durch Addition der für die laufende Produktion gezahlten Subventionen die Nettowertschöpfung zu Faktorkosten. Die Nettowertschöpfung umfaßt die Entlohnung der Produktionsfaktoren Boden, Arbeit und Kapital.

Im Jahr 2014 betrug die Bruttowertschöpfung der Landwirtschaft in Deutschland rund 17,4 Milliarden Euro, die Nettowertschöpfung 15,6 Mrd. Euro.

Der Anteil der Landwirtschaft an der gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung in Deutschland in den Jahren 2000 bis 2014 sank von 0,98 % (2010) auf 0,67 (2014).

Wertschöpfung der Landwirtschaft in Deutschland
Wertschöpfung der Landwirtschaft in Deutschland

Quelle: LEL nach BLE, BMEL

Wertschöpfungskette (WSK)

Eine Wertschöpfungskette (engl. value chain, dt. auch Wertkette) bildet die geordnete Reihung von Tätigkeiten in der Herstellung und der Bereitstellung eines Produktes ab. Diese Tätigkeiten schaffen Werte, verbrauchen aber auch Ressourcen. Die einzelnen Prozesse sind miteinander verbunden.

Die Abfolge dieser Aktivitäten - hier also innerhalb der food chain - umfasst zum Beispiel die landwirtschaftliche Primärproduktion auf dem Feld oder im Stall, die Aufbereitung und Weiterverarbeitung des Ernteguts zu Lebens- oder Futtermitteln, die gesamte Logistik und Lagerung und den Verkauf im Groß- und Einzelhandel. Die WSK analysiert die Aktivitäten, Produkte und Dienstleistungen während der einzelnen Prozessschritte, ebenso die Beteiligten, deren Beziehungen und Machtverhältnisse sowie den damit verknüpften Informations- und Wissensaustausch. Der WSK-Ansatz ermöglicht den Blick über einzelne Sektoren und nationale Grenzen hinaus auf alle Prozessschritte und Beteiligten. Das Konzept wurde erstmals 1985 von Michael E. Porter (Competitive Advantage) vorgestellt.

Oftmals wird die Wertschöpfungskette vom Begriff des Wertschöpfungsnetzes ersetzt, womit der erhöhten Komplexität Ausdruck verliehen wird.

Seit neuestem schließt der Begriff überdies die Wiederverwendung und/oder Entsorgung abgenutzter Produkte ein, weil diese wiederum Rohstoffe für andere Produkte im selben Unternehmen oder in anderen Unternehmen darstellen. Die Wertschöpfungskette umfasst folglich sämtliche Aspekte des Lebenszyklus eines Produktes ('von der Wiege bis zur Bahre').

Die folgende Abbildung zeigt am Beispiel der Haselnuss-Kakao-Creme Nutella vereinfachte Bezüge einer globalen Wertschöpfungskette. Etwa 250.000 t Nutella werden jährlich in etwa 75 Ländern verkauft (Angaben schwankend).

Gesteuert wird die Kette vom operativen Firmenhauptsitz in der piemontesischen Stadt Alba (I). Die Muttergesellschaft der Ferrero-Gruppe (Ferrero International S. A.) ist als AG in Luxemburg eingetragen. Die Lebensmittelverarbeitung erfolgt in neun Fabriken weltweit. Einige Materialien stammen aus lokalen oder regionalen Quellen, z. B. das Verpackungsmaterial und die Magermilch. Andere Zutaten werden global bezogen wie Haselnüsse (primär Türkei), Palmöl (Malaysia, Brasilien), Kakao (Nigeria, Elfenbeinküste), Zucker (Brasilien, Europa), Vanillin (USA, Frankreich). Die Verarbeitung erfolgt in der Nähe der wichtigsten Konsumentenmärkte, der Absatz geschieht durch Vertriebsstellen, die allerdings zahlreicher sind, als in der Karte dargestellt.

Die globale Wertschöpfungskette von Nutella®
nutella_globale_wertschoepfungskette.jpg

Quelle: OECD

Die vielen beteiligten Akteure sowie die Vor- und Zwischenprodukte und Dienstleistungen müssen zeitlich, räumlich (ggf. global), in ihren geforderten Eigenschaften und im richtigen Mengenverhältnis präzise nach Plan zusammentreffen, um das gemeinsame Ziel zu erreichen: das verkaufsfertige Endprodukt im Supermarktregal.

Dabei zielt das Konzept darauf ab, die Effizienz der Zusammenarbeit so zu optimieren, dass die Summe der Gewinne, die von jeder Stufe gemacht werden, maximiert wird unter der Bedingung der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit des Gesamtprozesses und der nachhaltigen Nutzung der Ressourcen. Damit ein solches komplexes Verfahren funktionieren kann, bedarf es erstens eines 'Leitunternehmens', das sind hier die Supermarktketten, zweitens eines Steuerungsmechanismus, drittens eines Zusammenhalts in Form eines standardisierten Produkts. Im Fall der meisten landwirtschaftlichen Güterketten, besonders bei Schüttgut (z. B. Getreide) und Frischeprodukten ist die Kette noch recht linear, und bei Roh- und Frischeprodukten handelt es sich um eine recht kurze Wertschöpfungskette. Das Wesen von Frischeprodukten ist gerade die geringe Fertigungstiefe.

Der Fokus bei den Wertschöpfungsketten liegt auf dem Mehrwert, den ein Produkt auf der jeweils nächsthöheren Stufe erzielt (z. B. Handel, Verarbeitung, Lagerung, Transport, Verkauf). Mehrwert kann erzielt werden in Form von Einkommen für Arbeitnehmer, von Gesamtkapitalrenditen (Gewinnen) für Unternehmer und Vermögensbesitzer, von Steuereinnahmen durch die Regierung (oder illegal in Form von Korruptionszahlungen), von besserer Versorgung für Verbraucher sowie von Externalitäten bzw. Effekten auf die Umwelt.

Wertschöpfungsketten - auch globale Lieferketten genannt - sind ein typisches Produkt der Globalisierung. Sie setzen ein liberalisiertes globales Investitionsregime voraus, bedürfen technologischer Neuerungen wie die internationale Telekommunikation, Informationstechniken, Verbesserung der Transporte und internationalen Logistik sowie Konservierungstechniken (z. B. geschlossene Tiefkühlketten) und Laboreinrichtungen. Auch haben sie hohe Ansprüche an den nationalen und internationalen Rechtsrahmen, z. B. hinsichtlich geistiger Eigentumsrechte, internationaler Standards für Hygiene und Lebensmittelsicherheit, Saatgutverkehr, Pestizidzulassung. (Buntzel/Marí 2016)

Die folgende Grafik veranschaulicht die Bindeglied-Funktion des Agrarhandels innerhalb der agrarischen Wertschöpfungskette. Er besitzt eine Doppelfunktion sowohl als Absatzmittler, beispielsweise im Getreidegeschäft als auch in Form eines Dienstleisters im Bezugsgeschäft landwirtschaftlicher Produkte. Der Handel mit Agrarprodukten nimmt neben der Raum- und Zeitüberbrückung auch einen Qualitäts- und Mengenausgleich innerhalb der agrarischen Wertschöpfungskette vor. Den Agrarhandel als Bindeglied innerhalb der agrarischen Wertschöpfungskette berühren auch Themen der vor- und nachgelagerten Stufen wie beispielsweise Strukturveränderungen in der Landwirtschaft, Klima- oder Umweltfragen oder das Tierwohl in der Lebensmittelproduktion.

Position des Agrarhandels in der agrarischen Wertschöpfungskette
Position des Agrarhandels in der agrarischen Wertschöpfungskette

Quelle: Wikipedia

Agrare Wertschöpfungsketten in Entwicklungsländern

In vielen Märkten ist die Organisation der Wertschöpfungskette (WSK) damit zum Wettbewerbsfaktor geworden. Das Einhalten von Qualitätsstandards, wachsende Produktvolumina, verbunden mit festen Lieferfristen und Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit sind große Herausforderungen insbesondere für kleinere Unternehmen und bäuerliche Betriebe, aber auch für Regierungen und Branchenverbände.

Wirtschaftliches Wachstum ist unabdingbar für eine erfolgreiche Armutsminderung in Entwicklungsländern. Die für die ländliche Bevölkerung wichtigsten Möglichkeiten zur Wertschöpfung liegen in hochwertigen Agrar- und Naturprodukten und in der arbeitsintensiven Be- und Verarbeitung.

Das Konzept der Wertschöpfungskette umfasst die miteinander verbundenen Stufen der Erzeugung, des Handels, der Verarbeitung und des Vertriebs bzw. Exports von Agrarprodukten. Die öffentliche Förderung von Wertschöpfungsketten ist vor allem dort notwendig, wo Märkte schwach organisiert sind und keine Handelsklassen und Standards definiert sind, die Preisbildung intransparent ist, Technologie, Infrastruktur und Dienstleistungsangebote fehlen oder der Marktzugang eingeschränkt ist. Für den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg auf dem Weltmarkt wird die Koordinierung von Produktion und Vermarktung immer bedeutender. Oft hängt die Wettbewerbsposition der Produzierenden von den anderen an der Erstellung eines hochwertigen Produkts beteiligten Unternehmen ab. Mit der Entwicklung von Wertschöpfungsketten kann die Wettbewerbsfähigkeit in nationalen und internationalen Märkten verbessert und die Wertschöpfung innerhalb des Landes oder einer Region erhöht werden. Das Hauptkriterium hierbei ist ein Einkommenszuwachs, der arme Bevölkerungsgruppen möglichst begünstigt, zumindest aber ihre relative Situation nicht verschlechtert. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) berät ihre Partner im Auftrag der Bundesregierung hinsichtlich der Gestaltung von Wertschöpfungsketten.

Auf der Grundlage eingehender WSK-Analysen entwickelt das GIZ zusammen mit allen wichtigen Akteuren Strategien für eine gezielte Förderung. Durch die frühzeitige Orientierung von Fördermaßnahmen auf die Vermarktbarkeit von Produkten werden deren spätere Absatzchancen verbessert. Damit werden private und staatliche Investitionsmittel mobilisiert, die zu mehr Wirtschaftswachstum führen. Entscheidend ist, dass dieses Wachstum gleichzeitig einen breitenwirksamen sozialen und ökologischen Nutzen hat und zum effizienteren Einsatz von Energie, Wasser und anderen Ressourcen führt. (GIZ)

In der Entwicklungszusammenarbeit werden Wertschöpfungsketten gefördert mit dem Ziel, möglichst viele Prozesse in das entsprechende Entwicklungsland zu verlagern, damit möglichst viel Wertschöpfung im Land verbleibt. Mit verarbeiteten Produkten lässt sich in der Regel mehr Umsatz erzielen als mit Rohstoffen, zugleich werden dringend benötigte Arbeitsplätze geschaffen.

