Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Gemeinsame Agrarpolitik (GAP)

Die Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union ist eine sektorale Wirtschaftspolitik, die sich durch eine hohe Eingriffsintensität auszeichnet und als Folge die Entwicklung der Landwirtschaft in starkem Maße bestimmt. Sie bedeutet die Einbindung der nationalen Agrarpolitik in zwingende Vorschriften der EU. Die GAP ist im Laufe ihres Bestehens wiederholt reformiert worden.

12 kurze Lektionen über die EU-Landwirtschaft

Kein Sektor ist so stark mit der Gestaltung von Lebensräumen verwoben wie die Landwirtschaft. Ändert sie sich, ändern sich auch die ökologischen und sozialen Systeme, die darin beheimatet sind. Schnell wandelt sich überall in Europa die Art, wie Äcker bewirtschaftet und Tiere gehalten werden. Vielerorts geben Betriebe auf. Die verbleibenden Höfe werden größer, und jeder Fleck wird möglichst intensiv genutzt.

Die Veränderungen in der Landwirtschaft sind nicht nur für Bäuerinnen und Bauern relevant, sondern für uns alle – eben weil sie so eng mit unserer Ernährung, dem Klima, der Natur und den ländlichen Räumen verbunden sind. Wichtig ist also, dass wir uns als Gesellschaft darauf einigen, in welche Richtung sich die Landwirtschaft entwickeln soll.

Quelle: Agraratlas 2019, CC BY 4.0

Die aktuellen Reformvorschläge (2019) der EU-Kommission zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) lassen keine Verbesserungen beim Umweltschutz erwarten. Eine große Chance, den Reformprozess im Sinne der Bevölkerung und der internationalen Verpflichtungen zu gestalten, liegt im Gestaltungswillen des neu gewählten EU-Parlaments.

Die "alte" GAP

Ziel der EU-Agrarpolitik nach Artikel 39 des EWG-Vertrags von 1957 ist es,

Die Gestaltung der GAP vollzog sich vor dem historischen Hintergrund, nach dem in den fünfziger Jahren die Gründerstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft die Versorgung der Bevölkerung mit Agrarprodukten (Selbstversorgungsrate 1962: ca. 80 %) kaum gewährleisten konnten, eine starke Importabhängigkeit bestand und die Erinnerung an die Entbehrungen der Kriegs- und Nachkriegsjahre noch frisch war.

Die drei wichtigsten Grundprinzipien der europäischen Agrarpolitik zur Erreichung dieser Ziele lauten:

Im Wesen war die ursprüngliche GAP zunächst ein System der garantierten Preise bei unbeschränkter Produktion. Die Preise für Gemeinschaftserzeugnisse lagen dabei meist weit über dem Weltmarktpreis. Damit sie dennoch günstiger als importierte Waren angeboten werden konnten, wurden eingeführte landwirtschaftliche Erzeugnisse mit Zöllen oder Abgaben gegenüber den Gemeinschaftserzeugnissen verteuert. Ausfuhrerstattungen sicherten wiederum die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Waren auf dem Weltmarkt.
Kern der Agrarpolitik waren und sind die der Marktregulierung dienenden gemeinsamen Marktordnungen für fast alle in der EU erzeugten Agrarprodukte. Der Rat der EU kann weitere Marktordnungen erlassen, wobei er die EU-Kommission ermächtigt, Detailregelungen auszuarbeiten. Die einzelnen Marktordnungen unterscheiden sich wesentlich; einige enthalten lediglich Handelsregelungen oder Qualitätsnormen, andere sehen preisstützende Maßnahmen vor, während die komplizierteren Marktordnungen vollständige Preisregulierungssysteme darstellen.

Bis heute (2017) wurden auch die Marktordnungen nachhaltig verändert, insbesondere durch eine Gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse sowie eine stärkere Bindung der Direktzahlungen an ökologische Standards, das sogenante Greening.

