Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

CRISPR-Cas-System

Engl. Akronym für Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats, dt. Abschnitte sich wiederholender DNA, CRISPR-associated‚ dt. CRISPR-assoziiert).

Die CRISPR/Cas-Methode basiert auf einem adaptiven antiviralen Abwehrmechanismus von Bakterien, dem CRISPR. Es handelt sich um eine biochemische Methode, um DNA gezielt zu schneiden und zu verändern (Genome Editing). Gene können mit dem CRISPR/Cas-System eingefügt, entfernt oder ausgeschaltet werden, auch Nukleotide in einem Gen können geändert werden.

Die wissenschaftliche Grundlage zur Entwicklung der CRISPR/Cas-Methode wurde durch die Entdeckung und Erforschung der CRISPR-Sequenzen und des damit verbundenen CRISPR/Cas-Systems im Immunsystem verschiedener Bakterien und Archaea gelegt.

Ursprünglich stammt das CRISPR/Cas-System aus Bakterien. Es dient ihnen als eine Art Immunsystem, mit dem sie „feindliche“ Viren anhand zuvor gespeicherter DNA-Fragmente erkennen und abwehren können. Nachdem dieser Mechanismus im Einzelnen verstanden war, hatten Wissenschaftler vor wenigen Jahren (2012) die geniale Idee, daraus ein molekularbiologisches Werkzeug der DNA-Veränderung zu entwickeln. Überraschenderweise funktioniert das System aus CRISPR und der Schere Cas9 nicht nur bei Bakterien, sondern universal bei allen lebenden Zellen – in menschlichen, aber auch in denen von Tieren und Pflanzen. Die Nuklease Cas9 ist zurzeit das Hauptinstrument der Genom Editierung.

Schneiden, Einfügen oder Ausschalten

Genome Editing mit der CRISPR/CAS9-Methode

Schematische Darstellung

Das CRISPR/Cas9-System umfasst die derzeit in den Labors beliebteste DNA-Schere. Bei dieser Methode des Genome Editing muss dem Enzym Cas9 lediglich eine so genannte guide-RNA angehängt werden („Lotsen“-Funktion) - sie übernimmt die Rolle der viralen DNA, d.h. die Erkennung. Findet Cas9 das dazu passende Stück genomischer DNA, schneidet es den Erbgutstrang. Dieser DNA-Bruch kann anschließend auf unterschiedliche Weise durch zelleigene Prozesse wieder repariert werden, wobei Mutationen entstehen können

Quelle: Fleischatlas 2018, CC BY 4.0

Virale DNA kann nach einer Virusinfektion in der CRISPR-DNA eingebaut und bei einem späteren Virusangriff als eine Art „molekulares Gedächtnis“ benutzt werden. Mithilfe von Cas-Proteinen wird somit die fremde DNA abgebaut und das Virus getötet.

Es gibt drei unterschiedliche CRISPR/Cas-Systeme, die aufgrund von den beteiligten Cas-Proteinen sowie von Erkennungsmerkmalen auf der Target-DNA klassifiziert sind.

Typ I und III schneiden die Target-DNA mithilfe von großen Cas-Proteinkomplexen, während Typ II nur das Protein Cas9 braucht. Typ I und II erkennen und schneiden die Target-DNA dank einer sogenannten PAM-Sequenz auf der fremden DNA.

CRISPR/Cas hat vor allem für die landwirtschaftliche Pflanzenzüchtung eine große Bedeutung. Dieses leichtere, effizientere und flexiblere Verfahren eröffnet zum Beispiel Möglichkeiten, Nutzpflanzen widerstandsfähiger gegen schädliche Pilze, Viren und Bakterien zu machen. Auf diese Weise können krankheitsbedingte Ertragsverluste und zugleich der Pflanzenschutzmittelaufwand minimiert werden. Pflanzen können zudem hitze- und dürreverträglicher gemacht werden, um den Folgen des Klimawandels entgegenzuwirken.

Erste Erfolge gibt es bereits: So ist es Forscherinnen und Forschern gelungen, mit CRISPR/Cas eine Weizensorte zu entwickeln, die eine wirksame Resistenz gegen den bedeutenden Schadpilz Mehltau zeigt. Es gibt aber auch andere Anwendungsbereiche: So konnten spanische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beispielsweise mit CRISPR/Cas glutenfreien Weizen erzeugen. Forscherinnen und Forscher in Kiel haben mit dem neuen Züchtungswerkzeug Raps entwickelt, der über festere Schoten verfügt, sodass die Samenverluste während der Ernte wesentlich geringer sind.

Bislang (2018) sind aber noch keine CRISPR-Pflanzen auf dem Markt.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied am 25. Juli 2018, dass grundsätzlich auch mit der CRISPR/Cas-Methode bearbeitete Pflanzen ohne Fremd-DNA als gentechnisch veränderte Organismen (GVO) anzusehen sind und grundsätzlich den in der GVO-Richtlinie vorgesehenen Verpflichtungen unterliegen. Grundlage des Urteils war eine rein juristische Interpretation des bestehenden EU-Gentechnikrechts. Doch das ist mehr als 25 Jahre alt und stammt aus einer Zeit, als sich niemand ein Verfahren wie Genome Editing vorstellen konnte. Dennoch legen diese überholten Gesetze die Bedingungen fest, unter denen CRISPR&Co angewandt werden dürfen - oder auch nicht.

Die französische Bauerngewerkschaft Confédération paysanne und weitere acht Verbände hatten gegen die französische Regierung geklagt, weil diese die durch GE-Verfahren veränderten Pflanzen von der GVO-Richtlinie ausnehmen wollte. Ihre Verwendung, aber auch jede Freisetzung in die Umwelt müssennach dem Urteil genehmigt werden, daraus hergestellte Lebens- und Futtermittel sind kennzeichnungspflichtig.

Geplantes Vieh

Gentechnische Veränderungen an Nutztieren

Höherer Ertrag, weniger Verluste - so lautet das Versprechen der Forschungsunternehmen bei fast allen diesen Projekten. Politik und Gesellschaft stehen vor einer grundlegenden Weichenstellung. Risiken lassen sich auch bei sorgfältiger Prüfung zu wenig ausschließen oder auch nur kontrollieren.

Quelle: Fleischatlas 2018, CC BY 4.0

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