Hierbei können Wertschöpfungsansätze an ganz verschiedenen Stellen zum Tragen kommen: lokal verankert auf der sogenannten Mikro-Ebene der Unternehmen, die an den verschiedenen Funktionsstufen entlang der Wertschöpfungskette agieren; auf der Meso-Ebene verschiedener Netzwerke und Kooperationen, die die Wertschöpfungskette steuern (zum Beispiel Verbände); oder aber auf der Makro-Ebene, die den Rahmen gibt – die nationale Agrarpolitik, Fiskal- oder Haushaltspolitiken oder auch Regularien globaler Märkte. (BMZ)

(s. a. Filière-Konzept, Lebensmittelkette, Lieferkette, Warenkette)

Weitere Informationen:

Wertschöpfungsnetz

Verknüpfung von Wertschöpfungsketten, an deren Knotenpunkten Institutionen, Personen bzw. Produktionsverfahren über wechselseitige Stoffund Informationsflüsse in Verbindung miteinander stehen. In der Bioökonomie tragen insbesondere Ansätze aus der Koppel- und Kaskadennutzung dazu bei, dass innovative Bereiche der Bioökonomie mit etablierten zu Wertschöpfungsnetzen zusammenwachsen.

Durch intelligent verknüpfte Wertschöpfungsketten können der Verbrauch und die Inanspruchnahme sowohl der nachwachsenden wie auch der nicht regenerierbaren Ressourcen weiter reduziert, die Wirtschaftlichkeit verbessert sowie Emissionen vermindert und damit Umwelt und Natur geschont werden. Durch die Kaskaden- und Koppelnutzung von Biomasse können Rohstoffe im Rahmen der Kreislaufwirtschaft vollständig und hochwertig verwertet werden. Bioraffinerien versprechen gegenüber derzeitigen Verfahren der stofflichen und energetischen Nutzung eine effizientere Ausnutzung des Biomassepotenzials.

Hilfreich ist hier die Informationstechnik, die in der Agrar- und Ernährungswirtschaft bereits heute ein unverzichtbarer Teil moderner Maschinen und Prozesse ist. Sie ermöglicht eine umfassende Vernetzung und Integration von Maschinen, Prozessen und Akteuren im landwirtschaftlichen Wertschöpfungsnetz. Dadurch werden sich Strukturen, Anwendungsroutinen und Geschäftsmodelle sowie deren wirtschaftlichen, sozialen und geographischen Umfelder verändern. Vernetzung stärkt das Informationspotenzial von Produzierenden und Konsumierenden im Wertschöpfungsnetz erheblich. Wichtige Informationen werden miteinander verknüpft, statt nur in ihrem engen Entstehungskontext nutzbar zu sein.

Viele Prozesse in der modernen Agrarwirtschaft benötigen einen Austausch von Daten innerhalb des gesamten Wertschöpfungsnetzes. Das schließt zum einen vorgelagerte Prozesse ein, die z. B. zur Entscheidungsunterstützung bei der Saatauswahl oder der Planung zur Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln eingesetzt werden. Zum anderen geht es um nachgelagerte Prozesse, wie die Verarbeitung der Produkte oder den Verkauf im Handel. Durch die Vernetzung aller an der Wertschöpfung beteiligten Instanzen können spezifische Produktionsparameter als Information an die Produkte gekoppelt werden, sodass Produktionsketten für die Verbraucher transparent werden und sie gezielt diversifizierte Lebensmittel auswählen können.

Wetter

Bezeichnung für den physikalischen Zustand der Atmosphäre zu einem bestimmten Zeitpunkt oder in einem auch kürzeren Zeitraum an einem bestimmten Ort oder in einem Gebiet bezeichnet, wie er durch die meteorologischen Elemente und ihr Zusammenwirken gekennzeichnet ist.

Das Wettergeschehen spielt sich in der unteren Atmosphäre ab, die als Troposphäre bezeichnet wird. In höheren Atmosphärenschichten gibt es zwar auch messbare Luftbewegung und Temperatur, aber so gut wie keine Feuchte. Deswegen gibt es dort auch kein Wetter im engeren Sinne, wenn man davon absieht, dass gelegentlich sehr hohe Eiswolken auftreten können.

Ursache der Wetterabläufe sind die unterschiedliche Erwärmung der Erdoberfläche und daraus resultierend der darüber liegenden Luftschichten in Abhängigkeit von der geographischen Breite, der Höhenlage über NN, der Land-Meer-Verteilung, der Orographie, des Bewuchses usw.

Das Wetter wird mit Hilfe quantifizierbarer Parameter charakterisiert. Diese Parameter sind fundamentale Größen des Wetters (Wetterelemente) wie z.B. Lufttemperatur, Luftfeuchte, Luftdruck, Drucktendenz, Windrichtung und Windgeschwindigkeit, Bewölkung (Wolken), Niederschlag und Sichtweite.

Weitere Informationen:

Wiedereinrichter

Mit Wiedereinrichter werden Eigentümer landwirtschaftlicher Immobilien (Grund, Gebäude) in den neuen Bundesländern bezeichnet, die nach der Wiedervereinigung und dem Inkrafttreten eines entsprechenden Landwirtschaftsanpassungsgesetzes wieder frei über ihr Vermögen verfügen konnten (z.B. nach Auflösung einer LPG). Der Begriff Wiedereinrichter traf eigentlich nur in wenigen Fällen zu (wenn der Wiedereinrichter auch während der Kollektivierungsphase der DDR-Landwirtschaft seine Immobilien behielt), da in der Regel der landwirtschaftliche Betrieb neu eingerichtet wurde. Wiedereinrichter wurden nicht nur von der Bundesregierung sondern auch von der Europäischen Union finanziell gefördert. Sie erhielten zunächst eine Starthilfe von 23.500 DM. Für förderungsfähige Investitionen konnte ein Betrieb dann noch bis zu 800.000 DM zinsverbilligte Darlehen bekommen. Die Finanzhilfen erklären sich aus der i.d.R. dünnen Eigenkapitaldecke der Wiedereinrichter, die sie z.B. oft hinderte, Flächenkäufe, bauliche Investitionen oder moderne Landtechnik zur Stabilisierung und langfristigen Wettbewerbsfähigkeit ihres Unternehmens zu beschaffen. Immerhin wies 1992 ein land- und forstwirtschaftlicher Arbeitsplatz im Durchschnitt der alten Bundesländer eine Kapitalausstattung von 411.400 DM auf, eine Zahl, die für Gesamt-Deutschland bis 1997 auf ca. 503.000 DM gestiegen war.

Landwirte, die mit Pachtland und neu erworbener Technik begannen einen neu gegründeten Betrieb zu bewirtschaften wurden als Neueinrichter bezeichnet. Ebenso war es möglich, dass Wiedereinrichter oder Neueinrichter vorher nicht in der DDR wohnhaft waren, sondern insbesondere aus den westdeutschen Bundesländern und aus Holland einwanderten".

Die Extremform war der Tiefladerbauer aus dem Westen, der im Frühjahr zur Bestellung mit dem Tieflader nach Osten rollte und im Herbst zum Ernten kam. Häufig verbargen sich hinter dem Begriff Wiedereinrichter flächenstarke Marktfruchtbetriebe mit geringstem Arbeitskräftebesatz, ohne Tierhaltung und ohne bäuerlichen Charakter.

Weitere Informationen:

Wiederkäuer

Rinder, Schafe, Ziegen, Hirsche, Antilopen, Giraffen und Gazellen gehören zur Gruppe der Wiederkäuer. Das für die pflanzliche Ernährung angepasste Verdauungssystem hat neben dem normalen Magen (Labmagen) noch mehrere Vormägen (Pansen-, Netz- und Blättermagen). Wiederkäuer fressen im Wesentlichen Gras, das wenig Nährstoffe und viel unverdauliche Zellulose enthält. Die so aufgenommene Nahrung wird im Pansen, der bis zu 180 l Inhalt haben kann, von Mikroorganismen chemisch aufgeschlossen und wandert dann in den Netzmagen. Von dort kommen die vorverdauten Pflanzenteile nochmals portionsweise ins Maul, werden dort gründlich gekaut und heruntergeschluckt. Anschließend zersetzen die Mikroorganismen den Nahrungsbrei weiter, setzen Nährstoffe frei und ermöglichen deren Aufnahme in einem besonders langen Darm. So können Wiederkäuer minderwertiges Futter verwerten und in der Natur ihre Nahrung in kurzer Zeit abrupfen, um sie dann geschützt und in Ruhe aufzubereiten und zu verdauen.

Wiese

Ein Begriff, der für natürliche und künstliche, holzpflanzenfreie Graslandgemeinschaften verwendet wird. Natürliches Grasland findet sich in Mitteleuropa etwa an Gewässerufern, während künstliches Grasland durch Mähen der Heugewinnung dient. Weidenutzung wird nur gelegentlich als Nachweide vor Ende der Vegetationszeit praktiziert.

Mähwiesen entstanden in Mitteleuropa erst vor ca. 1.000 Jahren. Sie waren zunächst einschurig und wurden als Streuwiesen genutzt. Allmählich ging man zu zwei- und mehrschurigen Futterwiesen über, wie sie bis in die Mitte des 20. Jh. vorherrschten.

In der Intensivlandwirtschaft wurden die artenreichen Futterwiesen durch artenarmes Intensivgrünland ersetzt. Die beispielsweise im Alpenvorland in den vierziger Jahren genutzten Futterwiesen wurden damals zu 94 % zweischnittig geführt, heute werden sie vier- bis sechsschnittig genutzt und bieten dadurch nur noch 20 - 30 % der früher vorkommenden Wiesenflora Lebensraum.

Wiesen-Alp-Betrieb

Volkskundlicher Begriff für die traditionelle Agrarstruktur des feuchten Alpennordsaumes bzw. der Alpenregionen mit germanischer Sprache und Kultur.

Hauptmerkmale der Wiesen-Alp-Betriebe:

Wiesen-Alp-Betriebe haben vor allem mit der arbeitsextensiven Ausrichtung auf Schlacht- und Zuchtviehproduktion auch im Rahmen der EU eine deutlich bessere wirtschaftliche Position als die Acker-Alp-Betriebe.

Wiesenbau

Bezeichnung für die Techniken der Be- und Entwässerung von Wiesen.

Wiesenbewässerung

Form der Bewirtschaftung von Wiesenflächen in der Landwirtschaft mit dem Ziel der Düngung und besseren Wasserversorgung der Wiesen. Grünlandflächen, die durch das Aufstauen von Bächen künstlich bewässert wurden, bezeichnet man auch als Flößwiesen. Wiesenbewässerung wird vor allem in europäischen Mittel- und Hochgebirgen praktiziert.

Die so genannten Wässerwiesen sind ein Element historischer Kulturlandschaften in Mitteleuropa, das seinen Ursprung wahrscheinlich im Mittelalter hat. Hierzu legte man ganze Grabensysteme und kleine Weiher an, um das Wasser unter anderem von den Häusern, Straßen und Stallungen zu sammeln und zur Ertragssteigerung auf die Wiesen zu leiten. Im 19. Jahrhundert erfuhr die Methode der Wiesenbewässerung einen großen Aufschwung.