Hinsichtlich Produktivität und Effizienz war diese Politik äußerst erfolgreich, hat aber eine Vielzahl von sozialen, ökonomischen und ökologischen Problemen verursacht. Dazu gehören:

Die Selbstversorgungsgrade lagen Anfang der neunziger Jahre bei einer Reihe von Agrarprodukten in vielen Ländern bzw. EG-weit bei 120 bis 130 %. Bei der Produktion von Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten oder pflanzlichen Ölen war man dagegen - zumindest national - noch weit von einer Selbstversorgung entfernt.
Das Auseinanderklaffen von Verbrauchs- und Produktionsentwicklung führte nicht nur zu hohen Überschüssen, sondern auch zu entsprechend steigenden Kosten für die Marktordnung. Von 1973 bis 1988 stiegen die Agrarausgaben der EG um jährlich 7 %. 1997 lag der EU-Agrarhaushalt bei insgesamt 77,2 Mrd. DM (Gesamthaushalt 155,7 Mrd. DM). Von den Agrarausgaben entfiel der größte Teil allein auf die Marktordnung (Intervention, Lagerhaltung, Exporterstattung). Die nationalen und EG-Agrarmarktausgaben kommen somit weit weniger den Landwirten als vielmehr den mit der Marktordnung (Lagerhaltung und Transport, Agrarhandel, und -export, inferiore Verwertung) befaßten Unternehmen zugute. Es wird mittlerweile angenommen, daß die Agrarsubventionen die Wertschöpfung aus der Landwirtschaft überstiegen.

Auf die räumliche Verteilung der Agrarproduktion hatte bzw. hat die EU-Agrarmarktpolitik teils beabsichtigte, teils unbeabsichtigte Auswirkungen:

Übrigens wurde auch in der nach Autarkie strebenden DDR eine flächendeckende Landbewirtschaftung erzielt, und zwar durch die staatlich festgelegten einheitlichen landwirtschaftlichen Erzeugerpreise.

Neue Herausforderungen für die GAP stellten zum einen die 1999 beginnenden neuen Verhandlungsrunden der WTO (Globalisierungsdruck) und zum anderen die Integration der Landwirtschaft der 11 beitrittswilligen mittel- und osteuropäischen Länder (MOEL) dar. Die MOEL haben eine LN von 60 Mio. ha (EU 15 = 140 Mio. ha LN) und eine Bevölkerung von 105 Mio. Einwohnern (EU 15 = 370 Mio.). Die Agrardichte ist in diesen Ländern hoch, ebenso der Anteil der Landwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt. Die Landwirtschaft wies aber eine geringe Produktivität und ein niedriges Preisniveau auf und wurde vollständig umstrukturiert. Es war folglich ein Übergangszeitraum vorgesehen, um eine schrittweise Harmonisierung dieser Länder ohne Destabilisierung der derzeitigen GAP zu ermöglichen. (Agenda 2000)

Das folgende Schaubild zeigt die Entwicklung der GAP-Ausgaben im Kontext des politischen Wandels:

GAP-Ausgaben und GAP-Reformpfad (2011 konstante Preise)
GAP-Ausgaben und GAP-Reformpfad (2011 konstante Preise)

Quelle: EU Kommission

Die reformierte GAP

Die GAP ist heute stark vereinfacht, modernisiert und kostengünstiger. Lebensmittelberge gibt es fast nicht mehr und die Exportsubventionen sind stark gesunken. Insofern widerspricht sie den häufig noch bestehenden Klischees. Europa ist heute ein wichtiger Exportraum, aber auch der weltweit größte Importeur von Lebensmitteln, v.a. aus Entwicklungsländern. Die bisher von der EU getätigten Einfuhren  aus den Entwicklungsländern und den am wenigsten entwickelten Ländern übertreffen die der USA, Japans, Kanadas, Australiens und Neuseelands zusammengenommen. Verglichen mit früher wendet der europäische Agrarsektor sicherere, und umweltverträglichere Methoden an und produziert Qualitätserzeugnisse, auch wenn sektoral noch deutlicher Optimierungsbedarf besteht. Ferner steht der Sektor im Dienste seines ländlichen Raums und trägt dazu bei, diesen als Arbeitsplatz, Wohn- und Ferienort zu erhalten und für die Zukunft fit zu machen.

