Ozon
Ozon, ein aus drei Sauerstoffatomen bestehendes Molekül (O3), ist eines der wichtigsten Spurengase in der Atmosphäre. Es bewirkt, daß die gefährliche UV-B-Strahlung der Sonne nicht bis auf die Erdoberfläche vordringt, sondern bereits in der Lufthülle absorbiert wird. Diese Schutzwirkung wird vor allem durch das stratosphärische Ozon verursacht. Etwa 90 % der Gesamtmenge des Ozons befinden sich in der Stratosphäre und nur ca. 10 % in der Troposphäre.
Im Gegensatz zur nützlichen Wirkung des stratosphärischen Ozons als lebensnotwendigem UV-Filter manifestiert sich Ozon in der Troposphäre durch eine Reihe von schädlichen Eigenschaften, die negative Auswirkungen auf das Leben von Pflanzen, Tieren und Menschen haben:
- O3 ist ein Phytotoxikum, in weiten Teilen der Nordhemisphäre das gegenwärtig bedeutsamste. Das Gas dringt durch die Spaltöffnungen der Blätter und Nadeln in das Pflanzeninnere ein. Geschädigt werden vor allem Zellmembranen, die die ganze Zelle auskleiden, ebenso wie solche, die die Chlorophyllkörper umgeben. Durch die geschädigte Membran tritt Wasser aus der Zelle aus, der Nährstoff-Kreislauf und die Photosynthese werden so gestört, daß äußerlich sichtbare Schädigungen auftreten. Auch der Kohlehydrattransport zu den Wurzeln wird beeinträchtigt. Das Wurzelwerk stirbt ab und schließlich die ganze Pflanze.
- Beim Überschreiten der Schwelle von 200 µg/m³ ist nach Exposition von mehreren Stunden oft schon ein deutlicher Schaden feststellbar. Von der WHO wurden 60 µg/m³ (Langzeitwert) und 80 µg/m³ (10-Stunden-Mittelwerte) als Luftgüteleitwerte im Hinblick auf empfindliche Pflanzenarten definiert.
- Neben direkten Pflanzenschäden kann Ozon eine erhöhte Anfälligkeit der Pflanzen für weitere biotische (Krankheiten und Schädlinge) und abiotische (Wetterextrema) Streßfaktoren verursachen.
- Begasungsversuche in den USA ergaben bereits Ende der 80er Jahre einen geschätzten Ertragsverlust der US-Landwirtschaft von ca. drei Milliarden Dollar pro Jahr. Alleine für Weizen geht man von einer jährlichen Einbuße von 370 Millionen US-$ aus, bei den gesamten Ernteverlusten durch Ozon von zwei Mrd. US-$ jährlich. In Hessen wurden je nach Region, Kulturart und Jahr im Zeitraum 1984 bis 1992 potentielle Ertragsverluste zwischen 0,1 % (Gerste, 1984) und 32,6 % (Sommerweizen, 1992) errechnet.
- Eine solide ökonomische Bewertung O3-bedingter Ernteverluste ist auf der Basis des gegenwärtigen naturwissenschaftlichen Kenntnisstandes kaum möglich.
- Als positive Wirkung vermag eine erhöhte Ozon-Konzentration auch bestimmte Pflanzenkrankheiten zurückzudrängen, z.B. Mehltau.
- Ozon absorbiert Infrarotstrahlung und ist so als troposphärisches Ozon ein starkes Treibhausgas.
- Ozon ist der Hauptbestandteil des photochemischen Smogs, der bei sommerlichen Hochdrucklagen oft weite Teile Zentraleuropas erfaßt, für Los Angeles, Athen u.w. aber noch typischer ist.
- Als gering wasserlösliches Gas dringt Ozon über die Atemwege in die Lungenperipherie ein. Die oxidativen Eigenschaften des Ozons wirken sich unmittelbar auf die Zell-Biochemie der Lunge und des Bronchialsystems aus. Wirkungsrelevant sind bereits Ozonkonzentrationen von 60 - 80 ppb.
- Durch die Veränderungen, die Ozon auf den Zelloberflächen der Lunge hervorruft, kann die Aufnahme allergieauslösender Substanzen wie Hausstaub oder Pollen begünstigt werden.
Eine der Quellen des troposphärischen Ozons ist die Stratosphäre. Dort entsteht Ozon durch Photodissoziation des molekularen Sauerstoffs (O2) und nachfolgender Reaktion der entstehenden Sauerstoffatome mit O2. Hierzu ist kurzwelliges Sonnenlicht (hn) erforderlich. In der Troposphäre selbst kann Ozon nur entstehen, wenn die Luft Stickstoff enthält. Die entstehenden Sauerstoffatome reagieren danach sofort zu Ozon. Allerdings reagiert das ebenfalls entstehende Stickstoffmonoxid (NO) in einer Folgereaktion wieder mit Ozon, wobei Ozon zerstört und NO2 zurückgebildet wird.
Zu einer Netto-Ozonbildung kommt es erst, wenn in der Luft, zusätzlich zu den Stickoxiden, Kohlenwasserstoffe (KW) oder Kohlenmonoxid (CO) vorhanden sind. Die Kohlenwasserstoffe und CO stellen sozusagen den Brennstoff für die Ozonbildung dar, während die Stickoxide (ebenso wie die OH und H2O-Radikale) als Katalysator wirken, der bei dem Prozeß selbst nicht verbraucht wird.
Da Bereiche besonders intensiver Landwirtschaft auch Bereiche steigender NOx-Emissionen sind, ist mit zunehmenden Ernteschäden durch Ozoneinwirkungen in den Sommermonaten zu rechnen. Möglicherweise werden bis 2025 zwischen 30 und 75 % der Welt-Getreideproduktion auf Gebiete entfallen, in denen Grenzwerte für das troposphärische Ozon für längere Zeit überschritten werden. Als Folge von Ernteausfällen wird mit einer dramatischen Verschlechterung der Ernährungssituation bei gleichzeitigem Bevölkerungszuwachs in Entwicklungsländern gerechnet. Andererseits nimmt man für einige Kulturpflanzen eine zumindest teilweise Kompensation der Ozonschäden durch den Düngungseffekt der zunehmenden CO2-Konzentration an.
Relative Empfindlichkeit von landwirtschaftlichen Kulturpflanzen gegenüber Ozon:
- sehr empfindliche Pflanzenarten: Zwiebel, Hafer, Buchweizen, Gerste, Tomate, Luzerne, Tabak, Bohne, Radieschen, Roggen, Kartoffel, Gemüse-Spinat, Rotklee, Weißklee, Weizen, Futterwicke, Weinrebe, Zuckermais
- empfindlichen Pflanzenarten: Kohl, Rübsen/Stoppelrübe, Endivie, Gurke, Mohrrübe, Pastinak, Petersilie, Erbse, Ackerbohne, Mais
- weniger empfindliche Pflanzenarten: Sellerie, Rübe, Erdbeere, Garten-Lattich, Senf.