Zum Ausbau der Wiesen wendete man, je nach Wasserangebot und Relief, verschiedene Techniken an. So z. B. Überstauung, natürlichen Hangbau, Beethangbau oder den Rückenbau, bei dem man die Wiesenoberflächen vollständig umgestaltete. Die Bewässerung der Wiesen wirkte sich deutlich auf den Vegetationsbestand der Wiesenflächen und Gräben aus: ehemalige Wässerwiesen weisen heute häufig eine hohe Strukturdiversität auf und sind – vor allem abhängig von dem Erhaltungszustand – als Kulturdenkmal einzustufen.

Zur Zeit der traditionellen Landwirtschaft, z.B. der Dreifelderwirtschaft war Düngermangel ein prinzipielles Problem. Dünger konnte nur über organisches Material (Gülle, Mist, Laubstreu, Erntereste, Abwasser u.a.) zugeführt werden. Der Ertrag der Ackerflächen war begrenzt durch den Viehbestand als Hauptlieferant organischen Düngers. Deshalb galt der mittelalterliche Ausbau der Bewässerungssysteme vorrangig der Wiesenbewässerung. Ertragreiche Wiesen waren der Schlüssel zu einer allgemeinen landwirtschaftlichen Produktivitätssteigerung. Über die Flächenverrieselung konnten den Wiesen in großem Umfang externe Nährstoffe zugeführt werden.

In der Vergangenheit wurde die Bewässerung von Wiesen, Ackerland, Obsthainen, Gärten und Rebbergen oftmals kombiniert als Feldbewässerung wie auch in Wechselwirtschaft durchgeführt. Dies gilt besonders für die intramontanen Trockentäler und die trockeneren Gebiete Südeuropas. Eine solche Wechselwirtschaft gab es auch in manchen Tallagen der Gebirgsvorländer und auch in Hügelländern.

Weitere Informationen:

Wildacker

Feldflurstück, das mit Nahrungspflanzen für das Wild bebaut wird und/oder dem Wild als Schutz dient.

Wildbeuter

Als Wildbeuter und Feldbeuter oder Jäger und Sammler werden lokale Gemeinschaften und indigene Völker bezeichnet, die ihre Nahrung größtenteils durch die Jagd auf Wildtiere, den Fischfang sowie durch das Sammeln von wildwachsenden Pflanzen oder Kleintieren erwirtschaften.

Tatsächlich erfordert diese Lebensweise ein hohes Maß an Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und speziellen Kenntnissen.

Häufig wird eine Unterscheidung zwischen unspezialisierten (auch einfachen) und spezialisierten (auch komplexen oder differenzierten) Jäger- und Sammlerkulturen vorgenommen. Die Erstgenannten nutzen ein sehr breites, jedoch variierendes Nahrungsangebot in sehr großen Schweifgebieten, in denen sie in kleinen Horden saisonal nomadisieren. Die Letztgenannten nutzen vor allem eine oder mehrere bestimmte, lokal häufig vorkommende Arten, die größere Gruppen und längere Zeiten der Sesshaftigkeit ermöglichen.

In jedem Fall wird davon ausgegangen, dass in vielen Regionen (beispielsweise Zentralafrika, Südamerika, Indien) jahrtausendelang rege Austauschbeziehungen zwischen Wildbeutern und Pflanzern bestanden (etwa Wildbret oder Hilfeleistungen gegen landwirtschaftliche Produkte), so dass eine isolierte Betrachtung der extraktiven Lebensweise irreführend sein kann.

Es ist sehr schwierig festzustellen, wie viele Menschen heute weltweit von Jagd- und Sammelwirtschaft leben, da gegenwärtig vielfach zusätzliche Subsistenz- und Erwerbsformen genutzt werden. Die Anzahl der Menschen, deren Lebensgrundlage zum größten Teil auf extraktiven Tätigkeiten beruht, liegt maximal bei 3,8 Millionen.

Es finden sich jedoch auch Lokalgruppen von Jägern und Sammlern in Gebieten, in denen andere Formen des Nahrungserwerbs gar nicht möglich sind. Um 1500 n. Chr. war noch etwa die Hälfte der bewohnbaren Landfläche der Erde von Jägern und Sammlern besiedelt. Zur gleichen Zeit lag ihr Anteil an der Weltbevölkerung jedoch nur bei geschätzten 1 Prozent – gegenwärtig sind es weniger als 0,001 Prozent: geschätzte 50.000 bis 60.000 Menschen, mit rückläufiger Tendenz.

Weitere Informationen:

Wildfeld

Auch Wildland oder Willerungsland; früher die Bezeichnung für eine wenig ertragreiche Fläche in dorfferner Lage. Das Wildfeld wurde nicht gedüngt und nur in der Form einer meist ungeregelten Feldgraswirtschaft genutzt. Nach bis zu drei Ernten erfolgte eine Selbstberasung. Nach 8 - 20 Jahren wurde das Wildfeld wieder umgebrochen. Wildfelder waren vornehmlich in W- und SW-Deutschland weit verbreitet. In der zweiten Hälfte des 19. Jh. erfolgte die Umwandlung in Dauerackerland bzw. Dauergrünland. Wo Ertragsverbesserungen nicht möglich waren, erfolgte Aufforstung.

Wildkräuter

Bezeichnung für krautige Wildpflanzen (im Gegensatz zu den züchterisch beeinflussten Kulturpflanzen), vor allem in der direkten Umgebung des Menschen, in Gärten, Ackerland und Saumbiotopen. Der Begriff wird vor allem, ähnlich wie der weniger verbreitete Ausdruck „Beikraut“, als Synonym für den Ausdruck Unkraut verwendet, um den sehr negativ besetzten Beiklang von „Un“kraut zu vermeiden. Wildkraut wird also vor allem dann verwendet, wenn in positiv besetztem Zusammenhang von „Unkräutern“ die Rede ist, vor allem im Rahmen des Naturschutzes, wo sich insbesondere der Ausdruck Ackerwildkraut durchgesetzt hat, und bei der Nutzung von wild wachsenden Kräutern als Nahrungspflanzen des Menschen. Neben „Wildkraut“, das im Zusammenhang mit Ernährung mit anderen als Kräuter bezeichneten Pflanzen (Küchenkraut, Heilkraut) assoziiert wird, ist auch der Ausdruck Wildgemüse gängig. Wild gesammelte Früchte und Beeren oder Pilze sind damit aber nie gemeint.

Traditionell als Konkurrenten der Nutzpflanzen von den Landwirten erbittert bekämpft, sind heute selten gewordene Ackerwildkräuter zum Schutzobjekt des Naturschutzes geworden. Zu ihrer Förderung werden spezielle Feldflorareservate eingerichtet, sogenannte Buntbrachen und Blühstreifen, die auf Äckern in die Bewirtschaftung eingeschaltet werden, sollen sie besonders fördern. Neben dem allgemeinen Ziel der Erhaltung der Biodiversität der Agrarlandschaft sollen damit auch Nützlinge, wie zum Beispiel Wildbienen gefördert werden.

Durchgesetzt hat sich der Begriff Wildkräuter, anstelle von Unkräutern, für die Spontanvegetation auf befestigten Flächen, zum Beispiel in Mauerfugen und Pflasterritzen. Im Agrarbereich bevorzugen auch einige eher ökologisch ausgerichtete Autoren den Begriff Unkräuter. In Gärten sind beide Ausdrücke je nach Kontext gängig, der Ausdruck Wildkraut wird inzwischen auch von Institutionen wie dem Industrieverband Agrar und dem Verband Wohneigentum akzeptiert.

Weitere Informationen:

Windbarrieren

Auch Windschutzstreifen; kulturtechnische Erosionsschutzmaßnahme, bei der Barrieren aus Bäumen und Sträuchern  (z. B. Gehölze und Feldraine) oder aus hohen Gräsern rechtwinklig zur Hauptwindrichtung angelegt werden. Sie dienen zum Unterbrechen und Bremsen des Luftstroms und mindern so die Transportkraft des Windes.

Winderosion

Unter Winderosion versteht man den Abtrag, Transport und die Ablagerung von Bodenmaterial durch die Kräfte des Windes.

Tritt Wind mit einer Geschwindigkeit von mehr als 5-6 m/s unmittelbar über gefährdeten Bodenoberflächen auf, werden Bodenteilchen an der Bodenoberfläche bewegt oder treffen auf andere Teilchen. Durch den Aufprall oder durch die »Strahlwirkung« werden Bodenaggregate zerstört. Die Bewegung größerer Teilchen findet in der Regel nur über kurze Distanzen statt. Kleinste Bodenteilchen werden hingegen weiter nach oben in die Luft getragen und über größere Strecken transportiert.

Der Prozess der Winderosion besteht aus der Ablösung der Bodenpartikel, wenn die aerodynamischen Kräfte des Windes die Trägheit der Bodenteilchen sowie die Kohäsion überwinden (kritische Wind- oder Schubspannungsgeschwindigkeit) und dem Transport. Die Partikel werden durch Rollen (Reptation) sowie durch springende Bewegung (Saltation) transportiert. Ein Teil der Partikel, deren Fallgeschwindigkeit kleiner als die turbulenzbedingte Vertikalkomponente des Windes ist kann in der Luft gehalten werden und wird so in Suspension verfrachtet. Der Transport kann über einige Meter, aber auch mehrere Tausend Kilometer erfolgen. Die Transportmechanismen bewirken ein Abschmirgeln verkrusteter oder aggregierter Oberflächen (auch von Gesteinen), die als Abrasion bezeichnet wird. Der größte Teil suspensionsfähigen Materials wird erst durch Abrasion erzeugt. Durch die korngrößenabhängigen Transportarten findet darüber hinaus eine Sortierung des Materials statt. Auch die Ablagerung (Deposition) der Partikel gehört zum Prozess der Winderosion. Die Sedimentation, erfolgt als trockene Deposition oder durch Bindung an Niederschläge als nasse Deposition.
Die Wirkungen von Winderosion werden wesentlich von der Windgeschwindigkeit, den Bodeneigenschaften und der Bodenbedeckung beeinflusst. Im Unterschied zur Wassererosion spielt das Relief der Landschaft eine geringere Rolle. Trockene, feinsandige und schluffige Böden, die eine geringe Vegetationsbedeckung haben, sind am stärksten von Winderosion betroffen. Die größte Bedeutung hat die Winderosion in Wüsten und Halbwüsten sowie in den wechselfeuchten Tropen und den winterfeuchten Subtropen während der Trockenzeiten. In den Eiszeiten führte Winderosion zur Ablagerung von Löß auf dem sich über die Jahrtausende beste Böden entwickelten. Unter humiden Klimabedingungen spielt der Bodenabtrag durch Wind eine nachrangige Rolle.

Im Rahmen der Landbewirtschaftung wird der Prozess vor allem durch den menschlichen Eingriff in die Vegetation über das natürliche Ausmaß verstärkt, da der Boden nicht mehr durch eine geschlossene Pflanzendecke geschützt ist. Mittel- bis langfristig führt Winderosion auf Ackerflächen zur Verminderung der Bodenqualität. Die Mächtigkeit, also die Tiefe des Bodens, nimmt ab. Dadurch verringert sich die Wasser- und Nährstoffspeicherfähigkeit. Dies führt zu einem Rückgang der Ernteerträge. Kurzfristig kommt es durch Windabrasion zur Schädigung der Kulturpflanzen. Schäden entstehen aber auch auf benachbarten Flächen. Die transportierte Erde wird abgelagert und überdeckt Pflanzen, Straßen und Gebäude gleichermaßen. Beim Winderosionsereignis selbst kann die Sichtweite kurzfristig stark abnehmen. Das führt unter Umständen zu massiven Behinderungen im Straßenverkehr.