Die weiter bestehenden Grundsätze der frühen GAP (Einheit des Marktes, Gemeinschaftspräferenz, Finanzielle Solidarität) wurden 1979 durch einen vierten Grundsatz, die Mitverantwortung, ergänzt. Dieser Grundsatz besagt, dass die Landwirte in bestimmten Sektoren an den durch die Überproduktion entstehenden Kosten beteiligt werden.

Die Umsetzung der über die Grundsätze abgeleiteten Ziele erfolgt heute mit anderen Mitteln als zu Zeiten der Errichtung und des Ausbaus des Gemeinsamen Agrarmarktes. Außerdem sind andere Aspekte, wie die der Umwelt-, Entwicklungs-, Struktur- und Außenwirtschaftspolitik stärker zu berücksichtigen.

Demnach kommen zu den in Artikel 39 AEUV festgelegten spezifischen Zielen der GAP andere, in mehreren Bestimmungen des Vertrags festgelegte Ziele hinzu, die für die gesamten politischen Strategien und Maßnahmen der Union gelten. In diesem Rahmen werden die Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus (Artikel 9), der Umweltschutz zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung (Artikel 11), der Verbraucherschutz (Artikel 12), die Anforderungen in Bezug auf das Wohlergehen der Tiere (Artikel 13), der Schutz der öffentlichen Gesundheit (Artikel 168 Absatz 1) oder der wirtschaftliche, soziale und territoriale Zusammenhalt (Artikel 174 bis 178) zu integralen Bestandteilen der Ziele der GAP. Außerdem sind in Artikel 207 vor dem Hintergrund der Öffnung und der Globalisierung der Märkte die Grundsätze der gemeinsamen Handelspolitik festgelegt, die für den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen gelten. Schließlich gilt für die Grundsätze der Wettbewerbspolitik im Bereich der Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und des Handels mit diesen aufgrund der strukturellen Besonderheiten des Primärsektors eine Ausnahmeregelung (Artikel 42). Diese Ausnahmeregelung wurde jedoch erst im Rahmen der jüngsten Reform der gemeinsamen Marktorganisation 2013 eingeführt.

Die Agrarausgaben wurden bis Ende 2006 vom Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) finanziert. An die Stelle des EAGFL sind der Europäische Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und der Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) getreten. Im Laufe der Jahre ist der Anteil der Gemeinsamen Agrarpolitik am EU-Budget kontinuierlich gesunken. Im Jahr 1988 betrug er noch knapp 70 Prozent, im Jahre 2008 nur mehr ca. 45 Prozent des EU-Haushalts. Mit einem Anteil von 38 Prozent stellen die Mittel für die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) den größten Ausgabenblock im mehrjährigen Finanzrahmen der Europäischen Union für den Zeitraum 2014-2020 dar. Allein für das Jahr 2014 sind rund 58 Mrd. für Agrarausgaben eingeplant.

Mit den über die Gemeinsame Agrarpolitik bereitgestellten Mitteln werden sowohl die Landwirte als auch die ländlichen Regionen gefördert. Dabei verteilt sich die EU-Förderung auf zwei Säulen:

Die erste Säule bilden die Direktzahlungen an die Landwirte, die – bei Erfüllung der jeweiligen Voraussetzungen – je Hektar landwirtschaftlicher Fläche gewährt werden.
Seit der Uruguay-Runde 1992 der Welthandelsorganisation (WTO) sind auch Agrarprodukte den Regeln des internationalen Warenhandels unterworfen. Deshalb wurden Preisstützung und Regulierung der Agrarmärkte durch Marktordnungen Schritt für Schritt aufgegeben. Im Gegenzug bekommen die Landwirte seitdem Direktzahlungen, die seit 2005 grundsätzlich von der Produktion entkoppelt sind und flächenbezogen gewährt werden. Ergänzend werden Fördermaßnahmen für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum in der „zweiten Säule“ der GAP angeboten.

