Sonderkultur
Gruppe von Früchten, denen gemeinsam ist, daß sie in die übrige Einteilung des Bodennutzungssystems "Hackfrüchte", "Getreide", "Futterpflanzen" nicht hineinpassen, mit besonders großer Sorgfalt und häufig mit großem Arbeitsaufwand kultiviert werden sowie zum großen Teil außerhalb der sonst üblichen Fruchtfolge stehen. Zumeist handelt es sich um Dauerkulturen wie Obst, Wein, Hopfen, Dauer-Gemüsekulturen (Rhabarber, Spargel), Tabak, Farb-, Arznei-, Gewürz- und Aromapflanzen. Oft wird auch der Feldgemüseanbau dazugerechnet.
Beispiele für Sonderkulturgebiete in Deutschland sind u.a.:
- die Marsch- und Vierlande im SO Hamburgs zuzüglich der Winsener Marsch für Gemüse und Zierpflanzen
- die Niederelbe, insbesondere das Alte Land mit Obstanbau
- der Raum Bodensee mit Obstanbau und einigem Weinbau
- die Pinneburger Geest mit Baumschulen
- das Nürnberger "Knoblauchland"
- der Kaiserstuhl, Rheinhessen, das Moseltal beispielhaft für den Weinbau
- die Hallertau und der Raum Tettnang mit Hopfenanbau
- die Insel Reichenau mit Gemüseanbau
Kennzeichnend für Sonderkulturen ist häufig ihre hohe räumliche Dichte und ihr hoher Arbeits- und Kapitaleinsatz. Sonderkulturen können in den Kernbereichen der Sonderkulturgebiete Anteile von nahezu 90 % der LN erreichen, während sie im Bundesdurchschnitt nur wenige Prozent der LN in Anspruch nehmen. Beim Obstanbau rechnet man beispielsweise mit einem Kapitalaufwand von 250.000 bis 400.000 DM pro Arbeitskraft, einem Wert, der durchaus im industriellen Maßstab liegt. Der durchschnittliche Arbeitskräftebesatz beträgt für Gemüsebau 0,9, Obstbau 0,25, Baumschulen um 1, Zierpflanzen 1,4 AK pro ha LN. Die gesamte Agrarwirtschaft benötigt im Schnitt 0,042 AK/ha LN.
Zur Erklärung der Standorte von Sonderkultur-Agglomerationen ist wie im sekundären Sektor zu unterscheiden nach den standortbestimmenden Faktoren der Entstehungsphase und jenen der aktuellen Situation. In der Regel wird ein unterschiedlich gemischtes Faktorenbündel für konkrete Standorte verantwortlich sein. Physisch-geographische Faktoren sind dabei nur gelegentlich dominant.
Zu den Einflussgrößen auf Standorte von Sonderkulturen gehören unter anderen:
- physisch-geographische Faktoren (Klima, Boden, Exposition, Orographie)
- das Vorhandensein eines nachfragenden Marktes im Thünenschen Sinne mit entsprechender Bedeutung der Transportkosten (wirksam vor allem in der historischen Entstehungsphase)
- die Erscheinung der Freizeitlandwirtschaft neben einem Haupterwerb außerhalb der Landwirtschaft
- Realteilung mit Besitzzersplitterung, bei der lediglich Sonderkulturen ein ausreichendes Einkommen ermöglichen
- Persistenz als Folge der sachkapitalintensiven Produktion bzw. des Dauerkulturanbaus (Hemmung der räumlichen Mobilität und der kurzfristigen Produktionsumstellung)
- Anbautradition, auch mit der Herausbildung eines Herkunfts-Goodwills
- Agglomerationsvorteile
(s. a. Standortfaktoren in der Agrarwirtschaft)
Weitere Informationen:
- Hopfenanbau - Bayern (Historisches Lexikon Bayerns)