Alle Schäden, die direkt vor Ort durch Winderosion entstehen, nennt man On-Site-Effekte:

Außerhalb der durch Bodenabtrag betroffenen Agrarflächen treten indirekte Effekte der Winderosion in benachbarten Gebieten auf (Off-Site-Effekte):

Weitere Informationen:

Windschutzhecken

Die vor allem in Europa, USA und Kanada verbreiteten Windschutzhecken dienen vorrangig dem Schutz von Acker- oder Hortikulturen (z.B. Obstanbau) vor zu starken, schädigenden Winden. Zumeist werden sie als vernetzte Heckensysteme angelegt, überwiegend quer zur Hauptwindrichtung. Da die Ausdehnung des windgeschützten Bereichs, der mehr als einhundert Meter betragen kann, insbesondere vom Aufbau und der Bewirtschaftung der Hecken abhängt (v. a. Höhe und Porosität der Hecken sind für Windschutz ausschlaggebend), haben sich je nach Anwendungszweck eine Vielzahl unterschiedlich strukturierter Heckentypen entwickelt. Diese reichen von einzeiligen Baumreihen bis hin zu mehrreihigen Hecken, bestehend aus hintereinander gestaffelten Gehölzen unterschiedlicher Größen und Kronenformen.

Quadratisches Windschutzgitter in Hokkaido
Situation September 2019 Situation Februar 2020

Von oben bietet das Konsen-Plateau im Osten Hokkaidos einen bemerkenswerten Anblick: ein gigantisches Gitter, das sich wie ein Schachbrett über die ländliche Landschaft ausbreitet. Wie in diesem Paar von Naturfarbenbildern zu sehen ist, ist das Muster das ganze Jahr über klar erkennbar - selbst unter einer Schneedecke. Beide Bilder wurden mit dem Operational Land Imager (OLI) auf Landsat 8 aufgenommen.

Die Streifen sind baumbestandene Windschutzstreifen - 180 Meter breite Reihen von Nadelbäumen, die dazu beitragen, Grünland und Tiere vor dem manchmal rauen Wetter in Hokkaido zu schützen. Sie blockieren nicht nur Winde und verwehten Schnee in eisigen, nebligen Wintern, sondern verhindern auch, dass der Wind in den wärmeren Monaten in dieser wichtigen Milchviehregion Japans Erdreich und Dung verstreut. Die dünneren, weniger regelmäßigen Streifen sind bewaldete Gebiete entlang von Bächen.

Die japanische Regierung begann in den 1890er Jahren mit der Schaffung der Windschutzanlagen als Teil der Bemühungen um die Kolonisierung des Gebiets. Statt bewaldete Streifen zu pflanzen, rodeten sie einfach Quadrate in die damals bereits vorhandenen Laubwälder und ließen die Windschutzstreifen stehen. Die Planer benutzten ein Gittermuster, das von der Landentwicklung und den landwirtschaftlichen Praktiken inspiriert war, die zu jener Zeit in den Pioniergebieten im mittleren Westen und im Zentrum der Vereinigten Staaten populär waren.

Im Laufe der Zeit wurden die Laubwälder durch Lärchen- und Fichtenpflanzungen ersetzt, die heute die meisten Windschutzgebiete bilden, da Teile der Windschutzgebiete als Nutzholz eingeschlagen wurde oder Waldbränden zum Opfer fielen.

Quelle: NASA

Neben ihrer Windschutzwirkung beeinflussen die Gehölzreihen eine Vielzahl mikroklimatischer Wuchsfaktoren. So können sie beispielsweise, bei geeigneter Anlage und Bewirtschaftung, Temperaturextrema auf dem Acker abmildern und die Verteilung der Niederschläge in der Fläche beeinflussen (Brandle et al., 2004). In Nordamerika werden Windschutzhecken auch gerne zur Steuerung der Schneeverteilung genutzt, wodurch die frühjährliche Bodenfeuchtigkeit gesteuert werden kann. Darüber hinaus erhöhen Hecken die Struktur- und Habitatvielfalt in der Agrarlandschaft und steigern auf diese Weise potentiell die Biodiversität.

Innerhalb eines silvoarable Agroforstsystems liefern Windschutzhecken Grünschnitt, Viehfutter und Ackerfrüchte.

Deutschland

Im Gebiet der neuen Bundesländer begannen die staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe und Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) nach einer Periode der Flurbereinigung in den 1980er Jahren zunehmend mit der Anlage von Windschutzhecken. Erhöhte Wind- und Wassererosion machten dies erforderlich. Um schnelle Effekte zu erzielen und gleichzeitig Nutzholz zu gewinnen, wurden vornehmlich Pappelhybriden gepflanzt.

Im Gebiet der alten Bundesländer wurden vor allem in den 1950er- und 1960er-Jahren Windschutzhecken angelegt. Das Bestreben der Landespflege dieser Zeit war, möglichst schnell sichtbare Erfolge zu erzielen, wobei dem optischen Erfolg und dem Windschutz ein viel höherer Stellenwert beigemessen wurde als der ökologischen Wirksamkeit. Dementsprechend wurden vor allem schnellwachsende Gehölze wie Roterle und Pappelhybriden gepflanzt.
Da diese Hecken überwiegend aus Baumarten bestehen und nur wenige Straucharten enthalten, neigen sie zum Durchwachsen zu Baumreihen. In der Folge besteht ein hoher Umgestaltungsbedarf.

Wingert

Von ahd. wingarte - Weingarten, im Sinne von Weinberg. Der Begriff ist mundartlich in Teilen West- und Südwestdeutschland sowie der Schweiz gebräuchlich.

Winkelgehöft

Ein Regelgehöft (geregelter Mehrbauhof), bei dem die zwei bis vier Einzelbauten einen rechteckigen Hofplatz bilden, der an zwei, drei oder allen Seiten nach außen abgeschlossen ist. Man unterscheidet Zwei-, Drei- und Vierseitgehöfte (-höfe) mit nicht durchlaufender Firstlinie und Zwei-, Drei- und Vierkanter mit durchlaufender Firstlinie. Das Zweiseitgehöft (Zweiseithof) wird auch als Hakenhof bezeichnet.

(s. a. Hofformen, Mehrbauhof, Einheitshof)

Winkelhof

Auch als Hakenhof bezeichneter Zweiseithof, häufig als Erweiterungsform der Einfirsthäuser entstanden. Wird der Erweiterungsbau beidseitig vorgenommen, ergibt sich ein T-Hof. Winkelhöfe treten häufig in Gebieten mit Einfirsthäusern auf und sind wie diese mehr oder minder stark auf Großviehhaltung eingestellt.

Der Begriff deckt sich in der Literatur teilweise mit dem des Winkelgehöfts.

(s. a. Hofformen, Mehrbauhof, Einheitshof)

Winterfeuchte Subtropen

Die Zone der Winterfeuchten Subtropen (mediterrane Subtropen) ist eine der neun weltumspannenden Ökozonen nach J. Schultz (2016). Sie nimmt heute etwa 1,7 % der irdischen Landoberfläche ein und ist damit die kleinste der Ökozonen. Gleichzeitig ist sie die am stärksten zerstückelte Zone, nämlich in fünf voneinander isolierte Vorkommen auf fünf verschiedenen Kontinenten, wo sie jeweils an den Westseiten schmale nur wenige 100 km landeinwärts reichende Küstenstreifen einnehmen. Lediglich im Mittelmeerraum dringen sie weit ostwärts in die altweltliche Landmasse vor, sind aber auch hier küstennah.

Anfang des 21. Jahrhunderts sind von den Winterfeuchten Subtropen noch etwa 7 % in einem weitgehend naturnahen Zustand. Sie liegt in dem als Mittelmeerklima bezeichneten Teil der Subtropischen Klimazone. Nach der vorherrschenden Vegetation sind die Landschaftstypen der Hartlaubvegetation kennzeichnend.

Klimatische und pedologische Ausstattung

Während des Sommers liegen die Winterfeuchten Subtropen im Einflussbereich der subtropisch-randtropischen Hochdruckgebiete. Strahlungswetter und Trockenheit herrschen vor. Während des Winters setzt sich dagegen mit der äquatorwärtigen Verschiebung der planetarischen Strahlungs- und Luftdruckgürtel das zyklonale Wettergeschehen der Mittelbreiten durch. Regenwetter wechselt dann, wie in den Feuchten Mittelbreiten, mit strahlungsreichem Hochdruckwetter ab. Kaltlufteinbrüche lassen selbst im Tiefland mäßige Fröste auftreten, sind aber nicht langanhaltend.

Die engmaschige orohydrographische Differenzierung hat, im Zusammenwirken mit petrographischen Unterschieden (z.B. Karbonatgestein, Silikatgestein), den vom Menschen ausgelösten Erosionsvorgängen (Bodenabtrag, Verkarstung, Hochwasserschäden) und paläoklimatische Änderungen (Reliktböden) ein kleinräumige Kammerung aus einer Vielzahl von Bodentypen entstehen lassen. Besonders häufig tritt der Chromic Luvisol auf. Bei ihm handelt es sich um einen meist leuchtend rot bis braunrot gefärbten, lessivierte Boden, der sich in der Regel auf Karbonatgestein entwickelt hat und der ziemlich basenreich und humusarm ist. Er neigt zur Flachgründigkeit (Folge seiner Erosionanfälligkeit) und trockenzeitlichen Verhärtung, gilt aber als relativ fruchtbar. Die Rotfärbung (Rubefizierung) beruht auf der Bildung von fein verteiltem Hämatit.

Ähnlich auffällig rote und rotbraune Farben zeigen die in vielen Gebieten, wenn auch insgesamt viel seltener vorkommenden Chromic Cambisole. Ihnen fehlt die für die Luvisole charakteristische Tonverlagerung.

Die nach den Chromic Luvisolen nächst häufigen Bodentypen sind insbesondere im Mittelmeerraum und in Australien die durch sekundäre Kalkanreicherung gekennzeichneten Calcisole.

Im europäischen Mittelmeergebiet werden sowohl die Chromic Luvisole als auch die Chromic Cambisole je nach Farbe als Terra rossa bzw. Terra fusca bezeichnet. Ihre Entstehung wir auf reliktische Bildungsprozesse zurückgeführt.

Vegetation in Stichworten

Landnutzung

Die Gunst des Winterregenklimas für eine größere Zahl von temperaten und subtropischen Nutzpflanzenarten sowie einige saisonale Vorteile - z.B. können mehrere Gemüsearten bereits im Winter und im Frühjahr geerntet und auf den Markt gebracht werden - verschaffen den mediterranen Gebieten gute Exportmöglichkeiten. Dies betrifft vornehmlich die Teilräume der Nordhalbkugel, welche die polwärts direkt anschließenden Feuchten Mittelbreiten beliefern können.

