Nahrungsregime
Ein Nahrungsregime umfasst das dauerhafte Zusammenspiel von Wertschöpfungskonzentration („Akkumulation“) und Steuerung (Regulation“) entlang transnationaler Warenketten, die von der Produktion über die Distribution bis zum Konsum (einschließlich der Entsorgung) von Nahrung reichen.
Das Konzept der Nahrungsregime beschäftigt sich somit weniger mit Nahrung als Forschungsgegenstand als vielmehr mit den politischen, ökonomischen, sozialen und ökologischen Verbindungen und Konsequenzen, die sich aus den wechselseitigen Verflechtungen von nahrungsbezogenem Handel, Produktion und Konsumption im historischen Wandel und globalen Maßstab.
Zwischen den mehrere Jahrzehnte langen Regimephasen liegen oft durch Wirtschaftskrisen oder Staatenkonflikte hervorgerufene Übergänge, die alte, widersprüchlich gewordene Akkumulations- und Regulationsweisen durch neue, in sich stimmigere Regime überwinden.
Die Forschung unterscheidet drei globale Nahrungregime, wobei der Akzent meist weniger auf dem Produktions- und Konsumtions- als auf dem Distributionsaspekt liegt:
- das Erste Nahrungsregime (extensive food regime), es ist europäisch, vor allem britisch zentriert und reicht von den 1870er bis zu den 1930er Jahren,
- das Zweite Nahrungsregime (intensive food regime), es ist US-zentriert und reicht von den 1940er bis zu den 1970er Jahren und
- das Dritte Nahrungsregime (corporate food regime), es ist WTO-zentriert und dauert seit den späten 1980er Jahren an.
Quelle: Langthaler, E. 2016
Jedes Nahrungsregime zeichnet sich durch ungleiche Tausch- und Machtbeziehungen zwischen Zentren und (Semi-)Peripherien innerhalb des Weltsystems aus.
Zu den Stärken des Nahrungsregime-Konzepts zählen die Verbindung von Produktions- und Konsumfragen, die transnationale, den Nationalstaat als Untersuchungsrahmen überwindende Ausrichtung und ferner die zieloffene, nicht auf einen Endzustand verengte Entwicklungsperspektive. Bestehende Schwächen suchen neuere Ansätze mit der Stärkung von postkolonialen, sozialökologischen und akteurorientierten Perspektiven zu überwinden.
Weitere Informationen:
- Landwirtschaft und Ernährung (E. Langthaler)