Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Dinkel

Dinkel (Triticum aestivum ssp. spelta) oder Spelz bzw. Spelzweizen genannt, ist eine mit dem Weichweizen sehr nahe verwandte Getreideart.

Merkmale

Dinkel gehört zur Familie der Gräser (Poaceae). Die Pflanze wird 0,6 bis 1,5 m hoch. Die vierkantige Ähren sind sehr druckempfindlich und zerfallen beim Dreschen leicht. Es gibt sehr viele Mischformen und Übergänge zwischen „modernem“ Weizen und Dinkel, weil beide in manchen Regionen gemeinsam angebaut und auch miteinander gekreuzt wurden.

Herkunft

Die ältesten Funde von Dinkel stammen aus Westarmenien und den Tälern des Ararat-Gebirges (6. bis 5. Jt. v. Chr.). Bereits seit der jüngeren Steinzeit (5.000 v. Chr.) wird er in Europa angebaut und kam 1.700 v. Chr. in die Deutschschweiz. Ab dem späten Mittelalter war Dinkel ein wichtiges Handelsgetreide. Auswanderer wie z.B. die Pilgerväter nahmen Dinkel als haltbare Frucht mit auf ihre Seereisen. Daher ist diese Getreideart heute weltweit verbreitet. Bis etwa 1900 war Dinkel in vielen Regionen Deutschlands eine wichtige Kulturpflanze danach ging der Anbau stark zurück.

Anbau

In jüngerer Zeit wird Dinkel wieder verstärkt angebaut. Die Anbaufläche in Deutschland wurde auf über 90.000 ha (2018) ausgeweitet. Damit hat Dinkel den Status einer Klein-/Sonderkultur überwunden und gilt inzwischen als eine reguläre Hauptgetreideart. Die Anbaufläche in der Schweiz (5000 ha) wuchs zwischen 2014 und 2017 um 41 %. Typische Anbaugebiete sind Baden-Württemberg (Sorten: Bauländer Spelz, Schwabenkorn), die Schweiz (Sorten: Oberkulmer Rotkorn, Ostro), Belgien (Spelt, Rouquin), Finnland (Speltti) und Asturien, Nordspanien (Escanda). Auch im Mittelburgenland zählt Dinkel zu den früher stark vertretenen Getreidesorten. Dinkel hat zwar nicht so einen hohen Ertrag wie Weizen, ist dafür jedoch aber wetter- und krankheitsresistenter.

Gegenüber dem Weizen ist Dinkel  weniger anspruchsvoll und kann auch auf flachgründigen Böden angebaut werden. Die Saatzeit liegt je nach Region etwa eine Woche vor dem Winterweizen. Die  Saatstärke beträgt 250 bis 400 bespelzte Körner pro Quadratmeter. Bedingt durch seine langen Halme, die leicht knicken, neigt er zum Lagern. Durch Stickstoffdüngung werden keine nennenswerten Ertragsteigerungen erzielt. Pro ha werden meist etwa 60 dt geerntet. Dinkel ist robust, winterhart und resistent gegen eine Vielzahl von Krankheiten und kann mehrere Jahre auf derselben Fläche angebaut werden (Selbstverträglichkeit). Seine hohe Spindelbrüchigkeit bedingt jedoch hohe Kornverluste schon auf dem Feld. Um die Körner nach dem Drusch weiterverarbeiten zu können, müssen diese erst von den festsitzenden Spelzen befreit werden. Diesen zusätzlichen Arbeitschritt nennt man Gerbgang. All dies waren vermutlich die Gründe warum Dinkel in Deutschland um 1900 durch den Brot- oder Saatweizen (Triticum Aestivum) verdrängt wurde.

Nutzung

Dinkel spielt im Bereich der Nutztierfütterung lediglich bei der Pferdehaltung eine gewisse Rolle, dort erlebt er seit einigen Jahren eine Renaissance. Man verwendet dabei entweder den vollständigen Dinkel (also inklusive Spelz) oder nur dessen Spelz.

Neben der traditionellen Verwendung als Grünkern oder Dinkelmehl für Dinkelnudeln sind Weizen-Mischbrote mit Dinkel immer beliebter geworden. Gerösteter Dinkel wird auch zur Herstellung von Dinkelkaffee verwendet, ähnlich wie andere Getreidesorten beim Malzkaffee.

Eine Wiederbelebung erlebt der Dinkel auch durch die Zunahme des Biologischen Anbaus in Deutschland seit 1980, da er auch auf ertragsschwachen Standorten gut gedeiht. Zudem werden dem Dinkel besondere Heilkräfte nachgesagt und machen ihn daher als Schonkost interessant. Aus den reif geernteten entspelzten und vermahlenen Körnern wird das beliebte Dinkelbrot gebacken. Das fein gemahlene Mehl eignet sich auch hervorragend zur Herstellung von Spätzle. Erntet man die Körner schon vor der vollen Reife so erhält man nach vorsichtigem Dörren und Entspelzen den Grünkern. Dieser kann  in Form von Graupen, Gries oder Mehl  genutzt werden. Aus Grünkern lassen sich auch schmackhafte Bratlinge herstellen.

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