Der Regenfeldbau beschränkt sich auf das Winterhalbjahr. Nur mit Bewässerung ist auch im Sommerhalbjahr oder ganzjährig Ackerbau möglich. Beim winterlichen Regenfeldbau werden vorwiegend Nutzpflanzen der temperaten Klimate angebaut wie Winterweizen, Gerste, Kartoffeln, und Feldgemüse (Salat, Zwiebeln, Tomaten, Blumenkohl; ferner Artischocken, Auberginen, Brokkoli). Häufig ist auch der Maisanbau. Im Mittelmeergebiet erfolgt die Aussaat des Wintergetreides im September, die Ernte oft schon im Mai.

Weit verbreitet ist Bewässerungsfeldbau. Bewässerung erlaubt nicht nur die Nutzung der warmen und strahlungsreichen Sommerzeit, beispielsweise für den Anbau der genannten Gemüsearten, sondern auch den Anbau von wärmebedürftigen und kälteempfindlichen Feldfrüchten wie Reis und Baumwolle.

Besonders zonentypisch sind eine Reihe von Sonderkulturen. Dazu zählen die im Mittelmeerraum traditionell wichtigen Rebflächen und Ölbaumhaine sowie Pflanzungen von Feigen-, Mandel- und Obstbäumen (Pfirsiche, Aprikosen, Agrumenarten wie Orangen und Zitronen).

Während sich der Ackerbau auf die Küstentiefländer konzentriert, ziehen sich die Baumkulturen auch an den Hängen der Berg- und Gebirgsländer aufwärts, die dann von Naturweiden abgelöst werden. Deren Nutzung erfolgte traditionell in Form einer Transhumanz, die aber stark an Bedeutung verloren hat.

Viele Gebiete sind von Landdegradation betroffen, insbesondere durch Überweidung. Staatliche Gegenmaßnahmen bestehen oft in Aufforstungen, häufig mit exotischem Eucalyptus oder mit Kiefern.

Wintergetreide

Eine Getreideform, die zum Schossen und Ährenbilden einen Kältereiz braucht. Wintergetreide wird im Herbst ausgesät. Die nur ein paar Zentimeter hohen Pflanzen überwintern und haben so im Frühjahr gegenüber dem Sommergetreide einen Wachstumsvorteil. Daher ist es normalerweise der jeweiligen Sommergetreideform in Bestockung, Frühreife und Ertragssicherheit überlegen.

Allerdings ist Wintergetreide der Gefahr ausgesetzt, bei bestimmten Wetterlagen (Frost bei hoher oder zu geringer Feuchtigkeit ohne Schneeschutz) auszuwintern, d.h. abzusterben.

Wintersaat

Bestand von Kulturpflanzen, deren Saatgut im Herbst aufs Feld gebracht wurde.

(s. a. Winterung)

Winterung

In der Landwirtschaft gebräuchliche Bezeichnung für die im Herbst ausgebrachte Saat von Wintergetreide (Gegensatz: Sommerung).

Winzer

Sammelbegriff für die Berufsgruppe der Weinbautreibenden. Der Begriff Winzer stammt vom lat. vinitor (Weinbauer/Weinleser) bzw. vinum (Wein).

Für den Beruf sind im deutschen Sprachraum auch andere Bezeichnungen gebräuchlich, wie Weingärtner oder Wengerter in Württemberg, Weinzierl auf Bairisch, Weinhauer in Österreich oder Weinbauer in Tirol. In Franken ist auch die Bezeichnung Häcker oder Hacker verbreitet. Als Berufsbegriff veraltet und nur noch als Familiennamen bekannt sind Rebmann oder Weinmann (Weimann, Weihmann). Winzer pflegen und kultivieren Weinreben, ernten die Weintrauben und verarbeiten sie zu Wein, Sekt oder Traubensäften. Auch die Vermarktung der Erzeugnisse gehört zum Berufsbild. Mehrzahl der Winzer ist selbständig als Betreiber eines Familienbetriebs tätig. Zur Verbesserung der Absatzchancen und zum rationellen Betrieb haben sich in vielen Gebieten Winzer zu Winzergenossenschaften zusammengeschlossen.

Weitere Informationen:

Winzergenossenschaft

Gewöhnlich lokale bis regionale Vereinigung von Winzern auf genossenschaftlicher Grundlage zur gemeinsamen Verwertung ihrer Erzeugnisse (Keltern, Vermarktung unter gemeinsamem Namen) an einer zentralen Stelle oder zur gemeinschaftlichen Herstellung und Abgabe von Pfropfreben.

Winzergenossenschaften gibt es heute in allen Weinbaunationen mit unterschiedlichsten Strukturen. Die Winzer entscheiden autonom über Satzung sowie Rechte und Pflichten ihrer Genossenschaft. Die Pflege des Reblandes obliegt grundsätzlich dem Winzer, die Weinbereitung und i.d.R. die Vermarktung der Genossenschaft.

In Deutschland erzeugten 179 Winzergenossenschaften im Jahr 2015 knapp drei Millionen Hektoliter Wein.

Die erste deutsche Winzergenossenschaft wurde 1834 in Neckarsulm gegründet. Der Winzerverein Hagnau ist die älteste Winzergenossenschaft im Weinanbaugebiet Baden mit Sitz in Hagnau am Bodensee. Sie wurde am 20. Oktober 1881 vom Volksschriftsteller und damaligen Pfarrer der Gemeinde, Heinrich Hansjakob, in wirtschaftlicher Notzeit gegründet. 

wirtschaftliche Schadensschwelle

Begriff aus der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft und dem Gartenbau, der die Befallsdichte mit Schaderregern, Krankheiten oder den Besatz mit Unkräutern angibt, die unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten gerade noch toleriert werden kann. Sie wird überschritten, wenn der zu erwartende Schaden höher ist als die Kosten einer Intervention. Sie trägt direkt zur Umweltschonung bei indem die Zahl der Spritzungen auf das Notwendigste reduziert werden kann. Indirekt werden Nützlinge gefördert, da geringfügige Schädlingspopulationen, die den Nützlingen als Nahrungsgrundlage dienen, toleriert werden. Ziel ist nicht die radikale Bekämpfung von Schädlingen sondern ihre Regulierung. In der Anlage soll ein Gleichgewicht zwischen Schädlingen, ihren natürlichen Gegenspielern und indifferenten Arten geschaffen werden. Vor einer Spritzung müssen Schaderregerdichte, mögliche Ertragsverluste und Bekämpfungskosten einander gegenübergestellt werden.

Je nach dem Wesen eines Schädlings oder einer Krankheit kann die Schadschwelle sehr unterschiedlich sein. Bei Schädlingen oder Krankheiten, die nur mit großem Aufwand und mit negativen Begleiterscheinungen für die weitere Produktion zu bekämpfen sind, kann die Schadschwelle sehr hoch sein. Kann jedoch schon ein geringer Befall zu einem Ausbreitungherd werden, der die gesamte Produktion zu vernichten droht, kann die Schadschwelle sehr niedrig sein.

Beispielsweise kann eine einzige Infektion mit dem Feuerbrand eine gesamte Obstplantage zerstören, weshalb die Schadschwelle hier sehr niedrig liegt. Bei einem Befall mit Spinnmilben können oft relativ viele Tiere geduldet werden, da eine Schädigung nur bei einem massiven Befall eintritt und eine Bekämpfung gleichzeitig Nützlinge wie etwa Raubmilben schädigen würde, so dass es erst recht zu einer Massenvermehrung der Spinnmilben käme.

Wirtschaftsbauten

Auch Ökonomiegebäude; Gebäude eines landwirtschaftlichen Betriebes mit spezifischen Funktionen. Die Funktionen und die zugehörigen Bauten sind teilweise historisch.

Dazu gehören (Auswahl):

Wirtschaftsdünger

Bei der Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere fallen je nach Aufstallungsart, Einstreumenge und Entmistungsverfahren Festmist und Jauche oder Gülle an.

Festmist, Jauche: Festmist entsteht durch Vermischung von Kot und Harn mit Einstreu. Der von der Einstreu nicht aufnehmbare Harn fließt als Jauche ab.

Gülle: Gülle, auch Flüssigmist genannt, ist ein Kot-Harn-Gemisch. Die im Stall anfallende Gülle läuft von dort entweder stetig in einen außerhalb des Stalles befindlichen Lagerbehälter ab oder wird vorübergehend aufgestaut.

Der Anfall von Kot und Harn hängt im wesentlichen von der Art und dem Lebendgewicht der aufgestallten Nutztiere ab. Der Anfall an Festmist wird zudem von der Einstreumenge mitbestimmt.

Anfall an Festmist und Jauche bei verschiedenen Nutztierarten
Tierart   Festmist Jauche
    dt/Monat m³/Monat m³/Monat
Rinder 1 GV 5,5 – 10,5 0,75 – 1,00 0,5 – 0,6
Schweine 1 GV 5,5 – 10,5 0,75 – 1,00 0,5 – 0,6
Legehennen 1.000 St. 18 2,25 -

Eigenschaften von Wirtschaftsdünger:

Auswirkungen auf das Grundwasser:

Gelangen Jauche, Gülle oder deren Abbauprodukte in das Grundwasser, so wird dies verunreinigt. Von den in das Grundwasser gelangenden Nährstoffen beeinträchtigt insbesondere das leicht lösliche Nitrat (NO3) die Güte des Grundwassers und schränkt seine Verwendung als Trinkwasser ein. Der derzeit gültige Höchstwert für Trinkwasser beträgt 50 mg Nitrat pro Liter. Für die menschliche Gesundheit ist nicht das Nitrat an sich gefährlich, sondern die Bildung von Nitrosaminen, die zu den krebserregenden Stoffen zählen, oder von Nitrit, das zur Blausucht bei Säuglingen führen kann. Daneben entzieht der Abbau der organischen Bestandteile auch dem Grundwasser Sauerstoff. Schließlich können mit Jauche und Gülle auch Keime und Krankheitserreger in das Grundwasser gelangen.

Ausbringung von Festmist:

Im Gegensatz zur Gülle werden mit dem Festmist relativ große Mengen an organischer Substanz ausgebracht. Festmist entfaltet seine volle Wirkung erst nach Einarbeitung und intensiver Vermischung mit dem Boden. Die Einarbeitungstiefe ist von der Bodenart abhängig, wobei auf Sandböden 15 - 20 cm, auf schweren Böden 10 - 15 cm zu empfehlen. Die Festmistgabe beträgt i.a. 200 - 400 dt/ha im Abstand von 2 - 3 Jahren. Im Fassungsbereich von Trinkwasserschutzgebieten ist die Ausbringung von Festmist verboten.
Festmist erhöht die Wasserspeicherfähigkeit leichter Böden, lockert schwere Böden (bessere Bodenstruktur und Durchlüftung sowie schnellere Erwärmung) und er hilft, Nährstoffe zu binden.

Ausbringung von Gülle:

Die Begüllung von Agrarflächen muß geschehen in Abhängigkeit von Vegetationszeit, Fruchtart, Relief, Wassersättigung des Bodens, Abstand von Oberflächengewässern und unter Beachtung des Trinkwasserschutzes. (Düngeverordnung)

Niederländischer Gülletourismus

Niederländischer Gülletourismus

Gülle von zu vielen Tieren ist in den Niederlanden so teuer geworden, dass immer mehr davon ins kostengünstige Deutschland schwappt.