Die zweite Säule umfasst gezielte Förderprogramme für die nachhaltige und umweltschonende Bewirtschaftung und die ländliche Entwicklung.
Neben der „ersten Säule“ der GAP besteht die Förderung aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) als „zweiter Säule“ der GAP. Mit der Förderung von Investitionen in der Landwirtschaft sollen deren Wettbewerbsfähigkeit verbessert und der Strukturwandel abgefedert werden. Mit Agrarumweltmaßnahmen und der Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete soll eine nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen sichergestellt werden. Viele weitere Maßnahmen haben die Förderung ländlicher Infrastrukturen im Fokus.

Die Landwirtschaft in Europa wird mit der EU-Agrarreform ökologischer und nachhaltiger. Kern der Reform ist ein wirksames Greening der Direktzahlungen aus der ersten Säule. Das bedeutet, dass 30 Prozent der Direktzahlungen nur dann an die Landwirte fließen, wenn die Betriebe zusätzliche Umweltleistungen erbringen, die über die bereits geltenden Cross-Compliance-Anforderungen hinausgehen. Damit wird nicht nur ein mehr an Ökologie erreicht, sondern auch das Prinzip "Öffentliche Gelder für öffentliche Leistungen" noch stärker in den Vordergrund gerückt.

Mit den zusätzlichen Mitteln der zweiten Säule können künftig vor allem die Einführung und Beibehaltung des ökologischen Landbaus sowie besonders tiergerechter Haltungsverfahren gefördert werden. Ferner stehen die zusätzlichen Mittel der zweiten Säule für flächenbezogene Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen sowie für eine verstärkte Förderung von ökologisch besonders wichtigen Grünlandstandorten zur Verfügung. Auch für die Förderung der Bewirtschaftung in den von der Natur benachteiligten Gebieten einschließlich der Berggebiete steht über die zweite Säule mehr Geld zur Verfügung.

Drei allgemeine und neun spezifische Ziele der GAP nach 2020

Anfang Juni 2018 hat die EU-Kommission ihre Vorschläge für die GAP nach 2020 veröffentlicht. Das darin vorgeschlagene neue Umsetzungsmodell („New Delivery Model“) soll den Mitgliedstaaten insbesondere mehr Flexibilität einräumen. An die Stelle einer regelorientierten soll eine stärker leistungsorientierte GAP treten. Vorgesehen ist, dass die Mitgliedstaaten zur Erreichung der vorgegebenen Ziele über die hierfür geeigneten Maßnahmen im Rahmen nationaler GAP-Strategiepläne entscheiden. Die Vorschläge der Kommission sowohl zum Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR), als auch zur GAP werden derzeit auf EU-Ebene beraten. Die Bundesregierung unterstützt das neue Umsetzungsmodell mit Blick auf das darin verankerte höhere Maß an Subsidiarität ausdrücklich.

Die Vorschläge enthalten drei allgemeine Ziele: a) die Förderung einer intelligenten, krisenfesten und diversifizierten Landwirtschaft zur Gewährleistung der Ernährungssicherheit, b) die Stärkung von Umweltpflege und Klimaschutz und c) die Stärkung der ländlichen Gebiete. Insgesamt sind neun spezifische Ziele der GAP vorgesehen. Diese reichen von der Sicherung der landwirtschaftlichen Einkommen und der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit über die Stärkung der Position der Landwirte in der Lebensmittel-Wertschöpfungskette bis hin zu Klimaschutz und Erhalt der biologischen Artenvielfalt. Im Fokus stehen auch die ländliche Entwicklung und junge Landwirte.

Kernelemente der Verordnungsvorschläge der EU-Kommission zur GAP nach 2020:

Verzögerung

Die neue GAP-Förderperiode wird mit zwei Jahren Verspätung erst am 1.1.2023 beginnen.20 Mit dem Ende der Trilog-Verhandlungen zwischen Agrarrat, EUParlament und EU-Kommission ist bis Sommer 2021 zu rechnen. In Deutschland ist eine Sonder-Agrarministerkonferenz geplant, um politische Beschlüsse zur nationalen Ausgestaltung der GAP zu treffen.

