Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Bodenbildung

Auch Pedogenese; Bezeichnung für den Prozess der Entstehung von Böden. Im Zuge der Bodenentwicklung kommt es zur Ausbildung und Veränderung von Bodenhorizonten bzw. deren Abfolgen, den Bodenprofilen. Man bezeichnet diesen Prozess auch als Profildifferenzierung, da die Bodenprofile in der Regel mit ihrer Entwicklung an Komplexität zunehmen.

Der Begriff der Bodenentwicklung umfasst dabei die Prozesse der Bodenbildung und stellt diese in einen allgemeinen Rahmen. Typische Stadien der Bodenentwicklung werden in der Bodenkunde als Bodentypen klassifiziert.

Böden bilden und entwickeln sich über lange Zeiträume, viele Faktoren spielen dabei zusammen. Die wichtigsten natürlichen Einflussfaktoren sind das Gestein, das Klima, Pflanzen und Tiere, die Form und Neigung des Geländes und das Wasserangebot. Von großer Bedeutung sind die Entwicklungszeit und die Intensität der Bodennutzung durch den Menschen, welche in den letzten Jahrhunderten zu erheblichen Bodenveränderungen geführt hat.

Viele Faktoren steuern die langsame Entwicklung des Bodens
Viele Faktoren steuern die langsame Entwicklung des Bodens

Quelle: UBA

Die eigentliche Entstehung von Boden passiert durch verschiedene Arten von Gesteinsverwitterung und durch die weitere Zerkleinerung mineralischer Bodenpartikel. Die Prozesse können je nach Stärke der Einflussfaktoren unterschiedlich schnell ablaufen. Boden ist aber mehr als ein Gemenge ausschließlich mineralischer Partikel mit unterschiedlicher Größe. Boden ist vor allem ein Gemisch aus zersetzter organischer Substanz, dem Humus und den mineralischen Bestandteilen durchsetzt mit Wasser und Luft sowie einer Vielzahl pflanzlicher und tierischer Lebewesen. Bis dieses Gemisch in der gewohnten Qualität und notwendigen Mächtigkeit entsteht, braucht es viel Zeit. Die Entwicklung einer ein Zentimeter mächtigen, humosen Bodenschicht kann zwischen 100 und 300 Jahren dauern – jedoch bei einem einzigen starken Gewitterregen durch Erosion verloren gehen.

Parallel zur Zerkleinerung des Gesteins und der mineralischen Partikel passieren eine ganze Reihe weiterer Prozesse wie die Humifizierung, Verbraunung und Verlehmung und steuern den Fortgang der Bodenbildung.

Alle bei der Zerkleinerung im Boden freigesetzten Ionen sowie die entstandenen Tonminerale und Huminstoffe werden früher oder später mit dem versickernden Bodenwasser vertikal transportiert. Das Ergebnis hängt von der Intensität des Transports, von der Durchlässigkeit des Bodens und von der Dauer der wirkenden Prozesse ab. Es werden auch, je nach Klima, leicht lösliche Salze gelöst und wieder fixiert oder schwerer lösliche Carbonate durch versauernd wirkende Niederschläge.

Alle genannten Vorgänge beeinflussen die Zusammensetzung und die Eigenschaften des Bodens und geben ihm ein charakteristisches Aussehen in Form des vertikalen Profilaufbaus mit seinen Schichten und Horizonten.

Das komplexe Wirkungsgefüge bodenbildender Faktoren und Prozesse führt zu typischen Abfolgen der Bodenentwicklung, sogenannter Bodenentwicklungsreihen; diese können oft die räumliche Vergesellschaftung verschiedener Bodentypen erklären. So hat sich z. B. im mitteleuropäischen Klima bei mehr als 700 mm Niederschlag aus einem kalkhaltigen Löss zuerst eine Pararendzina und schließlich eine Braunerde entwickelt. Durch Tonverlagerung entsteht anschließend eine Parabraunerde. Unter dem Einfluss der Bodenerosion in hängigen Lagen kann diese sich wieder zur Braunerde und Pararendzina zurück entwickeln. In ebener Lage entsteht oftmals ein Pseudogley,
der durch Staunässe gekennzeichnet ist.
Seit 2005 wird jährlich der „Boden des Jahres“ gekürt. Aus diesem Anlass stellt das Kuratorium „Boden des Jahres“ umfassendes, allgemeinverständliches Informationsmaterial im Internet (www.boden-des-jahres.de) sowie in Postern und Broschüren bereit.

Typische Bodenentwicklungen in Mitteleuropa
Typische Bodenentwicklungen in Mitteleuropa

Quelle: BLE 2019

Die beschriebenen Prozesse der Bodenbildung entscheiden über die Korngrößenzusammensetzung der mineralischen Bodenpartikel.

Diese Eigenschaft wird als Bodenart bezeichnet und wird manchmal mit dem Bodentyp verwechselt. Die Bodenart ist ein Maß für die Anteile der unterschiedlichen Korngrößenfraktionen und reicht von sehr fein und nicht mehr sichtbar bis zu zwei Millimeter großen Sandkörnern.

Die Korngrößenzusammensetzung ist eine der zentralen Bodeneigenschaften und beeinflusst die wichtigsten Funktionen und Prozesse im Boden. Besonders die Wasserführung und der Ertrag, aber auch der Beitrag zur Vermeidung von Hochwasser werden von der Bodenart gesteuert. Die Verteilung der Korngrößen entscheidet erheblich über die Gefährdung durch Bodenerosion und die Gefährdung gegenüber einer Verdichtung durch schwere Land-, Forst- oder Baumaschinen.

Die kleinsten Vertreter unter den mineralischen Bodenpartikeln sind die Tonminerale. Ton ist deswegen so wertvoll, weil die silikatische Struktur es ermöglicht, in dem existierenden Kristallgitter Ionen zu binden und darin enthaltene Nährstoffe für die Pflanzen verfügbar zu machen.
Von noch größerem Wert sind die Huminstoffe oder der Humus im Boden. Neben der Bindung von Kohlenstoff kann Humus wegen seiner großen Oberfläche ebenfalls Nährstoffe speichern und freisetzen und auch sehr viel Wasser aufnehmen. Sowohl Tonminerale als auch der Humus sind die wichtigsten Filter für Schadstoffe. Der Humus ist eine wichtige Energiequelle für alle Bodenlebewesen, die wiederum ihren Teil zur Bodenqualität nur dann beisteuern können, wenn optimale Verhältnisse herrschen. Aus diesem Grund sind Wirtschaftsweisen anzuwenden, die nicht zu sinkenden Humusgehalten führen.

Pfeil nach linksBodenbewirtschaftungsreformHausIndexBodendegradationPfeil nach rechts