Um eine ungebremste Zunahme der Tierhaltung auf gefährdeten Böden zu verhindern, gelten in den Niederlanden regionale Obergrenzen für den Anfall von Wirtschaftsdünger. Bei zu hohen Mengen pro Hektar ist eine Weiterverarbeitung verpflichtend. Der Wirtschaftsdünger kann dann effizienter in Regionen mit weniger Tierhaltung exportiert und im Ackerbau eingesetzt werden, wenn nötig auch über die Landesgrenzen hinaus. Neben der Deckelung der Düngemengen sind auch Schritte beim Pflanzenbau sinnvoll.

Quelle: Fleischatlas 2018

Wirtschaftsformation

Zusammenhang zwischen physiognomischen und funktionalen Faktoren einer Wirtschaftslandschaft. Eine Wirtschaftsformation beschreibt das spezifische räumliche Anordnungsmuster der zu einem Wirtschaftszweig gehörenden Objekte und der raumwirksamen Prozesse zwischen diesen Objekten. Sie stellt den räumlichen Verbund eines charakteristischen Bündels von Wirtschaftstätigkeiten dar, die auf eine dominierende Wirtschaftsaktivität ausgerichtet sind und deren Interaktionen überwiegend auf eine Region als räumlichen Funktionskomplex beschränkt sind. Die Wirtschaftsformation eignet sich besonders zur Darstellung wirtschaftlicher Systeme, die für einen Landschaftsraum strukturbestimmend sind. Dies gilt z.B. für die Plantagenwirtschaft (Plantage), den Bewässerungsfeldbau, Weinanbaugebiete, aber auch die Montanindustrie oder den regionalen, landschaftsbestimmenden Fremdenverkehr (Tourismus). Ursprünglich in der Agrargeographie entwickelt, wurde der Begriff später auch auf die Industriegeographie übertragen, hat aber in der jüngeren, sich von physiognomischen Betrachtungen loslösenden Wirtschaftsgeographie an Bedeutung verloren. (Neumair/Gabler)

Wirtschaftsformen

Unscharfer Begriff für die Zweige der Agrarwirtschaft und die Methoden der Bodenbearbeitung:

Wirtschaftswald

Alle Holzbodenflächen, die regelmäßig bewirtschaftet und von der Forsteinrichtung als "W.i.r.B." (Wirtschaftswald in regelmäßigem Betrieb) ausgeschieden werden. Wirtschaftswald außer regelmäßigem Betrieb umfasst alle Holzbodenflächen, die nicht regelmäßig bewirtschaftet werden (z.B. Bannwald, unbegehbare Steilhänge, Wildparke) und/oder deren nachhaltige Nutzungsmöglichkeit für absehbare Zeit unter 1 m³ je Jahr und Hektar liegt.

Wölbacker

Engl. ridge-and-furrow; auch Hoch- oder Hügelacker genannter, reliktförmig auftretender Ackerstreifen aus der Frühzeit oder dem Mittelalter. Er ist ein i.d.R. 5 bis 20 Meter breites Beet mit einer Scheitelhöhe bis zu 1 Meter. Üblicherweise gehören mehrere nebeneinander liegende Wölbäcker zu einer Parzelle. Die gewölbte Form ergab sich aus Gründen der besseren Drainage - ihre Scheitel hatten der Gefällsrichtung zu folgen - oder durch die Art des Pflügens, nämlich dann, wenn die Schollen in Richtung der fiktiven Mittellinie des Pflugstreifens zusammengepflügt wurden. Der einzelne Wölbacker braucht weder eine Nutzungs- noch eine Besitzparzelle zu sein. Diese Form der Bodennutzung brachte eine Risikostreuung. In trockenen Jahren waren die Erträge auf den niedrigeren Teilen noch recht günstig, in feuchten Jahren dagegen auf den höheren Teilen.

Varianten des Wölbackers. A: Aufbau eines erhaltenen Wölbackers, B: eingeebneter Wölbacker, C: erodierter Wölbacker, D: kolluvial überdeckter Wölbacker.

Varianten des Wölbackers

 

A: Aufbau eines erhaltenen Wölbackers

B: eingeebneter Wölbacker

C: erodierter Wölbacker

D: kolluvial überdeckter Wölbacker.

Mittelalterliche Wölbäcker sind Zeugnisse einer nicht mehr praktizierten Form der Bodenbewirtschaftung mittels eines Beetpfluges (SCHMOOCK & GEHRT 2017). Mit diesem Pflug wurde auf langgestreckten, 8–32 m breiten Ackerstreifen (Landstreifenflur in einem Gewann) der Boden in der Mitte zusammengepflügt. Die im Vergleich zur Umgebung bis zu einem Meter herausragende typische Oberflächenform ist nur dort erhalten, wo nachfolgend keine moderne Ackernutzung praktiziert wurde.

Quelle: Geoberichte 8 (LBEG)

(s. a. Bifang, Flurwüstung)

WTO

Englische Abk. für "World Trade Organization", Welthandelsorganisation. Sie ist eine mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattete Organisation mit ständigem Sitz in Genf. Die WTO hat zurzeit 164 Mitglieder, unter anderem seit 1995 die USA, Japan, Brasilien, Indien, und die Mitgliedstaaten der Europäischen Union; seit 2001 China, seit 2012 Russland. Als 164. Mitgliedstaat ist Afghanistan im Juli 2016 beigetreten. Die WTO-Mitglieder erwirtschaften mehr als 90 % des Welthandelsvolumens. Wesentliche Nicht-Mitglieder sind einige Staaten der ehemaligen Sowjetunion sowie mehrere Staaten Nordafrikas und des Nahen Ostens. Zum Stand 7. Dezember 2016 gibt es 27 Länder mit Beobachterstatus, die (mit Ausnahme des Heiligen Stuhls, der - ein eigenständiges, nichtstaatliches Völkerrechtssubjekt - die Vatikanstadt international vertritt) innerhalb von fünf Jahren Beitrittsverhandlungen beginnen müssen. Jedes Mitgliedsland hat eine Stimme in den Gremien. In der internationalen Handels- und Wirtschaftspolitik ist die WTO die dritte Säule neben Weltbank und Internationalem Währungsfonds.

Das WTO-Abkommen trat am 1. Januar 1995 in Kraft und umfasst drei Bereiche: das 1948 als Provisorium geschaffene Zoll- und Handelsabkommen (GATT), das Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS - General Agreement on Trade and Service) und das Rahmenabkommen über den Schutz geistiger Eigentumsrechte (TRIPS - Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights). Integriert ist auch ein neues umfassend geregeltes Streitschlichtungsverfahren von allerdings demokratisch fragwürdigem und wenig transparentem Charakter. Die WTO besitzt weit mehr Kompetenzen als ihre Vorläuferin, das GATT. Viele GATT-Übereinkommen wurden in das WTO-Abkommen integriert. Hierzu gehören insbesondere die für das Lebensmittelrecht maßgebenden "Übereinkommen über technische Handelshemmnisse" (Agreement on Technical Barriers to Trade, TBT-Übereinkommen) und das "Übereinkommen über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen" (Agreement on the Application of Sanitary and Phytosanitary Measures, SPS-Übereinkommen).

Ziel der WTO ist der Abbau von Handelshemmnissen und somit die Liberalisierung des internationalen Handels mit dem weiterführenden Ziel des internationalen Freihandels. Zudem ist sie zuständig für die Streitschlichtung bei Handelskonflikten.

Von Umweltorganisationen wie Greenpeace wird beklagt, dass die WTO keine Rücksicht auf den Umweltschutz nehme. Die häufige Einstufung von Umweltschutzmaßnahmen als Handelshemmnisse reduziere die staatlichen Möglichkeiten aktiven Naturschutz zu betreiben. Beispiele für als Handelshemmnisse eingestufte Umweltschutzmaßnahmen seien unter anderem die Reinhaltung der Luft, der Tierschutz und die Beschränkung der Gentechnik. Dagegen ist wiederum einzuwenden, dass Staaten möglicherweise Umweltschutzbestrebungen lediglich als Vorwand für versteckten Protektionismus benutzen könnten.

In der Präambel der WTO ist das Prinzip der sustainable development als Ziel formuliert, ferner u.a. der Abbau produktionsgebundener Subventionen für die Landwirtschaft.

Wegen der Besonderheiten der Weltagrarmärkte wurden besondere Regeln für den Agrarhandel eingeführt.

WTO-Beschlüsse im Agrarbereich:

Hintergrund der Maßnahmen sind die besonderen Merkmale der Landwirtschaft der Industriestaaten mit ihrem hohen Grenzschutzniveau und dem zunehmenden Einsatz von nichttarifären Handelshemmnissen. Mit der Industrialisierung hatten sich die Einkommensunterschiede zwischen Landwirtschaft und Nichtlandwirtschaft vergrößert. Die einzelnen Länder reagierten auf diese Entwicklung mit Einkommensbeihilfen an die Landwirtschaft, teils über Preisstützungen und Grenzschutzmaßnahmen, teils über direkte Beiträge. In den Entwicklungsländern liegen die Verhältnisse anders. Die Landwirtschaft wird vom Staat nicht unterstützt. Im Gegenteil, der Staat besteuert die Landwirtschaft über Exportabgaben. 1988 lagen die Exportpreise von 19 Entwicklungsländern um fast 30 Prozent unter den Weltmarktpreisen.

Das WTO-Agrarabkommen enthält eine Fortsetzungsklausel mit dem Ziel, "die Anstrengungen für ein faires und marktorientiertes Agrarhandelssystem fortzusetzen".

In der aktuellen Doha-Entwicklungsrunde verhandeln die Mitgliedstaaten seit 2001 insbesondere über die bessere Einbindung der Entwicklungsländer in den Welthandel.

Auf der Bali-Konferenz (2013-2014) haben sich alle damaligen 159 WTO-Länder erstmals auf ein Abkommen zum Abbau von Handelsschranken und Agrarsubventionen sowie auf Hilfen für Entwicklungsländer geeinigt. Für den Agrarmarkt gilt: Die GAP und das Stützungssystem für die EU-Agrarexporte bleiben vorerst unangetastet, EU-Exporterstattungen bleiben bei gravierenden Marktkrisen erlaubt. Die EU-Förderungen im Rahmen der sogenannten Green-Box (Landwirtschaft und ländlicher Raum) bleiben erlaubt, soweit sie nicht handelsverzerrend und WTO-konform sind.

Ziel der Bundesregierung ist es, bei den Doha-Verhandlungen im Agrarbereich, den Entwicklungsländern eine gleichberechtigte Teilnahme am Welthandel zu ermöglichen und zugleich sicherzustellen, dass das europäische Modell einer multifunktionalen Landwirtschaft auch in Zukunft Bestand hat. Ein WTO-Abschluss würde die reformierte Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union multilateral absichern und europäischen, also auch deutschen Landwirten, Planungssicherheit geben und Chancen eröffnen.