GAP und Entwicklungsländer

Der Landwirtschaft und dem ländlichen Raum kommt bei der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung vieler Länder der Dritten Welt eine Schlüsselrolle zu. Die nationale Politik in den Entwicklungsländern wie auch die Entwicklungspolitik der Industrieländer haben dieser Erkenntnis aber über lange Zeit nicht Rechnung getragen. Die konsequente Modernisierung und Entwicklung der einheimischen Landwirtschaft in den Entwicklungsländern dient jedoch nicht nur der Beseitigung der akuten Hungerprobleme, sondern ist auch Ausgangspunkt und Motor für einen umfassenden gesamtwirtschaftlichen Entwicklungsansatz.

Ein schwerwiegendes Problem für viele arme Länder sind die Subventionen, mit denen die Industrienationen ihren Agrarsektor stützen. Diese Beihilfen führen dazu, dass viele Produkte aus weniger entwickelten Regionen auf dem Weltmarkt nicht konkurrieren können.

Der europäische Binnenmarkt ist mittlerweile für Produkte aus Entwicklungsländern weit geöffnet (z.B. durch AKP- und EBA-Abkommen). Die Europäische Union hat die Exporterstattungen abgebaut.

Die Entwicklungspolitik nimmt in der Außenpolitik der Europäischen Union eine Schlüsselstellung ein. Die EU hat ihren ursprünglichen Schwerpunkt schrittweise auf die Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean ausgeweitet und arbeitet nun mit etwa 160 Ländern auf der ganzen Welt zusammen.

Wichtigstes Ziel der EU-Entwicklungspolitik ist die Beseitigung der Armut. Weitere Ziele sind die Verteidigung der Menschenrechte und der Demokratie, die Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern und die Bewältigung der Herausforderungen in den Bereichen Umwelt und Klima. Die EU ist der weltweit größte Geber von Entwicklungshilfe.

Ein Blick zurück:

Die Exporterstattungen der früheren EU-Agrarpolitik hatten vielfach ruinöse Auswirkung auf die Landwirtschaft der Dritten Welt. Derart subventionierte, in Europa nicht benötigte Nahrungsmittel trugen zu einem Preisverfall auf dem Weltmarkt bei. Je tiefer dort die Preise sanken, um so mehr Exportsubventionen mussten aufgewandt werden, um die Überschüsse weiterhin absetzen zu können. Der Preisdruck am Weltmarkt ging damit zu Lasten der Länder, die auf die Devisenerlöse zur Finanzierung ihres Entwicklungsprozesses angewiesen sind.
In Entwicklungsländern, meist ohne protektionistisches Agrarsystem, störten diese Dumping-Importe das Preisgefüge auf den lokalen Märkten. Die einheimischen Landwirte wurden vom Markt gedrängt. Allein 1991 gab die EG 100 Millionen ECU für den Export von Rindfleisch in die westafrikanischen Länder (v.a. Ghana, Elfenbeinküste, Togo, Benin, Senegal) aus, wobei der eigentliche Warenwert 27 Millionen ECU betrug. Das Fleisch wurde rund 50 % billiger als von den ortsansässigen Bauern angeboten. Die unmittelbaren Folgen waren negative Auswirkungen auf die realen Einkommen und damit auf die gesamte materielle Lebenshaltung, die medizinische Versorgung oder die Bildung der Kinder von Nomaden in Mali und in Burkina Faso. Diese deckten traditionell den Fleischbedarf der Küstenländer. Eine Pflanzenproduktion als Ausgleich erlaubt in weiten Teilen des Sahel das Klima nicht. Mittelbare Folgen waren Überweidungseffekte durch die Ausweitung der Bestände an Rindern als Folge des niedrigen Preisniveaus.

In Kenia destabilisierten 1994/95 Billigimporte aus den Industriestaaten den einheimischen Getreidemarkt. Für die kenianischen Bauern fiel der Maispreis innerhalb von fünf Monaten um 38 % bis 57%.

In der zweiten Hälfte der neunziger Jahre wiederholt sich die Problematik der subventionierten Fleischexporte als Folge der BSE-bedingten Rindfleischüberschüsse. Betroffen waren vornehmlich südafrikanische Bauern, die mit dem Importfleisch, das um die Hälfte billiger ist als einheimisches, nicht konkurrieren konnten. Die Fleischimporte richtetn nach Angaben der Deutschen Welthungerhilfe in Südafrika Schäden von rd. 200 Mio. DM an, eine Summe, die ungefähr der EU-Entwicklungshilfe für Südafrika entsprach. Vergleichbare Probleme ergaben sich aus den subventionierten Weizen-Exporten nach Afrika. Der billige Weizen konkurrierte zwar in vielen Ländern Afrikas südlich der Sahara nicht direkt mit einheimischem Weizen, da er dort aufgrund von Standortbedingungen nicht angebaut werden kann. Er verdrängte aber indirekt über den niedrigen Importpreis (1994: 1 kg Importweizen à 0,24 DM, 1 kg einheimischer Mais à 0,34 DM) und die Präferenzen der Konsumenten traditionelle Grobgetreidearten wie Hirse, Sorghum und Mais.

Arbeitsplatzverluste und ein Zwang zu Produktionsumstellungen in den traditionellen Lieferländern sowie Preiserhöhungen in der EU ergaben sich auch durch das Inkrafttreten der EU-Bananenmarktverordnung 1993. Mit Einfuhrzöllen und Kontingenten wurden die Bananenimporte aus mittel- und südamerikanischen Ländern (sog. Dollar-Bananen) beschränkt zugunsten höherer Marktanteile der Bananenproduzenten in der EU (Gran Canaria, Kreta) und ihrer überseeischen Lieferanten. Die Lizenzen für die EU-Importe wurden nicht an die Erzeuger in Lateinamerika, in den AKP-Staaten oder auf den EU-Inseln ausgegeben, sondern an die Importeure, i.d.R. multinationale Konzerne wie Chiquita und Dole oder die britischen Firmen Geest und Fyffes. Weder den Erzeugern vor Ort, noch den Händlern in der EU war es möglich, ohne den Besitz einer Lizenz am Bananenhandel teilzunehmen. Eine Machtkonzentration war die Folge. Der Aufbau eines Fair-Trade-Systems wie beim Kaffee war nicht möglich, da weder Kleinerzeuger und Genossenschaften noch die europäischen Handelspartner im Besitz von Lizenzen sind. Konzerne passten sich der Situation an und bauten in AKP-Staaten neue Großplantagen auf.

Im Zuge der Reformen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU wurden die Ausfuhrerstattungen für landwirtschaftliche Produkte schließlich bis zum Jahr 2014 vollständig abgeschafft.

Agrarverhandlungen im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO)

Der gestalterische Spielraum der GAP wurde bereits seit den 1990er Jahren durch die Verpflichtungen aus dem WTO-Agrarabkommen zunehmend begrenzt. So spielt das Agrarkapitel auch in den langjährigen WTO-Verhandlungen der Doha-Runde – die sich insbesondere den Interessen der Entwicklungsländer verschrieben hat, eine wichtige Rolle.

Die zentralen Verhandlungsthemen sind

Dabei besteht grundsätzlich Einigkeit darin, dass Entwicklungsländern geringere Abbauverpflichtungen auferlegt und längere Übergangsfristen zugestanden werden. Die am wenigsten entwickelten Länder sollen von allen Verpflichtungen ausgenommen bleiben. Die EU tritt dafür ein, dass auch nicht handelsbezogene Aspekte, z. B. Fragen des Verbraucher-, Umwelt- und Tierschutzes, Eingang in eine neue Vereinbarung finden.

Das für die GAP lange Zeit zentrale Instrument der Exporterstattungen, mit dem europäische Agrarprodukte subventioniert auf den Weltmärkten abgesetzt wurden, hat heute praktisch keine Bedeutung mehr. Seit der GAP-Reform 2013 sind Exporterstattungen explizit nur noch für den Fall außergewöhnlicher Marktstörungen vorgesehen. Der von der EU Ende 2005 angebotene vollständige Verzicht auf  Exporterstattungen wurde demgegenüber bisher nicht umgesetzt, weil andere bedeutende Agrarexporteure, namentlich die USA, bislang nicht zur Abschaffung ihrer Exportförderung bereit waren. Die Europäische Kommission hat jedoch angekündigt, künftig selbst im Falle von Marktstörungen auf den Export subventionierter Agrarprodukte in afrikanische Länder zu verzichten, die der EU durch Partnerschaftsabkommen verbunden sind.