(s. a. Blue Box, Codex-Alimentarius-Kommission, Green Box)

Weitere Informationen:

Wuhr

Ein Wuhr (pl. Wuhre, Wühre, Wuhren oder Wühren) ist ein künstlicher Wasserlauf im Südschwarzwald, in der Region Hotzenwald. Daneben wird der Begriff im süddeutschen Raum und in der deutschsprachigen Schweiz auch als Synonym für Wehr genutzt. Die Verwendung als Bezeichnung für künstliche Wasserläufe ist auf Regionen im Südschwarzwald begrenzt.

Die drei großen Wuhren, das Heidenwuhr (14 km), das Hänner Wuhr (11,5 km) und das Hochsaler Wuhr (19 km) stehen mit ihren weitläufige Trassenlängen den Wasserzuleitungen mancher Suonen und Waale in den Alpen nicht nach. Sie führen das in wasserreichen Quellgebieten und an Bergbächen auf Höhen zwischen 800-700 m NN gefasste Wasser zum Hochrhein bei Säckingen und Laufenburg, wobei sie eine Höhendifferenz von bis zu 500 m überwinden.

Der Ursprung des Wuhrbaus im Südschwarzwald ist nicht bekannt. Erwähnungen der Wuhren im Spätmittelalter deuten darauf hin, dass diese schon im späten 12. Jahrhundert im Südschwarzwald angelegt wurden. Ursprüngliche Aufgabe der Wuhren war die Antriebskraft für die Blasebälge und Schmiedehämmer der Eisenhütten am Hochrhein (Aufbereitung von aargauischem Eisenerz) und für Säge- und Getreidemühlen bereitzustellen. Dies belegen eine Vielzahl alter Mühlen- und Sägewerksstandorte entlang der Wuhren.

Andere Nutzungen waren zweitrangig und gewannen erst mit dem Rückgang der Mühlen und Hütten an Bedeutung. Dennoch wurden in der Landwirtschaft die Wuhranlagen jahrhundertelang zur Melioration der Böden und Bewässerung der Wiesen auf dem oberen Hotzenwald genutzt. Auf ihrem Weg aus den Hochlagen sammelten die Wasserkanäle kleinere Bäche und Gerinne, durchzogen versumpfte Senken und Hochmoore, die sich nach dem Rückzug von Feldberg- und Murgtal-Gletscher gebildet hatten. Die Wuhrkanäle wirkten hier wie Drainagen und leisteten einen maßgeblichen Beitrag zur Entwässerung von moorig-sumpfigem Gelände.

Aus den teilweise moorigen und staunassen Böden wurden durch rieselnde Wassergaben unter anderem saure Huminstoffe ausgeschwemmt und die Bodenqualität verbessert. Allmählich besiedelten hochwertigere Pflanzengesellschaften die Mähwiesen, Binsen Seggen und Sauergräser wurden zurückgedrängt. Wo möglich, wurden organische Düngemittel wie Gülle und Stallmist mit dem Bewässerungswasser ausgebracht. Karge Böden über dem anstehenden Grundgebirge aus Granit und Gneis konnten so gedüngt und verbessert werden.

Auch bei durchschnittlichen Jahresniederschlägen um 1400 mm war lokal die Befeuchtungswirkung auf den Wiesen willkommen, da die flach zum Hochrhein hin geneigte Gebirgsscholle mit ihren flachwelligen und kuppigen Hochflächen tief durchkerbt ist von Wehra, Murg und Alb. Diese steilen Erosionstäler ziehen die Abflüsse rasch in die Vorfluter ab. Daher half die Ableitung in Wasserkanäle, die in geringem Gefälle durchschlängeln, besonders in trockeneren Jahren, Wassermangel auf den trockeneren Standorten auszugleichen.

Die Bewässerung der Wiesen wurde wie fast überall im Schwarzwald ab der Mitte des 20. Jahrhunderts nach und nach aufgegeben. Die Bewässerungseinrichtungen auf den Matten sind zerfallen, aber Teile der Wuhren existieren noch. Sie beliefern heute kleinere Wasserkraftwerke und erhalten Fischteiche. (Leibundgut/Vonderstrass 2016)

Weitere Informationen:

Wurt

Wurt (auch Warft, Warf, Werfte, Worth, Terpe oder Wierde) künstlich aus Erde aufgeschütteter Siedlungshügel für ein einzelnes Gehöft oder ein kleineres Dorf, gewöhnlich in unbedeichten Marschgebieten zum Schutz vor Sturmflutwasserständen. Die ältesten Wurten in der Küstenlandschaft der Nordsee entstanden vor ca. 2000 Jahren.

Die Form der Wurten ist meist rund, manchmal aber auch langgestreckt. Sie kommen in den nordwestdeutschen Marschgebieten, in der Nordsee auf den Halligen sowie in den Niederlanden und im südwestlichen Dänemark vor. Die bereits seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. entstandenen Hügel waren lange vor dem Deichbau der einzig wirksame Hochwasserschutz.

Wurtendorf

Auch Wurtdorf, Wurtenrunddorf, Warftendorf; äußerlich den Rundlingen ähnliche Siedlung auf einem künstlich aufgeschütteten Hügel (Wurt), deren Höfe kreisförmig angeordnet sind, und die mit der Stirnseite am Warftfuß nach außen stehen. Im Unterschied zu den Rundlingen sind Wurtendörfer keine Platzdörfer, sie zählen zu den geschlossenen Dörfern.

Ihre Verbreitung finden sie in den niederländischen und deutschen Seemarschen von Westfriesland über Ostfriesland bis Nordfriesland.

Wurten wurden besonders bis zur im 11. Jahrhundert beginnenden Eindeichung der Marschen gebaut und boten den Siedlungen bis dahin den einzigen Schutz vor Sturmfluten. Auf den Halligen sind sie bis heute der einzige Hochwasserschutz.

Wurzelgemüse

Handelsübliche Bezeichnung für Gemüsesorten, bei denen die Wurzel den essbaren Anteil der Pflanze darstellt. Bei diesen Gemüsesorten dient die Wurzel als nährstoffreiches Speicherorgan, das durch sekundäres Dickenwachstum eine sog. Rübe bildet. 

Die oft süßlich schmeckenden und teilweise sehr aromatischen Wurzelgemüse können gekocht, gebraten, eingelegt oder roh verzehrt werden. Zu ihnen zählen z. B.:

Weitere Informationen:

Wurzelknöllchen

Durch das symbiontische Zusammenleben von bestimmten Bakterien (Rhizobium, Bradyrhizobium) mit den Wurzeln von Pflanzen der Leguminosen entstehen Wurzelknöllchen, in denen die Umwandlung von atmosphärischem Stickstoff (N2) zu Ammonium (NH4+) stattfindet. Die Stickstoffixierung ist weder den freilebenden Rhizobien noch den Leguminosen allein, sondern nur durch das symbiontische Zusammenleben beider Partner möglich. Eine besonders effiziente Stickstoffbindung findet in stickstoffarmen Böden statt.

Durchschnittlich fixieren Sojabohnen, Buschbohnen und Erdnüsse etwa 100 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr, Erbsen und Lupinen etwa 150 kg und Ackerbohnen, Luzerne und Klee etwa 200 - 250 kg. Die drei genannten Pflanzengruppen decken mit der symbiontischen Stickstoffixierung etwa 50 %, 70 %, respektive 90 % ihres Gesamtstickstoffbedarfs.

Wüste

Gebiet der Erde, das durch geringe bis fehlende Pflanzendecke gekennzeichnet ist. Ursache für Wüsten sind entweder fehlende Wärme (Kältewüste, Hochgebirgswüste), Eisschildbedeckung  (Eiswüste), edaphische Faktoren (z.B. hoher Salzgehalt), Überweidung oder Wassermangel (TrockenwüsteHitzewüste). Wüsten zählen zur Anökumene.

Wüstentypen und Verbreitung

Je nach Grad der Vegetationsbedeckung wird von der Voll- oder Halbwüste gesprochen. Weiterhin können nach den Substrattypen Lehmwüste, Salzwüste, Sandwüste und Serir (Geröllwüste) sowie Hammada (Steinpflaster) unterschieden werden. Charakteristisch ist die Lebensfeindlichkeit der Wüste, die nur Spezialisten unter den Tieren und Pflanzen ein Überleben ermöglicht. Wüsten finden sich im Innern der Kontinente (Sahara in Nordafrika, Gobi und Taklamakan in Ost- und Zentralasien) oder an der Westküste südhemisphärischer Kontinente (Nebelwüsten Namib im südlichen Afrika und Atacama in Südamerika). Wüsten sind überwiegend natürlich und großklimatisch bedingt. Durch Übernutzung sind aber auch zusätzliche Gebiete mit Wüstencharakter entstanden (Desertifikation).

Ursachen der Wüstenentstehung
Nach den vorwiegenden Ursachen der Aridität werden unterschieden (hier beschränkt auf BW):

a) Passat- bzw. Wendekreiswüsten mit ganzjährigen Hochdruckzellen, polseitig mit winterlichen Westwindregen, äquatorseitig mit sommerlichen Monsunregen (z.B. australische Wüste, südafrikanische Kalahari);

b) die Sahara als tropische Ostjet-Wüste, wobei der absteigende Ast der Querzirkulation des im Sommerhalbjahr vom West-Pazifik zum Ost-Atlantik wehenden Strahlstroms die Konvektion und Nordverlagerung der Monsunzone nahezu unterbindet und so den Hochdruckzelleneffekt der Passatwüste verstärkt;

c) Küsten- und zugleich Nebelwüsten durch niederschlagsverhindernde Inversionsbildung über einer durch Auftriebswasser kalten Meeresströmung (Atacama, Namib und westafrikanische Küste durch Humboldt-, Benguela- und Kanarenstrom), allerdings verstärkt durch Passatinversion (durch den Kalifornienstrom in Baja California nur BS-Klima);

d) winterkalte Binnen- bzw. orographische Wüsten Innerasiens (BWk) als Folge extremer Kontinentalität bzw. Meeresferne, bis 50°N;

e) Regenschattenwüsten im Westwind-Lee von Sierra Nevada, Basin Ranges und Sierra Madre Occidental im Südwesten der USA und in Nord-Mexiko sowie im Lee der südlichen Anden;

f) Hochgebirgswüsten (Hochplateaus der Anden und Tibets, in Kombination von Höhe, Kälte, Regenschatten und Kontinentalität;

g) polare Trockenwüsten (kanadische arktische Inseln) im Unterschied zu nur durch Kälte vegetationsarmen Polargebieten und h) Eiswüsten (Antarktis, Grönland). Die vegetationslose inner-isländische Wüste ist edaphisch, d.h. trotz humiden Klimas durch die hohe Wasserdurchlässigkeit vulkanischer Aschen, bedingt.

Der Lebensraum des Menschen in der Wüste hat sich in zunehmender Anpassung an die Aridisierung während der letzten ca. 4000 Jahre aus paläolithischer Jagd- und neolithischer Hirtenkultur zu einer auf Bewässerungswirtschaft basierenden agraren und, besonders in der Halbwüste, zunehmend städtischen Oasenkultur entwickelt, meist in Verbindung mit Halb- oder Vollnomaden, die die Verkehrswege und den Handel durch die nie als absolute Barrieren wirkenden Wüsten beherrsch(t)en. Wichtigstes Produktions- und Handelsgut der altweltlichen Wüsten war das Salz.