Gemeinsame Agrarpolitik und Agenda 2030

Der Themenkomplex Ernährung und Landwirtschaft ist in der neuen Nachhaltigkeitsagenda der Vereinten Nationen prominent vertreten. Neben den grundsätzlichen Bekenntnissen der Staatengemeinschaft im Bereich Ernährung und Landwirtschaft, die sich in der Präambel der 2030-Agenda finden, gibt insbesondere SDG 2 „Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern“ spezifische Zielvorgaben vor. Darüber hinaus beinhalten alle weiteren 16 SDGs Zielvorgaben, die für den Themenkomplex Ernährungssicherheit und Landwirtschaft relevant sind. Eine Gesamtschau der für Landwirtschaft und Ernährung relevanten SDGs und Zielvorgaben zeigt, dass sie im Kern ein Agrarmodell fordern, das Nachhaltigkeit, globale Gerechtigkeit und Zugang zu nachhaltigen Ernährungssystemen für alle Menschen in den Mittelpunkt stellt. Dies kann nur durch eine Neuausrichtung der deutschen und europäischen Politik erreicht werden. Notwendig sind Reformen u.a. in den Bereichen Agrar-, Handelspolitik- und Entwicklungszusammenarbeit. Insbesondere der Trend zum Agribusiness zulasten der bäuerlichen Landwirtschaft und der Umwelt muss gestoppt und umgekehrt werden. (Global Policy Forum Europe)

Probleme, Aufgaben, Potenziale der Gemeinsamen Agrarpolitik

Probleme, Aufgaben, Potenziale der Gemeinsamen Agrarpolitik

Die EU-Landwirtschaft ist Teil internationaler Wertschöpfungsketten. Sie beeinflusst die weltweiten Agrarmärkte und damit auch Preise, Produktionen, Einkommen und Ernährung in Ländern des Südens.

Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU kann helfen, die UN-Nachhaltigkeitsziele für das Jahr 2030 einzulösen – sie kann dies aber auch erschweren.

Quelle: Agraratlas 2019, CC BY 4.0

Deutsche Umsetzung der GAP-Reform ab 2023

Am 13. April 2021 hat das Bundeskabinett die nationale Umsetzung der GAP-Reform für die Förderperiode ab 2023 bis 2027 beschlossen. Einen Monat zuvor hatte sich bereits die Agrarministerkonferenz (AMK) von Bund und Ländern auf einen gemeinsamen deutschen Entwurf für die Agrarreform einigen können. Die von der AMK getroffenen Vereinbarungen wurden in großen Teilen unverändert in die Mitte April 2021 beschlossenen Gesetzentwürfe übernommen. Nur in wenigen Punkten gab es noch Einigungsbedarf zwischen dem in dieser Sache federführenden Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und dem Bundesumweltministerium (BMU). Dabei ging es vor allem um den Katalog der Öko-Regelungen der ersten Säule (siehe unten). Diesen hat das BMU noch um einige Punkte erweitert.

Was bedeuten die neuen Gesetzentwürfe für deutsche Landwirtinnen und Landwirte? Das bekannte Gerüst der GAP bleibt auch in der kommenden Förderperiode bestehen: So wird weiter am Zwei-Säulen-Modell und an einer Fortführung der Direktzahlungen zur Einkommenssicherung der Landwirtinnen und Landwirte festgehalten. Umwelt- und Klimaleistungen der Landwirtschaft sollen in der neuen Förderperiode ab 2023 jedoch deutlich umfassender gefördert werden als bisher. Die wichtigsten Änderungen stellen wir Ihnen im Folgenden vor.

Ein erster Überblick findet sich auf den Seiten des BZL.

Weitere Informationen:

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