Die zehn größten Wüsten der Erde (Fläche in km²)

Die zehn größten Wüsten der Erde (Fläche in km²)

Die Antarktis ist mit einer Fläche von 14 Millionen km² die größte Wüste der Welt. Wüsten sind extrem trockene Gebiete, die aufgrund der Trockenheit keine oder nur eine sehr geringe Vegetation aufweisen. Es handelt sich somit um äußerst lebensfeindliche Regionen. Auch die Antarktis zeichnet sich durch extrem geringe Niederschlagsmengen aus, die zudem meist in gefrorener Form - als Schnee - den Erdboden erreichen und somit nicht von Pflanzen aufgenommen werden können. Genau wie die Antarktis ist auch die Arktis, die zweitgrößte Wüste der Welt, eine Polar- bzw. Eiswüste. Neben Polarwüsten gibt es noch Subtropische Wüsten (z. B. die Sahara), Binnenwüsten (z. B. die Gobi Wüste) oder kalte Küstenwüsten (z. B. die Patagonische Steppe).

Quelle: CIA nach Statista 2022

Landwirtschaftliche Nutzung

Traditionelle landwirtschaftliche Systeme in der Wüste sind in Nordafrika seit langem etabliert, wobei die Bewässerung der Schlüssel zum Erfolg in einem Gebiet ist, in dem Wasserstress ein limitierender Faktor für das Wachstum ist. Zu den möglichen Techniken gehören die Tröpfchenbewässerung, die Verwendung organischer Rückstände oder tierischer Düngemittel und andere traditionelle landwirtschaftliche Bewirtschaftungsmethoden. Ist die Fruchtbarkeit erst einmal aufgebaut, wird der Boden durch den weiteren Anbau von Pflanzen vor der Zerstörung durch Wind und andere Formen der Erosion bewahrt. Es wurde festgestellt, dass pflanzenwachstumsfördernde Bakterien eine Rolle bei der Erhöhung der Widerstandsfähigkeit von Pflanzen gegenüber Stressbedingungen spielen, und diese Rhizobakterien-Suspensionen könnten in den Boden in der Nähe der Pflanzen eingeimpft werden. Eine Studie über diese Mikroben ergab, dass die Landwirtschaft in der Wüste die Wüstenbildung aufhält, indem sie Inseln der Fruchtbarkeit schafft, die es den Landwirten ermöglichen, trotz der widrigen Umweltbedingungen höhere Erträge zu erzielen. Ein Feldversuch in der Sonora-Wüste, bei dem die Wurzeln verschiedener Baumarten Rhizobakterien und dem stickstofffixierenden Bakterium Azospirillum brasilense ausgesetzt wurden, um degradierte Böden wiederherzustellen, war nur teilweise erfolgreich.

Die Judäische Wüste wurde im 7. Jahrhundert v. Chr. während der Eisenzeit bewirtschaftet, um Nahrungsmittel für Wüstenfestungen zu liefern. Die amerikanischen Ureinwohner im Südwesten der Vereinigten Staaten wurden um 600 n. Chr. zu Landwirten, als Saatgut und Technologien aus Mexiko verfügbar wurden. Sie setzten Terrassierungstechniken ein und bauten Gärten neben Quellen, in feuchten Gebieten am Fuße von Dünen, in der Nähe von Bächen, die für die Bewässerung sorgten, und in Gebieten, die durch speziell angelegte Kanäle bewässert wurden. Der Hohokam-Stamm baute über 800 km große Kanäle und unterhielt sie über Jahrhunderte hinweg - eine beeindruckende technische Leistung. Sie bauten Mais, Bohnen, Kürbis und Paprika an.

Ein modernes Beispiel für Wüstenlandwirtschaft ist das Imperial Valley in Kalifornien, wo hohe Temperaturen herrschen und durchschnittlich nur 76 mm Niederschlag pro Jahr fallen. Die Wirtschaft basiert in hohem Maße auf der Landwirtschaft, und das Land wird durch ein Netz von Kanälen und Rohrleitungen bewässert, die vollständig vom Colorado River über den All-American Canal gespeist werden. Der Boden ist tief und fruchtbar, da er zu den Überschwemmungsgebieten des Flusses gehört, und was sonst eine Wüste wäre, hat sich in eine der produktivsten landwirtschaftlichen Regionen Kaliforniens verwandelt. Weiteres Wasser aus dem Fluss wird über Pipelines in städtische Gemeinden geleitet, aber all dies geht auf Kosten des Flusses, der unterhalb der Entnahmestellen die meiste Zeit des Jahres keinen oberirdischen Wasserabfluss mehr hat. Ein weiteres Problem bei dieser Art des Anbaus ist die Versalzung des Bodens durch die Verdunstung des Flusswassers. Die Begrünung der Wüste ist nach wie vor ein Ziel und wurde einst als zukünftiges Mittel zur Steigerung der Nahrungsmittelproduktion für die wachsende Weltbevölkerung angesehen. Diese Aussicht hat sich als falsch erwiesen, da dabei die Umweltschäden außer Acht gelassen wurden, die andernorts durch die Umleitung von Wasser für die Bewässerung von Wüstenprojekten verursacht werden.

Weitere Informationen:

Wüstenbildung in der EU

Europa ist zunehmend von Wüstenbildung (Desertifikation) betroffen. Das Risiko der Wüstenbildung ist im Süden Portugals, in Teilen Spaniens und Süditaliens, im Südosten Griechenlands, in Malta, in Zypern und in den Grenzgebieten zum Schwarzen Meer in Bulgarien und Rumänien am größten. Studien haben ergeben, dass diese Gebiete häufig von Bodenerosion, Versalzung, Verlust von organischem Kohlenstoff im Boden, Verlust der biologischen Vielfalt und Erdrutschen betroffen sind.

Begriff

Unter Wüstenbildung ist die Landverödung in ariden, semiariden und trockenen subhumiden Gebieten infolge verschiedener Faktoren, einschließlich Klimaschwankungen und menschlicher Tätigkeiten zu verstehen. Die Wüstenbildung kann Armut, gesundheitliche Probleme durch den vom Wind herbeigetragenen Staub und einen Rückgang der biologischen Vielfalt verursachen. Sie kann darüber hinaus demografische und wirtschaftliche Folgen haben, die Menschen dazu zwingen, aus den betroffenen Gebieten abzuwandern. Der Begriff Wüstenbildung bezieht sich nicht auf die Bedingungen in Gebieten, die traditionell als "Wüsten" bezeichnet werden. Er bezieht sich vielmehr auf Trockengebiete.

Ursachen

Zusammenhang zwischen Wüstenbildung, Verlust der biologischen Vielfalt und Klimawandel
Zusammenhang zwischen Wüstenbildung, Verlust der biologischen Vielfalt und Klimawandel

Quelle: ECA nach "Ecosystems and Human Well-being: Desertification Synthesis" des WRI, 2005, S. 17

Rückkopplungseffekte

Die Wüstenbildung wiederum kann den Klimawandel beeinflussen. Sie hat nachteilige Auswirkungen auf den Klimawandel.

Weitere Informationen:

Wüstenkonvention

"Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung und der Dürrefolgen insbesondere in Afrika" (UN Convention to Combat Desertification in Countries Experiencing Serious Drought and/or Desertification, Particularly in Africa); eine am 26.12.1996 in Kraft getretene Vereinbarung mit vorwiegend programmatischem Charakter, in der verbindliche operationelle und konkrete finanzielle Konsequenzen nicht festgeschrieben wurden. Wesentliche Ziele der Wüstenkonvention sind die Bekämpfung der Wüstenbildung und die Milderung der Dürrefolgen.

Die UNCCD ist die einzige globale Konvention, die gemäß der Klassifizierung des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) dem Cluster der „Land-Konventionen“ zugeordnet werden kann und gehört zusammen mit der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen und dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt zu derjenigen Gruppe von Abkommen, welche wichtige Kernziele der Vereinten Nationen repräsentieren.

Als völkerrechtlich innovatives Vorgehen ist der bottom-up-Ansatz zu sehen, der bei der Desertifikationsbekämpfung die lokale Bevölkerung aktiv in Entwicklung und Umsetzung von Aktionsplänen einbezieht.

(s. a. Bodendegradation, Desertifikation, Landdegradation)

Global Desertification Vulnerability Map
Global Desertification Vulnerability Map

Quelle: USDA

Weitere Informationen:

Wüstensteppe

Steppentyp mit jährlichen Niederschlägen unter 200 mm. Vorherrschend sind hier - meist klimabedingt wie auch als Folge von Beweidung - Zwerg- und Halbsträucher. Der Graswuchs ist eher spärlich und selten höher als 20 mm. Die Anteile perenner Gras- und Krautarten sind niedriger, die von annuellen dagegen eher höher als in den 'echten' Steppen. Der Pflanzenbestand ist mäßig lückenhaft, aber noch über 50 % der Fläche (bei einem Flächenbestand unter 50 % sind es Halbwüsten). Meist ist es nur 1 Monat humid. Vorherrschende Bodentypen sind Xerosole.

Die Wüstensteppen werden vielfach (z.B. in Nordamerika) den 'deserts' zugerechnet, also zur Gruppe der Wüsten/Halbwüsten.

Wüstung

Bezeichnung für eine aufgegebene Siedlung (Ortswüstung), Wirtschaftsfläche (Flurwüstung) oder Industrieanlage (Industriewüstung). Man unterscheidet nach totalen und partiellen Wüstungen. Ursachen für Wüstungen können Bevölkerungsverluste (durch Kriege, Fehden, Seuchen, Landflucht, Verstädterung oder natürlich bedingt, z.B. infolge von Klimaanomalien mit verstärkter Bodenerosion) sein oder auch rein wirtschaftliche Gründe (nachlassende Ertragsfähigkeit des Bodens, Agrarkrise mit sinkenden Preise/steigenden Löhnen, Erschöpfung von Lagerstätten usw.). Auch können Veränderungen der gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse, also erhöhte Abgaben und Frondienste sowie die Einführung der Leibeigenschaft dazu beigetragen haben, dass Bauernfamilien verstärkt abwanderten.

Die mitteleuropäischen Entsiedlungen im späten Mittelalter hatten ihre Ursache vornehmlich im Rückgang der Bevölkerungszahlen, hervorgerufen seit 1309/17 durch Hungersnöte und vor allem durch die 1347/51 erstmals stärker auftretenden Pestepidemien. Ausgedehnte Wüstungsfluren, die man nicht der Bewaldung überlassen wollte, verblieben in nur noch extensiver Nutzung. Vor allem in natürlich benachteiligten Gebieten wurde früheres Ackerland den Allmenden angegliedert und als genossenschaftliches Weideland gebraucht. In SW-Deutschland sind herrschaftliche und bäuerliche Schäfereien auf Wüstungsland gegründet worden, die Wanderschäferei der Schwäbischen Alb erhielt wahrscheinlich erst durch die spätmittelalterliche Entsiedlung die notwendigen Weideareale.